PHuV schrieb:
Es gibt in der Psychologie wie Physiologie den Begriff der Wahrnehmungsschwelle. Sprich, wie schnell kann ein Mensch optisch wie akustisch Reize verarbeiten und interpretieren.
Die Widersprüche würden sich auflösen, wenn man die Zusammenhänge hier etwas entwirrt.
Wahrnehmunsschwelle ≠ Verarbeitungsgeschwindigkeit.
Mit ersterem ist gemeint, ab welcher Intensität ein Reiz weitervermittelt/verarbeitet wird. Für die bewusste Wahrnehmung ist diese Schwelle zudem von der Salienz abhängig (unterschwellig/überschwellig) bzw. diese von unserer Aufmerksamkeit (z.B. ich spüre die Kleidung auf meiner Haut nur wenn ich darauf achte).
Die eigentliche Verarbeitungsgeschwindigkeit kommt hauptsächlich durch die "Hardware", also die Nervenleitgeschwindigkeit (ab dem Auge), neuronalen Verknüpfungen und Verdrahtungen zwischen den Hirnarealen zustande.
Für die alleinige Dauer eines Signals vom Auge über Zwischenstationen bis zum Frontalhirn gibt es übrigens gute Zeitmessungen.
Die Werte sind additiv zu verstehen, also 200ms wären hier das Maximum für den ganzen Prozess
Quelle
Es hängt also stark davon ab, wo das Signal "hängen bleibt".
-Wenn uns eine Taube ins Gesicht fliegt oder wir erschrecken reagieren wir über das Mittelhirn/Stammhirn sehr viel schneller darauf (30-50ms) als wenn wir in der Fahrschule Schilder interpretieren müssen.
-Bewegungen erkennen wir schneller als z.B. Farben oder komplexe Objekte weil diese an unterschiedlichen Orten verarbeitet werden (s. primäre und sekundäres Sehrinde)
PHuV schrieb:
Man nimmt an, daß es bei Menschen so ca. bei 15-50 ms liegt.
15ms schafft leider niemand, da ist das Signal gar nicht aus dem Auge raus
Wie gesagt es ist sehr davon abhängig wohin man schaut und was man misst.
PHuV schrieb:
Wenn wir von dem schnellsten Wert 15 ms ausgehen, sind wir bei ca. 66,67 Hz bzw. FPS. Jedoch zeigen Tests, daß Menschen sehr wohl bei 60 und 120/144 Unterschiede wahrnehmen können, aber bei Vergleichen zu 120 zu 144 (jetzt nur rein optisch) wirds passiv schon schwierig bis unmöglich. Rein wahrnehmungstechnisch ist dann eigentlich schon 240 Hz Quatsch.
Du erkennst den Widerspruch ja selbst.
Der Verarbeitungsprozess beginnt ab dem Zeitpunkt ab dem wir etwas sehen. Die Verzögerung des Bildes von der GPU bis zum Panel, bis es uns präsentiert wurde, hat für mein Gehirn
erstmal absolut keine Relevanz. Ich fange erst an das Bild zu verarbeiten wenn ich es sehe, egal wie lange es gedauert hat bis der Monitor es anzeigt. Die Monitor-interne Latenz ist für mich nicht zugänglich. Wenn ein 10hz Monitor 100ms braucht um ein Bild anzuzeigen, werden diese 100ms nicht auf meine Gehirn-Verarbeitungszeit dazugerechnet. ( Zumal unsere Augen nicht in Hz oder Mhz getaktet sondern analog über Potentiale verschaltet sind und unser Gehirn das Bild erst später zu einem ganzen zusammensetzt.)
Um den Bogen zu spannen: Bei hohen Hz Zahlen wird die
Diskriminations-Schwelle für uns relevant, also ab welchem
zeitlichen Abstand wir einen Unterschied wahrnehmen. Es gibt zudem mehrere dieser Schwellen ( Retina, Sehrinde, bewusst/unbewusst usw..). Auch wird für niedrige Hz-Zahlen gerne mal die 24hz Schwelle reingeworfen, ab der wir eine Bewegung als flüssig empfinden, die aber nichts hiermit zu tun hat.
Und
all das werfen die meisten durcheinander.
TL;DR Eine lineare Rechnung wie "x" Milisekunden von "y" Hz auf Panel "Z" + |Reaktionszeit-Gehirn| um eine Wahrnehmung zu errechnen, als wäre es ein pathping bzw. Netzwerkmessung funktioniert leider nicht, dafür ist das ganze viel zu komplex. Zumal unser Gehirn kein digitales, logarhytmisches System darstellt, das vergessen wir als IT'ler gerne mal
Das einzige was wir tun können ist die Verzögerung auf technischer Seite, also am Monitor, zu minimieren.
Ab welchem Punkt das keinen Sinn mehr ergibt ( und ich glaube mit 500Hz sind wir sehr nah dran) darüber wird ja schon gestritten.
Erst wenn ich sehe, dass bei 500Hz noch Ghosting, Schlieren oder Kopfschmerzen auftreten, würde ich sagen
da geht noch was.
PS: Es gibt z.B. nachweislich Menschen (photosensitiv, Epileptiker) die selbst mehr als 100Hz bei (LED)-Lampen noch wahrnehmen und darauf (neurologisch) reagieren, auch wenn dort meist eine bewusste visuelle Wahrnehmung gar nicht mehr auftritt. Am Ende kann es also gut sein, dass wir bewusst absolut nicht von 500Hz profitieren, es aber unbewusst doch Vorteile bietet. Einige erinnern sich noch an die Umstellung von CRT auf TFT und wie das erstmal wochenlang Kopfschmerzen zu Folge hatte.