Der "heilige" Krieg gegen das arianische Christentum
Immer wieder wird sie gefeiert: Die "Christianisierung" Germaniens durch irische Wandermönche oder den Angelsachsen Bonifatius, die, Heiden bekehrend, durch die Lande zogen. Immer wieder dringen aber auch merkwürdige Lichtstrahlen durch das neblige Dunkel der germanischen Vorgeschichte im "christlichen Abendland". So etwa, als man sich in Würzburg anlässlich des Kiliani-Festes 1989 die Frage stellte: "Bekehrten die Frankenapostel womöglich gar keine Heiden?" (Main-Post)
Die "Frankenapostel" sind die Iren Kilian, Kolonat und Totnan, die 689 aufgrund einer kirchenrechtlichen Ehestreitigkeit in Würzburg von den Gehilfen einer germanischen Herzogin erschlagen wurden. Abgebildet wurde zur oben genannten Schlagzeile die Rückseite eines fränkischen Grabsteins aus der Zeit vor der angeblichen Bekehrungstätigkeit der frommen Iren. Der Grabstein zeigt einen über den Tod triumphierenden Christus.
Inzwischen geben auch katholische Autoren zu, dass das Christentum schon vor der Eingliederung Germaniens in die römisch-katholische Kirche im 8. Jahrhundert durch den Angelsachsen Winfried (genannt Bonifatius, 672-754) dort verbreitet war.
Ein Großteil der germanischen Stämme hat sich zwischen dem vierten und sechsten Jahrhundert, also mitten in der Völkerwanderungszeit, zum Christentum bekehrt - aber eben nicht zum römischen, sondern zum arianischen. Welchen Unterschied machte das aus?
Der Gegenschlag
Die Gegenkräfte hatten sich zu diesem Zeitpunkt jedoch längst formiert. Zum einen stachelte der katholische Klerus den byzantinischen Kaiser Justinian (482-565) dazu auf, die arianische "Irrlehre" in einer Art "heiligem Krieg" auszurotten. Seine Truppen vernichteten zuerst (534) das nordafrikanische Vandalenreich, kurz darauf, in einem verheerenden Krieg (535-555), das Reich der Ostgoten in Italien. Während dieses Krieges (vgl. Das Weisse Pferd Nr. 23/99) ließ Justinian nicht zufällig die Lehre des Origenes verdammen (543/553). Von Vandalen und Ostgoten verliert sich seitdem jede Spur in der Geschichte; sie waren als Völker ausgelöscht.
Der andere tödliche Angriff kam von Germanen selbst: Die Franken waren der erste Stamm, dessen König Chlodwig um 495 katholisch wurde. Interessant ist dabei die Herkunft dieses Stammes (siehe Kasten). Bei seiner "Bekehrung" soll seine katholische Frau Chlotilde, eine Burgunderprinzessin, eine starke Rolle gespielt haben. Chlodwig hatte jedoch auch genügend politische Gründe für die Konversion: Chlodwig "...sicherte sich so ... bei seiner Eroberung Galliens den Beistand des galloromanischen Klerus. Dieser wieder schützte dadurch seine riesigen Reichtümer vor dem Zugriff der Arianer und unteren Volksschichten." (Deschner, Kriminalgeschichte, Bd. 4, S. 60)
Die katholischen Merowinger und später Karolinger unterwarfen nacheinander die noch verbliebenen Germanenstämme: Alemannen, Thüringer, Bajuwaren, Langobarden, Sachsen, zum Teil in blutigen Gemetzeln. Arianische Kirchen wurden enteignet, ihre Bischöfe und Anführer vertrieben oder umgebracht. Die ihrer südfranzösischen Besitzungen beraubten und auf Spanien zurückgedrängten Westgoten wurden durch Intrigen im Königshaus an der Führungsspitze ebenfalls katholisiert - und wenig später von den Mauren überrannt.