Bonanca schrieb:
Die meisten Leute waren aber auch nur enttäuscht, weil sie D3 ständig mit D2 verglichen, letzteres aber durch ihre rosarote Brille gesehen haben. Was waren denn die Kritikpunkte?
- "Das Grinden nach Items ist langweilig!"
Stimmt, Baal-Runs waren so viel spannender und interaktiver. Und trotzdem hat Blizzard mehrmals das Farmen nach Items umgestaltet, um genau dieser Kritik gerecht zu werden.
Baal-Runs sind aber seit mindestens 15 Jahren nicht mehr Genrestandard. Wenn ich mir PoE angucke, wo man mit den Maps, Delve, Elder, Uber-Elder, Shaper, Sirus, Maven, Heists usw. so viel mehr Möglichkeiten hat, als nur in immer wieder denselben Rifts nach immer wieder denselben Items mit 3 Mainstat mehr zu suchen, die dann 0,00001% mehr Schaden bringen...
Bonanca schrieb:
- "(Echtgeld-)Auktionshaus!"
Ja, vom Echtgeld AH kann man denken was man will - positives wie auch negatives. Da mir mein E-Glied aber egal ist, war es mir egal, dass ich dann erstmal deutlich länger Akt 1 farmen musste auf Inferno, um Gear zu erhalten, was sich andere für €€€ gekauft haben.
Ja, die Drops waren logischerweise um das AH herum designed. Alles andere hätte zu MASSIVER Gear Inflation geführt, wenn die Drops damals schon wie jetzt gewesen wären. Kann man doof finden. Allerdings verstehe ich bis heute nicht, warum das für viele so ein riesen Problem war. Warum muss ich denn unbedingt mit dem Razor-Gear rumlaufen und nicht mit schwächerem Gear erstmal farmen? Das Einzige, was ich nachvollziehen kann, ist der Wunsch, Items gezielt farmen zu können. Auch dem ist man mit Würfeln und dem Schmied entgegen gekommen.
Aber das ist wohl Einstellungssache.
Zu Anfang ist ja genau gar nichts gedroppt, das war dann schon problematisch. Man konnte schlicht kein Gear farmen, weil man für Akt 2 Gear brauchte, dass erst ab Akt 3 gedroppt ist.
Aber wie gesagt, zwischen 1.4 und RoS fand ich D3 durchaus unterhaltsam. Da konnte man in einer angemessenen Zeit Items farmen. Man hatte auf der einen Seite die Aussicht, auch mal was von Wert zu finden (anders als zum Release), auf der anderen Seite waren die Items noch was wert, weil man nicht in 10 Stunden alles gefunden hat. Das war ganz gut. Auch wegen des AH. Das Echtgeld-AH war natürlich immer ein Ärgernis, aber an PoE sieht man, wie wichtig ein AH eigentlich wäre. Da z.B. mal Currency zu traden ist echt nervig.
Aber seitdem man inflationär mit Items überschüttet wird ist jedes Item völlig egal. Pre-RoS hat man sich über ein Natalya-Item noch gefreut, oder über einen Manticore...
Bonanca schrieb:
- "Inferno ist zu schwer!"
Ja, Inferno war hart. Blizzard ist dem Ruf nachgekommen und hat Monsterstärken, jetzt Qual-Stufen, eingeführt. Ironischerweise wurde sich dann eher beschwert, dass vieles zu leicht sei...
Tja, nennt man Balancing. Hat Blizzard bei Diablo nie so richtig hinbekommen.
Das Problem war, wie schon gesagt, nicht, dass Inferno zu schwer war, sondern man Gear brauchte, was noch gar nicht droppen konnte. Und das ist einfach schlechtes Design und Balancing, nur um Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Bonanca schrieb:
- "Es gibt keine Talente!"
Ja, ist das wirklich schlimm? Was ist daran toll, die Freiheit zu haben, seinen Char so furchtbar zu skillen, dass man ihn mit lvl 60 wegschmeißen kann? (So mit meiner Assassine geschehen). Als Erinnerung: Das Zurücksetzen der Talente ist erst ZEHN Jahre nach Release eingeführt worden.
Was ist daran toll, einen Guide rauszuholen, der einem genau sagt, welche Talente man wählen soll, weil es nachweislich beste Skillungen gibt?
Ist da das wählen von 6 Fähigkeiten, selbst wenn wir 2 als gesetzt sehen (eine Primär und eine Sekundär) wirklich so viel schlechter? Immerhin hat man wieviele zur Auswahl? 23? Und dann jeweils 5 Glyphen dazu...
Ich kenne kein aktuelles ARPG, wo man seinen Charakter wegschmeißen muss? Eigentlich kann man bei allen mehr oder weniger viel reskillen, wenn mal was nicht so funktioniert wie man sich das vorstellt.
Wie gesagt, D3 sollte man mMn nicht an D2 messen. Das Genre ist seit 15 Jahren weiter.
Das Problem ist, dass Items an Skills gebunden sind. Wenn man X nutzt macht Y 50000% mehr Schaden. Das ist schlechtes Design. In Grim Dawn gibts z.B. Items, die Skills einer Klasse um eine Stufe aufwerten. In PoE gibts Items, die z.B. die Manareservierung von bestimmten Auren verringern oder aufheben. Anstatt dass man mit diesen Items auf einen Skill festgelegt wird machen sie einen bestimmten Aspekt stärker, lassen einem aber alle Freiheiten. Wenn ich z.B. kostenlos Anger nutzen kann ist das mit den allermeisten Feuerbuilds kompatibel. Zumal diese Items auch alle Nachteile mit sich bringen, z.B. dann die Defensive schwächen oder so. Und immer sind gut gerollte oder selbst gecraftete Rares BiS.
Das ist ja das gute daran: man hat gewisse Freiheiten, keiner baut seinen Charakter gleich auf. Natürlich hat wahrscheinlich jeder irgendein CODT-Setup dabei, weil es einem viel Arbeit abnimmt, aber sonst? Allein um die Resistenzen zu maxen braucht es einen gewissen Spielraum. Und oft brauchen manche Builds Unmengen an Currency. Wenn man einen Guide hat, für den man eigentlich 30 Exalt bräuchte, und dann versucht, die Grundidee mit vielleicht 5 Exalt umzusetzen um am Ende mit demselben Gameplay und 20% weniger Schaden zufrieden zu sein ist das top.
Und es gibt auch keine nachweislich beste Skillung, weil man z.B.den Schaden auf ganz unterschiedliche Arten steigern kann oder ganz unterschiedliche Defensivarten möglich und alle gleich gut sein können. Ob ein Lowlife-Build immer besser ist als ein Life- oder CI-Build? Ganz bestimmt nicht. Es kommt drauf an, wie man die Defensive aufbaut, den Schaden skaliert... viele Wege führen nach Rom.
Anders als in D3, wo es drei Sets gibt, die Skill X jeweils um 50000% verstärken.
Bonanca schrieb:
- "Runenwörter!"
Jo, kann sein. Muss ich zugeben, habe Diablo 2 damals gespielt ohne zu wissen, dass es die gibt. Dementsprechend kann ich da keine qualitativ hochwertige Aussage zu machen.
Um sowas gehts wirklich nicht. Die habe ich bisher in keinem anderen ARPGs vermisst. WIE ARPGs Tiefe oder Anspruch schaffen ist eigentlich egal. Ob mit Runenwörtern, einem Sockelsystem, über tausend passive Skills, Multiclassing usw. usf.
Aber D3 bietet leider nichts in die Richtung.
Bonanca schrieb:
Man muss D3 nicht gut finden.
Aber viel von der Kritik ist einfach ungerecht, weil es nur aus Nostalgie mit Blick auf D2 entstanden ist. Wenn die Leute genauso an D4 rangehen, werden die gleichen Leute von D4 auf genau die gleiche Art enttäuscht werden. Egal wie gut D4 wird.
Wie gesagt, ich vergleiche es nicht mit D2. Wir sind Gott sei Dank weiter im Genre, da kann ein 20 Jahre altes Spiel mit oft ziemlich veralteten Mechaniken nicht der Anspruch sein.
Ich vergleiche es eher mit zeitgleich oder kurz darauf erschienener Konkurrenz. Und da ist es eher ein Torchlight 2 in einfach als ein echter Konkurrent für Grim Dawn oder PoE.
Bonanca schrieb:
Niemand zwingt dich, das stärkste Set zu spielen. Habe ich viele Seasons nicht gemacht.
Du möchtest gerne in der Rangliste ganz oben sein? Dann wird es immer eine beste Spielweise geben, an die du dich richten musst. Egal ob Diablo 2, Diablo 3 oder irgendein anderes kompetitives PvE Spiel.
Das Problem ist, dass es keine Alternativen zu Sets gibt. Keine Synergien. Keine Builds, die sich vernünftig anfühlen. Natürlich muss man nicht immer nur das beste spielen, mach ich in PoE auch nicht. Da spiel ich auch mal einen Build, der einfach nur Spaß machen soll. Selbst nach den ersten großen CoC-Nerfs habe ich das immer wieder mal ausprobiert, weil es sich einfach gut anfühlt, wenn der halbe Bildschirm vor Spells explodiert...
Das Problem ist, dass ein ARPG ohne Builds, die irgendwie Synergien enthalten, keinen Spaß macht.
Ein Beispiel aus den besseren Zeiten von D3, ich hoffe ich krieg das noch richtig zusammen: es gab früher (müsste um RoS-Release rum gewesen sein) eine Rune für Multishot, die Discipline pro getroffenem Gegner wiederherstellte, wenn ich mich recht entsinne. Mit Punishment konnte man diese Discipline in Hatred umwandeln. Für Thrash hat man den Multishot genutzt, für stärkere Gegner Cluster Arrow, wobei das immer mit Bedacht geschehen musste, weil der Cluster Arrow zwar viel mehr Schaden angerichtet hat, aber keine Discipline wiederhergestellt hat. Zum einen war das ziemlich rasant und mechanisch recht anspruchsvoll, zum anderen musste man wirklich überlegen, wann man was einsetzt. Ohne Ressourcenmanagment stand man schnell hilflos da. Zudem musste man wirklich überlegen welche Items man genutzt hat, weil man auch Ressourcenkostenreduzierung brauchte. Nicht einfach 5 Set-Items plus Ring und gut ist.
Das ganze war nicht wirklich stark, etwas schwächer als das damals neu eingeführte Marauder-Set, wenn ich mich recht entsinne. Aber es hat wirklich viel Spaß gemacht, deutlich mehr als das öde Set. So viel Spaß hatte ich mit D3 davor und danach nie wieder.
Was hat Blizzard gemacht? Die einzige wirklich vorhandene Synergie bei "meinem" Demon Hunter entfernt, weil man nicht wollte, dass es sowas wie "Builds" gibt. Danach war das Marauder-Set alternativlos. Es gab nichts anderes, was auch nur annähernd sowas wie Synergien bot oder was man überhaupt als Build bezeichnen konnte. Die erste Zeit danach hat man die Turrets gestellt und sich hinter der nächsten Ecke versteckt, weil die von alleine gefeuert haben. Vom zwingend mobilen, weil fragilen Demon Hunter zum sich versteckenden und quasi afk abwartenden Lappen, der einfach solange rumstand, bis die Turrets von selbst die Gegner erledigt haben... zumindest bis das Set dann wieder überarbeitet wurde. Und dann hat Blizzard irgendwann zusätzlich angefangen, die Sets absurd zu buffen. Dann war der Ofen aus.
Und DAS fehlt mir halt. Das man sich Gedanken machen kann. Aber das erfordert einen Entwickler, der bereit ist, Arbeit in ein Spiel zu stecken. Wenn ein Set automatisch 50000% mehr Schaden macht ist das Balancing von vornherein völlig egal, weil es dann keine Rolle spielt, ob ein normaler Skill 10% stärker ist als ein anderer, weil 10% gegenüber 50000% eben ein Witz ist. Bei einem richtigen Item- und Skillsystem würde das auffallen, der Entwickler müsste sich Mühe geben, damit alle Skills einigermaßen gleichauf sind. Da Blizzard das nicht will und D3 mit RoS aufs Abstellgleis geschoben wurde hat man es sich einfach gemacht und Skills und Items effektiv aus dem Spiel entfernt. Jetzt muss man drei Sets mit ihren dazugehörigen Skills balancen. Ein Praktikant entscheidet, welches Set nächste League "Meta" sein soll und macht das in einer Mittagspause zwischendurch etwas stärker.
D3 hatte Potential. Mich hat der Art-Style nie gestört, hab ja auch mal die Torchlights durchgespielt. Mich hat das AH nie gestört, weil Trading für mich zum Genre gehört. Mich hat nach der Anfangszeit der Schwierigkeitsgrad nicht gestört, man konnte dann recht schnell realistisch auch Infero mit ein wenig Arbeit durchspielen. Mich haben nach 1.4 die Drops nicht mehr gestört, hab ich ja oben schon erklärt.
Aber mit RoS und dem Entfernen von allem, was ein ARPG ausmacht, damit haben sie mich verloren.
Und dieser Weg weg vom Genre lässt mich glauben, dass auch D4 nichts wird, weil man zumindest von außen betrachtet immer noch nicht verstanden hat, was das Genre ausmacht.
Natürlich wird auch D4 seine Spieler finden. Aber eben nicht die, die das Genre mögen und tausende Stunden in D2, PoE, GD, Titan Quest usw. versenkt haben. Und das verstehe ich auch aus Blizzards Sicht nicht. Klar, wenn man Balancing, neue Inhalte usw. einfach weglässt macht das dem, der einmal die Story durchspielt, nichts aus. Aber gerade PoE zeigt, wie man mit immer neuen Inhalten und Produktpflege quasi eine Gelddruckmaschine erschaffen kann, wenn man zeitgleich auf ein faires Bezahlsystem setzt. Und das als Studio, das anfangs eine Hand voll Leute hatte und mit dem Anspruch und der extremen Tiefe eigentlich meilenweit an der Masse vorbeientwickelt.
WENN Blizzard mit D4 einen guten Kompromiss liefern könnte, der alle irgendwie anspricht, also in Richtung Grim Dawn oder Last Epoch, und das mit einem Bezahlsystem wie in PoE verknüpfen würde könnten die dermaßen einen Nerv treffen... das könnte mMn in Richtung WoW gehen. Aber das will man nicht. Man will wenig Arbeit reinstecken und am Anfang abkassieren, weil man weiß, dass man auf Dauer eh den kürzeren zieht, weil man die Zielgruppe ARPG-Fans längst verloren hat.
edit: Hab sogar noch ein Video gefunden von dem Cycling-Build, den ich meinte.
Das hier hat mir damals richtig viel Spaß gemacht. Aber Spaß sieht Blizzard in D3 nicht so gerne.