public_agent schrieb:
Eine Automatisierung hat zwangsläufig nicht mehr Arbeitslose zur Folge. Ich glaube nicht, dass eine steigende Automatisierung mit positiv mit einer höheren Arbeitslosigkeit korreliert.
Ganz im Gegenteil, es werden mehr und mehr Arbeitsplätze geschaffen, zumindest bleibt der Stand gleich. Ich hatte dazu mal irgendwas gelesen, weil mich das auch interessiert hat.
Die neuen Jobs werden 100%ig nicht alle weggefallenen Jobs ersetzen können. In der Industrie und im Transportwesen wird ja eben so viel auf Autonomie und Automatisierung gesetzt, um am Ende irgendwo Geld zu sparen. Würde die Automatisierung und Autonomie am Ende nicht irgendwo Geld sparen, würde man sich den Aufwand garnicht machen.
Zumal die neuen Jobs dann tendenziell in die Richtung hochspezialisierte Technik und vorallem ins Soziale gehen - zwei Tätigkeitsfelder, wo nicht jeder zu in der Lage ist - nicht mal unbedingt vom Wollen, sondern auch vom Können.
public_agent schrieb:
Aber schau mal: auch heute gibt es Berufe, die mehr und mehr aussterben. Damals waren es der Böttcher, Buchbinder, Hufschmied usw. Heute sind es Fleischer, Schuhmacher und Tischler die mehr und mehr aussterben. In Zukunft wird es keine Busfahrer, LKW-Fahrer oder Postboten mehr geben, weil das irgendwann alles über Drohnen laufen wird. Das steht fest. Die Frage ist nicht ob es passiert, sondern wann es passiert.
Frage dich mal, weshalb automatisiert wird, weshalb Maschinen selbst lernen und warum autonom gefahren werden soll. Es soll unter anderem zeit gespart werden. Egal in welchem Beruf, überall zählt nur noch Zeit, Zeit und Zeit. Immer mehr Menschen haben einen Burnout und unser Konsumverhalten begünstigt das Ganze: so viel wie möglich soll so schnell wie möglich an möglichst vielen Orten verfügbar sein.
Und du glaubst, wenn dieses ganze Zwischenmenschliche wegfällt wird das mit der Burnout- und Stressproblematik besser? Wenn durch die neuen, anspruchsvolleren Jobs der Leistungsdruck und Ausbildungsaufwand trotz berechtigter Zukunftsängste in vielerlei Hinsicht immer weiter steigt? Und immer mehr Leute nicht mehr mithalten können und hinten runterfallen?
Diese ganze Problematik haben wir doch erst durch die ganze neue ausufernde Technik - weil man immer und überall erreichbar ist und alles immer komplexer wird... Da alles verträgt halt eine zunehmende Anzahl an Leuten nicht mehr problemlos.
Der zunehmende Leistungsdruck (besonders durch die immer weiter ausufernden Ausbildungsanforderungen und -zeiträume) bei gleichzeitig immer geringeren Entlohnungen für die ganzen Mühen (Arbeit, Ausbildung, ggfs. Weiterbildung) spielt mMn. aber auch eine große Rolle.
Gefühlt stehe ich jetzt schon dank der gefühlt nicht enden wollenden Schule vor einem Motivations- und Nervezusammenbruch... Insgesamt 17 Jahre Schule und Ausbildung bis ich 23 bin - wofür? Eine unsichere Zukunft (Arbeit, Politik, Rente/Altersarmut, sinkende Löhne bei steigenden Lebenshaltungskosten, drohende Unruhren). Und die einzige Motivation die man hat wird durch die drohende Automatisierung kaputt gemacht...
Wenn man noch mehr Technik einsetzt und damit die Mühen von Menschen bedroht, wird es nur noch schlimmer. Lieber sollte man mal die Digitalisierung an sinnvollen Stellen einsetzen - z.B. in Schule und Ausbildung und endlich mal die steinzeitlichen Lernmethoden hinter sich lassen.
Achja... Zeit = Geld. Würde es nur rein um die Zeit gehen, würden die Unternehmen genügend Personal einstellen und die Arbeitsbedingungen verbessern. Dann hätte sich die Burnout-Problematik von selber erledigt.
public_agent schrieb:
Stichwort Amazon Prime und rollende Lager. Viele können gar nicht mehr 2-3 Tage auf ein Paket warten. Einkaufszentren haben bis 22 Uhr und länger geöffnet. Und warum? Weil Mama und Papa nach ihren Überstunden und dem Abendbrot noch einkaufen müssen.
Naja, länger wie auf ein Paket warten bei etwas was ich am liebsten sofort haben will kann ich auch nicht. Deshalb kaufe ich bevorzugt im Einzelhandel - da habe ich vor Ort einen menschlichen Ansprechpartner, Vor-Ort-Service und kann den Kram auch sofort mitnehmen.
Wieso die Läden und EKZ immer länger geöffnet haben? Weil immer mehr Leute in den Abend und vorallem in Schicht arbeiten müssen. Die müssen auch irgendwann einkaufen können - netter Nebeneffekt der längeren Öffnungszeiten sind auch mehr Arbeitsplätze.
public_agent schrieb:
Die Gesellschaft wird immer schnelllebiger und konsumiert mehr und mehr in immer kürzeren Zyklen. Schaue dir zum Beispiel mal die Produktzyklen von Autos in den 90ern an und wie lange heute ein "neues" Auto vom nächsten Modell abgelöst wird. Der Golf I wurde ganze 9 Jahre gebaut, beim Gold IV waren wir schon bei nur noch 6 Jahren und beim Golf VI bei 4 Jahren. Das machen die nicht, um Kohle zu scheffeln, sondern weil Autos immer schneller altern weil immer schneller neue Technik kommt (z.B. Sicherheitstechnik und Assistenten) und am Ende das auch durch uns nachgefragt wird.
In Zeiten immer schnelleren Klimawandels, immer größerer Umweltverschmutzung und drohenden Fahrverboten für den motorisierten Individualverkehr finde ich dieses Beispiel mal wieder passend für die absolute Dummheit der Menschheit.
Würde man es nicht so völlig mit der Technik übertreiben (die ab einem gewissen Grad eben kein Geld einspart, weil sie den Wartungsaufwand stark erhöht und öfters ersetzt werden muss) und technische Neuerungen bspw. statt in stärkere Autos in sparsamere Autos stecken, hätten wir bspw. die Problematik mit Fahrverboten nicht.
public_agent schrieb:
Autonomes fahren: wir können schon auf dem Weg zur Arbeit anfangen mit arbeiten. Am Ende geht alles um Zeitersparnis und Effektivität.
Der Weg zur Arbeit ist mir hoch und heilig um Morgens überhaupt erstmal auf die Beine zu kommen. Da werde ich wohl einen Teufel tun, schon auf dem Weg zur Arbeit Arbeit zu erledigen. Wie war das mit Burnout nochmal? Jetzt schon auf dem Weg zur Arbeit arbeiten...?
public_agent schrieb:
Ich glaube daher nicht, dass diese Entwicklungen rein aufgrund von Geldgier und Faul-/Dummheit der Leute stattfinden. Das hat das in manchen Fällen zur Folge, ich muss hier wirklich an Wall-E denken, dass wir irgendwann gar nicht mehr laufen, sondern uns rumfahren.
Wiegesagt, ich sehe das anders: Für mich ist das durch Faulheit der "Normalen" und durch Geldgier der Reichen begründet.
Ganz ehrlich: Ich kann es auch im Gegensatz zu vermutlich vielen anderen einschätzen wie furchtbar öde es ist, ohne Beschäftigung ewig nur Zuhause rumzuhocken. Für mich stellt die Arbeit da die gewisse tägliche Aufgabe dar. Ich zumindest habe das Glück einen Job zu haben, der mir sogar viel Spaß macht und wo ich sogar sage, das mache ich nicht nur, um über die Runden zu kommen.
Das Glück hat zweifelsfrei nicht jeder... Und nicht jedem unterstelle ich auch, keinen Bock zum Arbeiten zu haben (und trotzdem alles haben zu wollen). Es motiviert halt auch nicht besonders über Unannehmlichkeiten oder einen unpassenden Job hinwegschauen zu müssen, wenn nicht mal das Geld stimmt.
... wo wir wieder an der Wurzel des Übel wären: Geld.