Wie angekuendigt, jetzt mein etwas detaillierteres Writeup zu meinen Tests, meinem Vorgehen, und den Gedanken hinter den jeweiligen Entscheidungen.
TL;DR: Es war letztendlich noch nicht erfolgreich, aber ich gebe nicht auf.
Auf einige eurer Posts werde ich anschliessend separat eingehen.
Konkrete Vorbereitungen:
Ich habe nochmal mit Veeam mein System auf mein NAS gebackupt, sowohl die Systemplatte, als auch um auf Nummer sicher zu gehen, auch die SSD mit meiner Steam Library. Letzteres werde ich bei den naechsten Versuchen aber nicht mehr tun.
Auch das Recovery Medium auf einem Separaten USB Stick habe ich getestet, aber kein Recovery selber ausprobiert.
Zudem, auch hinsichtlich das ich die Hoffnung hatte mein Firefox Profil migrieren zu koennen, habe ich mein gesamtes Userverzeichnis nochmal separat aufs NAS kopiert.
Dann habe ich mir einen USB Stick mit Ventouy (Danke fuer den Tipp,
@Garmor) vorbereitet, und aktuelle ISOs von OpenSUSE Leap und Manjaro draufkopiert.
Tag 1: OpenSUSE Leap 15.3
Installation und Bootprobleme
Die eigendliche Installation vom OpenSUSE ISO war sehr unkompliziert. Ich habe im grossen und ganzen die Standardeinstellungen beibehalten. Bei der Partitionierung habe ich angegeben, das die automatisch erkannte Windows Installation weg soll.
Augenscheinlich hat das auch funktioniert, aber beim ersten Reboot hat sich gezeigt das die Windows EFI Partition liegen geblieben ist. Der SUSE Installer hat eine neue angelegt. Das resultierte dann darin, das von der Windows EFI gebootet wurde und Windows eine Reparatur durchfuehren wollte, was natuerlich nicht klappt
Im BIOS Bootmenue konnte ich dann aber auswaehlen von welcher EFI ich booten will. Waehlt man die richtige, bootete SUSE normal durch. Die Windows EFI habe ich dann unter Linux entfernt. Danach bootete das System normal.
Der erste Eindruck
Der erste Eindruck des KDE Desktops war ausgesprochen gut. Das Problem mit dem Schriftbild, was sich in der OpenSUSE VM noch gezeigt hatte, war absolut kein Problem bei dem installieren System. Noch besser: Das Skalieren des Desktops funktionierte im Endeffekt so wie unter Windows, ohne das irgendwas unschaft wurde.
Es gab nur eine kleine Zahl an Updates die mir angeboten wurden, diese habe ich dann auch direkt installiert.
Recht schnell fiel mir allerdings auf, dass ich meine zusaetzlichen internen Festplatten nach jedem Reboot neu mounten musste. Kein grosser Aufwand, ein Doppelklick im Dolphin und eine Passwortabfrage...
Dummerweise betraf das auch die Netzlaufwerke von meinem NAS. Die musste ich nach jedem Reboot neu einbinden.
Auch diesen Punkt hatte ich hier im Thread ja schon angesprochen.
Software
Erste Enttauschungen kamen aber schnell: Im vorinstallierten ESR Firefox funktionierten viele Webseiten nicht. Kein Netflix, kein Amazon Prime, keine Videos auf Reddit. Das Problem konnte ich letztendlich nicht loesen.
Es zeigte sich auch schnell das Problem des stable Releases: Die Software die in den Repositories zur Verfuegung steht ist zu grossen Teilen aelter. Grundsaetzlich eigendlich kein grosses Problem, aber ich hatte grosse Schwierigkeiten Installationen fuer aktuellere Versionen zu finden. Denn in einigen Bereichen waere das durchaus nuetzlich.
Steam
Die Steaminstallation aus dem Repository war problemlos. Installieren, starten, Einloggen, Steamguard-Code eingeben. Was mich erstaunt hat, das Valve die Steam GUI wirklich 100%tig von Windows uebernommen hat. Es sieht vollkommen gleich aus. Mit dem damit verbundenen Problem, das die Steam App nicht von der global Scale profitiert.
Dann die SteamLibrary von meiner zweiten SSD eingebunden. Steam hat die dort installierten Spiele sofort erkannt und direkt angefangen fuer so gut wie jedes Spiel updates zu queuen. Teilweise mehrere Gigabyte. Gut das ich inzwischen eine vernuenftige Internetanbindung habe
Zu Beginn war ich etwas verwundert das fast alle Play Buttons ausgegraut sind. Schnell konnte ich dann aber finden das man "Steam Play" aktivieren muss, und man es zusaetzlich auch nochmal fuer ungetestete Spiele separat aktivieren muss. Nach aktivierung hat Steam dann direkt Proton Experimental, mit etwa 1 Gigabyte, heruntergeladen.
Das erste Spiel was ich dann gestartet habe war Idle Champions. Kurz einen Schreck bekommen, denn die Introanimation lief nicht. Danach kam es aber hoch und lief ganz normal. Das Spiel ist komplett online, es gibt keine offline Savegames, das war hier also kein Faktor.
Dann - und das mag ein Faktor sein - habe ich
mit Idle Champions offen, ebenfalls Satisfactory gestartet.
Steam Cloud Sync musste ich vorher einmal manuell machen, es dauerte eine ganze Weile weil Steam Vulcan Shader Caches erstellen wollte, aber dann startete Satisfactory.
Ich war nicht allzulange in-Game. Alles funktionierte, aber es war deutlich sichtbar, dass die Performance schlechter war als unter Windows. Aber kein Dealbreaker.
Mindestfaktor also erfuellt
Der Kampf mit dem Browser
Hier nur kurz erwaehnt, weil es ja auch schon Thema hier war. Es war aufs Verbiegen nicht moeglich den Firefox verneunftig zum funktionieren zu bekommen. Youtube lief, sonst aber keine Videoseite.
Zu diesem Zeitpunkt war ich ziemlich zwiegespalten. Den Browser wollte ich eigendlich nicht wechseln. Aber es war schon spaet und ich war muede.
Tag 2
Grosser Frust
Tja, Tag zwei fing dann fuer die OpenSUSE Installation ziemlich schlecht an. Erstes gestartetes Spiel, wieder Idle Champions, lief. Dann wollte ich Satisfactory starten...
Ohne das es mir bewusste Aenderungen am System zwischen den beiden Tagen gab, startete das Spiel nicht mehr. "Play" klicken -> Steam Cloud Sync -> "Processing Vulcan Shaders" -> "Stop" wurde wieder "Play"... Sonst gab es keinerlei sichtbare Reaktion seitens des Systems.
Das war dann der Dealbreaker an dieser Stelle.
Da ich, aufgrund der Browserproblematik und meiner Unzufriedenheit seitens der verfuegbaren Softwareversionen, und den niemals funktionierenden "One Click" Installern auf der OpenSUSE Webseite, eh nicht soooo gluecklich mit OpenSUSE war, stand die Entscheidung schnell fest:
OpenSUSE Leap ist raus.
KDE Plasma hatte allerdings einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Dabei wollte ich bleiben.
Welche naechste Distribution?
Zur Auswahl stand die logische Ueberlegung das Rolling Release von OpenSUSE, also Tumbleweed zu testen. Aber ein Kommentar von
@Beelzebot betreffs Manjaro, und das es eben nicht absolut "Bleeding Edge" ist, hat mich dazu bewegt es lieber mit Manjaro zu versuchen. Dazu kommt, das Manjaro mit KDE soweit ich weiss die Empfehlung von Valve ist, und auch Steam OS 3 auf Arch basiert.
Die Manjaro Installation
Die Installation von Manjaro war ziemlich fummelig. Der Installer hat es prima geschafft die alten Partionen wegzuraeumen, aber konnte keine neuen Partionen anlegen. Die Fehlermeldung war ausserst nichtssagend. Netterweise ist der Manjaroinstaller aber ein Livesystem, ich konnte also schnell googlen. Das Problem scheint verbreitet zu sein, eine echte Loesung gibt es aber nicht, ausser die Partionen manuell anzulegen.
Dummerweise ist die Manjaro Dokumentation die ich gefunden habe entweder veraltet oder nicht auf KDE ausgelegt. Gparted gibts jedenfalls nicht
Anyway, nach einiger Fummelei mit dem KDE Partition Editor, und ungenauigkeiten in der Dokumentation (es gibt kein "esp" flag zur Auswahl, welches ich der EFI Partition angeblich geben muss), hat das letztendlich funktioniert, und das System hat gebootet.
Der erste Eindruck
Der erste Eindruck war ebenso gut wie bei SUSE. Das Schriftbild war gut, zu Meckern war da erstmal nichts.
Als ich dann aber skalieren wollte, ist mir ein seltsamer Unterschied aufgefallen. Was bei OpenSUSE noch "global Scaling" war, musste ich bei Manjaro bei den Monitoren einzeln machen. Das war dummerweise aber nicht der einzige Unterschied. Ganz offensichtlich funktionieren OpenSUSE und Majaro beim Scaling grundsaetzlich anders. Dummerweise mit dem Effekt das unter Manjaro alles matschig wurde, und Fenster die eine bestimmte Aufloesung haben sollen ebenfalls skaliert werden, was auch deren Fensterinhalt matschig werden laesst. Immerhin war damit auch der Steamclient vom Skalieren betroffen
Sehr viel besser hat mir hier aber das Mountingverhalten gefallen. Nach dem ersten Boot sah es aus wie unter OpenSUSE: Ich musste die Laufwerke mounten. Dieses Mounten war anschliessend aber reboot-fest!
Genauso wie die Netzlaufwerke die ich einbinden wollte ebenfalls reboot-fest waren.
Deutlich besser als bei OpenSUSE.
Software
Manjaro hat eine ganze Reihe an Updates angeboten, die recht schnell durchliefen.
Der Firefox, wie zu erwarten war, ist aktuell, und keine ESR Version. Und was soll ich sagen: Da funktionierte dann auch direkt alles. Netflix, Amazon Prime und Reddit funktionierten Out of the Box, nachdem ich den DRM Content Haken gesetzt habe. Auch das Einspielen meines Profiles hat absolut Problemlos funktioniert.
Dazu dann aktuellere Versionen von FreeCAD und KiCAD verfuegbar. Das gefiel mir schon richtig gut.
Und Steam war schon vorinstalliert! Da sollte man meinen dass das ein gutes Vorzeichen ist.
Steam
Steam betreffend lief erstmal alles wie bei OpenSUSE.
Wieder hat der Client nach dem Einbinden der zweiten Library einen haufen Downloads eingereiht, und wieder wurden teilweise mehrere Gigabyte pro Spiel heruntergeladen.
Der erste gestartete Titel war wieder Idle Champions. Und es funktionierte
Sofort wurde mir hier die Skalierungsthematik bewusst, aber grundsaetzlich koennte ich damit leben. Ich hatte mir zwischenzeitlich auch unter Windows gewuenscht dass das Fenster groesser sein koennte.
Satisfactory unter Manjaro
Ich habe genug herumprobiert um das separat zu betrachten
Der erste Start war ernuechternd. Obwohl ich bei Steam nichts anders gemacht habe, scheint da irgendwas nicht richtig gelaufen zu sein. Der erste Start wurde mit einem Fensterchen quittiert, das DirectX und Visual C++ restributables fehlen wuerden. Die Aufmachung erinnerte mich an die wine GUI damals bei meinem letzten Linux Versuch. Das Fenster hat mir angeboten diese nachzuinstallieren. Aber bei einem Klick auf "yes" passierte nichts.
Mein "Google-Fu" hat zu diesem Fenster nicht viele Resultate gebracht. Die meisten Beitrage die ich gefunden habe waren Jahre alt. Die Proton Version zu aendern hat nichts gebracht.
Protontricks soll laut dem was ich gefunden habe die Moeglichkeit bieten solche Sachen nachzuinstallieren. Das habe ich aber nicht funktional hinbekommen. Es gab (abseits der angeblich zu ignorierenden 64bit Fehler) entweder keine Fehlermeldungen, oder "Error 53".
Dann habe ich, um Probleme mit NTFS auszuschliessen, die Game-Files von Satisfactory geloescht, und es in der Default Library neu installiert.
@Beelzebot: Das sollte doch das Prefix ebenfalls resettet haben, oder nicht? Denn ich musste Protontricks extra Rechte erteilen bevor es die Prefixe auf der zweiten Platte sehen konnte.
Das hat immerhin eine kleine Aenderung erwirkt: Es fehlte jetzt nur noch ein unspezifiziertes C++ redistributable. Nach etlichen Versuchen mit Protontricks, irgendwann war sogar eines der Redists angeblich aktiv) habe ich bei Satisfactory aufgegeben.
Andere Spiele unter Manjaro
Dann habe ich einige andere Spiele ausprobiert die auf der separaten Platte installiert waren und die Steam erkannt hat. Die Auswahl war relativ zufaellig.
Horizon Zero Dawn: Kein Start nach "Processing Vulcan Shaders"
Kingdoms of Amalur: Kein Start nach "Processing Vulcan Shaders"
Crypt of the Necrodancer: Funktioniert, inklusive Steam Cloud Fortschitt. Konnte gleich einen fast erfolgreichen Run hinlegen bis der Necrodancer mich umgehauen hat
Ich bin mir nicht sicher ob Necrodancer wirklich nativ oder nur explizit Steam Play kompatibel ist. Anders als die anderen beiden Titel kam aber das Steam Play popup nicht.
Eine Entscheidung muss fallen
Und hier stand ich jetzt wieder an einem Entscheidungspunkt.
Der Frustlevel war schon wieder ziemlich hoch, vorallem da Manjaro so vielversprechend angefangen hat.
Aber letztendlich ist mir das nicht genug...
Wenn wenigstens Satisfactory funktioniert haette.
Aber so war klar: hier ist der naechste Dealbreaker erreicht.
Da ich zudem wusste, das ich den Rest des Wochenendes vermutlich nicht so viel Zeit habe, habe ich letztendlich die Entscheidung getroffen, mein Windows Backup zurueckzuspielen.
Fazit meines ersten Testes
Im grossen und ganzen lief das dieses Mal insgesamt
deutlich besser als mein letzter ernsthafter Linux Test.
Letztendlich war es diesmal nicht erfolgreich,
aber dennoch ist es kein allgemeiner Linux Dealbreaker.
Aufgegeben habe ich das ganze definitiv noch nicht, auch wenn das hier den Eindruck erwecken mag.
Was haette ich mir gewuenscht?
Was ich besonders schade fand, ist das die meisten Probleme bei den Spielen einfach komplett ohne irgendwelches Userfeedback aufgetreten sind. Ich habe keine Ahnung was da los war, und auch keinerlei Ansatzpunkt um ueberhaupt richtig mit einer Fehlersuche anzufangen.
Eine online Suche war leider aufgrund dieses sehr unspezifischen Fehlerbildes nicht von Erfolg.
Und auch da wo ich Fehlermeldungen bekommen habe war zu den Fehlern leider wenig oder nichts zu finden. Und was sich halbwegs richtig angehoert haben koennte war 2 Jahre oder aelter.
Wie geht es weiter?
Zwei Testkandidaten habe ich fuer den naechsten Versuch im Auge:
Linux Mint, ebenfalls mit KDE, und wenn es dann mal released ist, Steam OS 3.0
Ich weiss jetzt, das mein Backupkonzept wirklich funktioniert
Das wird die Huerde reduzieren.
Zum Schluss: Ich habe jetzt ueber eine Stunde gebraucht um diesen Post zusammenzuschreiben. Das erklaert vielleicht auch, warum ich mir mit dem Testen von Linux so schwer tue: Ich bin langsam
PS: Die Reaktionen auf einzelne Beitraege hier zwischendurch kommen etwas spaeter. Das will ich gerne in einem separaten Post haben, der hier ist so schon lang genug.