Alexander2 schrieb:
Begradigungen sind eigentlich immer von Nachteil, außer vielleicht für die Schifffahrt, das sie eine gut befahrbare kurze Route hat
Begradigungen müssen nicht per se schlecht sein. Genauso wie z.B. Hochwasserfreilegungen. Gerade in den Oberläufen kann sowas auch sehr sinnvoll sein. Vorausgesetzt, die Vorbedingungen passen.
Bei mir in der Gegend gibt es dafür eigentlich viele Beispiele aus kleineren Ortschaften. In den 60er und 70er Jahren wurden hier reihenweiße Hochwasserfreilegungen durch die Orte gebaut. Wo sich früher die Bäche noch durch die Orte geschlängelt haben, ist jetzt eine wie mit der Schnur gezogene gerade Linie vorhanden. Vor den Orten wurde der Bach belassen wie er war. Mehr oder weniger stark mäandrierend, mit seitlichem, starkem Baumbewuchs, daneben in aller Regel nur Wiesen.
Seitdem gab es in den meisten Orten keine Nennenswerten Überflutungen im Ortskern mehr. Etwa 200-300m Bachabwärts nach Ortsende bekommt der Bach dann wieder seine ursprüngliche Form.
Hier kann er sich dann ebenfalls wieder weit nach Links und rechts ausbreiten.
Das geht aber auch nur, weil es das Geländeprofil so zulässt. Zudem wurden schon an anderen Zuflüssen wenn möglich Rückhaltebecken gebaut um so den Abfluss zu begrenzen.
Leider Gottes gibt es aber trotzdem Orte, die einfach stark Hochwassgefährdet sind. Da wird auch kein Hochwasserschutz etwas groß daran ändern. Da müsste man schon etwas in der Größe einer kleinen Talsperre bauen, um das Wasser effektiv zurückzuhalten.
Ganz konkretes Beispiel das Hochwasser der Aisch dieses Jahr (in der Woche vor dem Hochwasser in RLP/NRW). Der Fluss hat die damalige Hundertwassergrenze deutlich überschritten. Allerdings war der Fluss dann an manchen Stellen statt der üblichen 20m mittlerweile etwa 400m breit geworden. Normaltiefe sind etwa 2,50m, angestiegen war sie auf über 6,10m. Ja, zu dem Zeitpunkt waren viele Orte Überschwemmt, viele Keller sind vollgelaufen, bei manchen sogar das Erdgeschoss. Wir waren aber noch weit weg von Menschengefährdungen durch die Gefahr, das Häuser weggespült werden o.Ä. Einfach, weil auch die Fließgeschwindigkeit abseits des regulären Bachbettes relativ gering war (wir haben das mal von außen mit ca.0,5 ms/s geschätzt).
Letztendlich muss man sich aber überlegen, wenn ein Fluss soviel breiter wird, wieviel mehr Wasser noch nötig wäre für jeden weiteren cm, das er steigen soll. Das sind bei einer solchen Wasserfläche enorme Wassermengen.
Hier mal ein Bild und ein Bericht dazu:
https://www.nordbayern.de/region/katastrophen-hochwasser-so-hart-kann-es-franken-treffen-1.11253649
Alexander2 schrieb:
Aber lieber dutzende oder Hunderte Felder stehen wenig bis sehr je nach Situation im Wasser als das ganze Stadtteile in den Fluten weggerissen werden und Menschen dabei sterben.
Bei solchen Topografischen Gegebenheiten wie im Ahrtal ist das aber kaum zu realisieren. Ausgleichsflächen gibt’s eben nicht. Dann kommt neben der reinen Wassermasse ja vor allem noch die Geschwindigkeit dazu. Hätten die Wassermassen nicht so einen „Zug“ entwickelt, wäre auch an Ahr und Co. nicht soviel passiert. Hier werden die Freilegungen dann wieder zum Malus, wenn sie dazu führen, dass das Wasser deutlich beschleunigt wird und dadurch weitaus mehr Wucht entwickelt.