Hakubaku schrieb:
Fraglich ob es sich lohnt solch immense Investitionen in einem derart gespaltenen Land zu tätigen
Och, politische Spaltung
Rockstar85 schrieb:
Ich hoffe die EU wird ihrerseits mit TSMC endlich Fertigungskapazitäten in Europa aufbauen
Dafür müsste ein europäischer Standort attraktiv werden für TSMC.
Die Lieferketten sind in der Halbleiterindustrie globalisiert wie nirgendwo sonst.
In Europa ist bis auf die Nähe zu den Zulieferern für die Belichtungstechnik schlicht und ergreifend kein Standortvorteil ggü. Asien oder den USA vorhanden.
Nun ja, es gibt ja schon Halbleiterfertigung in Europa, und die ist sogar wirtschaftlich.
Diese betrifft allerdings industrieorientierte Sparten. Die neueste Fertigungstechnik für Consumer-Geräte gibt's hier tatsächlich nicht.
Dafür lagen und liegen die hiesigen Schwerpunkte in Forschung und Industrieförderung zu sehr woanders.
Eigentlich schade.
Es gibt genügend Branchen, in denen europäische, insbesondere deutsche, Unternehmen weltweit führend zukunftsfähige Geschäftsmodelle haben.
Ironischerweise steht das größte europäische Halbleiterwerk in einer der wirtschaftlich am meisten abgehängten Regionen Europas, auf Sizilien an der Grenze zu Kalabrien, im Zentrum des Mezzogiorno, wo sich 'Ndrangheta und Cosa Nostra einen erbitterten Krieg liefern und zusammen mit korrupten Behörden und Politikern jede wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung verhindern.
Dass sich in den USA das Silicon Valley als „Gehirn der Welt“, das weltweit bedeutendste Innovations- und High-Tech-Industriezentrum der Welt gebildet hat, leigt aktuell an der dort blühenden Startup-Szene, die wiederum auf einem „Spirit of Entrepreneurship“ in Verbindung mit einem extrem lockeren und risikofreudigen Investitionsklima privater Investoren beruht. Nirgendwo sonst ist es leichter, für eine neue Geschäftsidee an frisches Riskokapital zu kommen. Ein wichtiger Faktor sind natürlich auch die extrem forschungsstarken Universitäten in der Region und die Weltoffenheit, wobei sich das gegenseitig bedingt.
Historisch gesehen ist die Konzentration dieses weltweit unvergleichlichen High-Tech.Hubs in der Bay-Area eine Folge der Weltgeschichte, an der auch die Deutschen eine wesentlichen Anteil haben.
Nach dem zweiten Weltkrieg lag Europa in Schutt und Asche. Die USA sowie die UDSSR waren die letzten verbliebenen Weltmächte, wobei erstere das wirtschaftlich leistungsfähigere Gesellschaftsmodell haben.
Ein wirtschaftliches Geschäftsmodell einer Computerindustrie existierte nicht. In der Folge des kalten Krieges und des daraus resultierenden erbitterten technologischen Wettrüstens investierten das US-Militär und die NASA Unsummen an Dollars in die Erforschung der Physik, der technischen Kybernetik und programmierbaren Elektrotechnik. Das Geld floss u.a. an die damals schon renommierten Hochschulen in Kalifornien.
Das alte Europa war zu dieser Zeit immer noch stark mit den Folgen des Krieges beschäftigt. Für derartige Investitionen in nicht Bereiche ohne wirtschaftliches Geschäftsmodell fehlte schlicht das Geld und die Notwendigkeit, war doch für die Sicherheit der große Bruder mit Regierungssitz am Potamac River verantwortlich.
Die Förderung von Industrie und Wissenschaft in den technologieaffinen Nationen Westeuropas spielte sich fortan in anderen Bereichen wie Automotive, moderne Eisenbahntechnik, Atomenergie, lukrativer Low-Tech-Elektrotechnik, Maschinenbau, Medizintechnik, Pharmazie und später auch Luftfahrt ab. In der Luftfahrt ist das technologische Aufholen sogar gelungen. Europa beherbergt heute mit Airbus den größten und bedeutendsten Flugzeughersteller der Welt. Die Geschichte hätte weitaus weniger günstig ausgehen können
Ab den neunziger Jahren dann, als die Globalisierung volle Fahrt aufnahm, entdeckten einige asiatische Länder die Chance, die von dieser rasant wachsenden Branche ausging, und lockten mit günstigen Arbeitslöhnen und Kostenindizes, niedrigen Energiekosten, gezielter Förderung, laxen Umweltauflagen, stabilen politischen Systemen und geringer Regulierung gezielt die neuen Industrien an.
Im Falle von Taiwan verwandelte sich so binnen weniger Jahrzehnte das Land von einer unentwickelten unter gewaltsamen Konflikten leidenden Berginsel unter völkerrechtlich und geopolitisch ungewissem Status beherrscht und tyrannisiert von einer korrupten und autoritären Regime in eine demokratische chinesische Nation, eine der am besten entwickelten Länder der Welt, den bedeutendsten Produzenten von Halbleitertechnologie, eine Nation die Coronapandemie so gut gemeistert hat wie keine andere.
Die Welt wird immer größer und wächst immer mehr zusammen. Das Beste für „den Westen“ und die Gemeinschaft der freiheitlich demokratischen Nationen ist es zusammenzuhalten und gemeinsam aufzutreten, anstatt sich mit Hahnenkämpfen gegenseitig zu schwächen. Nur so kann gegenüber einer erstarkenden, immer selbstbewusster und aggressiver auftretenden Volksrepublik China, die mit ihren 1,4 Milliarden Einwohnern über gigantische Ressourcen verfügt, eine Gegengewicht gehalten werden.
Die Taiwanesen beneide ich um ihr Land, auch wenn dieses heute nach der größten Katastrophe des jungen 21. Jahrhunderts besser dasteht als je zuvor, dennoch nicht. Die Zeichen der Zeit stehen nicht gerade gut für Taipehs Souveränität. Wo heute noch für Apple die besten Chips exportiert werden, kann morgen schon der Drache Feuer spucken. Hong Kong bietet eine beängstigende Vorschau auf Bejings Verständnis von Weltpolitik, Rücksicht auf internationale Verträge und die Interessen anderer Nationen.