ghecko schrieb:
Nun im
Gegensatz zu Herrn Bezos bezahle ich meine Steuern. Nach allgemeinen Kriterien mache ich es also bereits besser.
Und falls du unternehmerische Leistungen meinst, da gibt es genug die gut wirtschaften und ihre Mitarbeiter fair behandeln und bezahlen. Die wird man aber im Wirtschaftsmagazin nie auf den ersten Seiten finden.
ich will bezos nicht in schutz nehmen, aber das mit den steuern ist ein hausgemachtes problem. die methoden bei großkonzernen sind bekannt und werden von der politik gedulded ("Nein!" - "Doch" - "OHHHH") - in amerika wie vorallem auch in europa mit den ganzen steueroasen. anstatt hier nachzuregeln wird an biegeradien von bananen und umfängen von gurken herumdiskutiert aber an die besteuerung von großkonzernen traut sich niemand ran und wir behindern uns gegenseitig mit irgendwelchen blödsinnigen inoffiziellen abkommen in der EU ala "wenn du meine veralteten medienverwertungsrechte unterstützt, bekommst du deine gaspipeline - ein hoch auf unsere steinzeit", während man sich in der IT völlig von amerikanischen und asiatischen unternehmen abhängig macht, weil man nichts auf die kette bekommt, weil zumindest für deutschland das EU parlament nur die endlagerstätte für nicht recyclebare ministerabfälle ist - und in deutschland selbst immer nach hinten und quer politik gemacht wird.
in dem verlinkten artikel mit den chinesischen shops kommt gleich unser nächstes gesellschaftliches problem - wir lassen uns hier in europa nur zu gerne von dem billigen chinascheiß überflüten. es gibt keine gesetzlichen initiativen europäische oder deutsche hersteller am standort im kampf gegen die chinaflut zu unterstützen, bspw mit einer verpflichtenden angabe der herkunft des produkts und der verwendeten rohstoffe auf der packung, am preisschild und im onlineangebot, wie es jetzt bspw. in der USA üblich ist. stattdessen wird so ein "made in germany" / "designed in germany" oder einfach nur "germany" gemurkse gefahren, das sich nur auf vereinzelte gerichtsurteile stützt - diese sind zwar in ihren urteilen richtig, aber es verbleibt eben doch nur bei gerichtsurteilen, die als präzedenzfall dienen - und wo kein kläger, da kein richter. auf den meisten produkten ist nicht direkt ersichtlich, wo sie herkommen - was in der regel bedeutet: china.
es würde bei vielen vielleicht mal ein umdenken stattfinden, wenn man im täglichen leben mitbekommt, dass wir quasi nur noch mit china-ware leben.
ich habe einige verbindungen in mittelständische unternehmen mit 30-150 mitarbeitern und alle ächzen unter dem druck aus china. da ist es egal ob möbelhaus oder high-tech metallverarbeiter. und im gegensatz zu den großkonzernen und den china-sellern tragen unsere mittelständischen unternehmen die hohe steuerlast und hohe standortkosten, während konzerne und china-buden durch ihren hebel den preis immer weiter drücken können - und weil die großen konzerne ihr ganzes know how nach china tragen, werden die chinesischen unternehmen immer konkurrenzfähiger. mercedes will den nächsten verbrennermotor nur noch in china fertigen lassen - bravo.
gut wirtschaften und mitarbeiter fair bezahlen ist kein tragfähiges konzept, wenn das unternehmen dem preisdruck aus china und kostendruck aus deutschland nicht mehr standhält. beispiel: einfacher desinfektionsmittelspender aus deutschem edelstahl in kleinserie bei einem deutschen metallverarbeiter - ab werk 40€ netto ohne verpackung (haben wir selbst abgewickelt, das sind reale zahlen) - das ding käme hinterher bei einer
sehr schlanken händlerkette beim endkunden für 90-120€ an - wir haben den spender in einer mischkalkulation untergebracht und nicht einzeln verkauft. in china kauft man sowas für 12€ und verkaufts für 60€ dem endkunden und hat noch eine massiv höhere % stückmarge, und das obwohl das zeug erst noch um den halben globus verschifft werden muss.
wer kauft denn heute noch ein dreiteiliges messerset aus deutschland für 200€, wenns bei amazon oder lidl ein 5 teiliges für 40€ gibt?
durch die ganze chinaware ist das ganze preis- und wertverständnis (und in gewisser weise auch das gehaltsniveau) in eine enorme schieflage geraten. und da hilft es auch nicht, wenn bspw. WMF nur noch in china produziert und die ware als solche nicht deklariert wird, aber das gute image von WMF weiterhin nach außen getragen wird und entsprechend bezahlt werden will, wobei die preise mancher bestecksets eigentlich geradezu "made in china" schreien. 60 teiliges besteckset für 120€ - made in germany absolut unmöglich - aber china muss nicht billig sein - die hochpreisigen besteckserien von WMF 60 teilig jenseits der 300€ marken werden ebenfalls in china hergestellt. die ganze geschichte um WMF ist ein absolutes drama - sollte man mal nachlesen, wenn sowas interessant ist.
viele deutsche traditionshersteller, die sich fest an den "standort deutschland" geklammert haben, wandern jetzt doch teilweise ins europäische ausland ab - miele mit den waschmaschinen nach polen, festool nach tschechien, wera ebenfalls tschechien.
die großen - siemens, bosch - und die automobilindustrie sind schon viel weiter (östlich).
die derzeitige lage ist pures gift für unsere mittelständischen unternehmen, die ihre mitarbeiter "fair" bezahlen wollen. eine "faire" bezahlung oder "faire" bepreisung ist aber in deutschland auch nicht unbedingt die regel - man denke mal an die ganzen personalvermittlungsfirmen, wo nur schnell umverteilt und zu schlechteren konditionen für den arbeitnehmer vermittelt wird, als vergleichsweise eine direkt anstellung im unternehmen (großes problem bei daimler bspw.), den dienstleistungssektor (finanzen oder pflege), wo massiv überstunden geschoben werden und lebensmitteldiscounter, die ihre ware auch nur so billig wie möglich einkaufen und über broker bspw. milchbauern massiv unter druck setzen. oder die ganze geschichte mit dem deutschen dumping-schweinefleisch, das im kilo weniger kostet als käse - zu dem thema direkt aktuell zu corona - das "angestellten"drama bei tönnes - man könnte gerade meinen das ist foxconn mit speck.
man braucht hier nicht mit dem finger auf jeff bezos zeigen, der erfolgreich den kapitalismus durchgespielt hat, wenn wir als gesellschaft durch unsere politik und unser konsumverhalten genau dieses eine ergebnis produzieren.