Grenzenloser Indivudialismus versus Gesellschaft

Adam_Smith

Lt. Commander
Registriert
Aug. 2007
Beiträge
1.548
Hallo,

in diversen Diskussionen klang dieses Thema schon am Rande an, warum ihm nicht also einen ganzen Thread gönnen.

Ich möchte ihn mit zwei Fragen eröffnen:

- Denkt ihr, dass Individualismus und Gesellschaft zwei Begriffe sein können die unter bestimmten Voraussetzungen in Konflikt zueinander stehen?

- Welcher dieser beiden Begriffe nimmt in eurem Leben den höheren Stellenwert ein?


---------------------------------

Meine Antworten:

1.)

Ich denke durchaus, dass ein falsch verstandener, bzw. zu exzessiv gelebter Individualismus dem gesellschaftlichen Zusammenleben schaden kann. Individualismus bedingt immer ein gewisses Maß an Egoismus und allein schon aus diesem Grund ist in meinen Augen der Konflikt gegeben.

2.)

Ich für meinen Teil habe erkannt, dass zwischen mir als Individuum und der Gesellschaft eine Art wechselseitige Abhängigkeit besteht. Dabei ist ist in meinem Sinne das die Gesellschaft gut "funktioniert". Der Nutzen den ich daraus ziehen könnte ist, langfristig betrachtet, in jedem Fall groß.
Die alternative zur funktionierenden Gesellschaft ist eine "Gesellschaft" in der jeder primär die eigenen Interessen vertritt. Dies könnte sehr negative Folgen auf mein Leben haben.
Für mich ergibt sich daraus, dass ich beide Begriffe irgendwie in Einklang bringen muss. "Versuche deine Interessen so einzusetzen, dass sie der Gesellschaft dienen." so etwas in der Art.
 
Ich frage mich eher gibt es 100%igen Individualismus? Oder ist in jedem von uns ein Stück Individualismus?
Ich denke ohne Individualismus gibt es keine Gesellschaft da alle neben einander her Leben gleiche Ziele, gleiche Werte, das kann ich nicht Gesellschaft nennen.
Gesellschaft ist ein Stück konkurrenz.
 
Wenn ich es am Geld festmache, ist der Konflikt gut sichtbar. Einerseits möchte ich als Individuum möglichst wenig Steuern in die öffentlichen Kassen einzahlen. Andererseits nehme ich die Annehmlichkeiten der Gesellschaft (speziell die Infrastruktur) gerne in Anspruch, die aus Mitteln der Gemeinschaft finanziert worden sind. Wenn sich jeder die Höhe seiner Steuerzahlungen selbst aussuchen dürfte, wäre die Gemeinschaft dahin. Dann ginge bei vielen vermutlich der Eigennutz vor dem Gemeinnutz und am Ende stünden wir alle schlechter da als jetzt.

Eine andere Ebene ist die Frage nach der persönlichen Verantwortung. Das Streben nach individueller Freiheit – in Verbindung mit den vorhandenen Möglichkeiten – führt dazu, dass vormals persönliche Lasten auf die Gesellschaft übertragen werden. Das kann man gut bei der Pflege beobachten, wenn betagte Eltern ohne Not in Altersheime abgeschoben werden. Auf diese Weise werden persönliche Lasten auf die Gemeinschaft abgewälzt, weil es bequem ist.

Ein dritter Punkt ist die Kindererziehung. Der Generationenvertrag (bzw. das, was noch davon übrig ist), kann nur funktionieren, wenn es eine ausreichend große Generation gibt, die nachwächst. Von diesem ungeschriebenen Gesetz haben viele derjenigen, die in den 60er-Jahren (und danach) geboren wurden, mittlerweile verabschiedet. Kinder kosten Zeit, Geld und Nerven und sie schränken in mancher Hinsicht die persönliche Entfaltung ein (das ist auch meine persönliche Meinung), weshalb man gerne und bewusst auf sie verzichtet. Das ist ebenfalls eine Ausprägung des Individualismus.

Passend zum Thema: http://de.wikipedia.org/wiki/Die_acht_Todsünden_der_zivilisierten_Menschheit
 
Für mich ist die logische Konsequenz aus Keshkaus Ausführungen, dass eine Gesellschaft, in der jeder Einzelne immer individueller wird/sein will, auch gleichzeitig die Eigenverantwortung steigen muss. Wenn ich keine Kinder haben will um meine persönliche Entfaltung nicht einzuschränken, dann muss ich auch selber fürs Alter vorsorgen und kann nicht von der Solidargemeinschaft erwarten, dass sie das übernimmt. Wenn mir die Pflege meiner Eltern zu lästig wird und ich sie auf die Gesellschaft abwälzen will wie Keshkau so schön sagt, dann muss ich für meine eventuelle eigene Pflege im Alter auch selber finanziell vorsorgen und kann nicht von der Solidargemeinschaft erwarten, dass sie das übernimmt. Ein Paradebeispiel zu diesem Thema ist für mich auch das Rauchen: Raucher argumentieren ja immer, dass sie schließlich ihre eigene Gesundheit schädigen und es ihre persönliche Freiheit sei, dies zu entscheiden. Schön und gut. Aber wer bezahlt später die Behandlung seines Lungenkrebses? Die Solidargemeinschaft! Wenn jemand meint rauchen zu müssen, dann bin ich auch dafür, dass er alle dadurch auftretenden eventuellen Kosten für Krankheitsbehandlung SELBER trägt. Weiteres Beispiel: Wenn ich wenig Steuern zahlen will, kann ich keine großen Sozialleistungen vom Staat erwarten, sondern muss selber vorsorgen.

Zusammenfassung: Viel Individualismus in einer Gesellschaft funktioniert in meinen Augen nur mit viel Eigenverantwortung. Wer das eine will, muss das andere mögen. Seine eigenen Kindern hält man ja auch immer vor, dass sie die Rechte eines Erwachsenen nur in Anspruch nehmen können, wenn sie auch die Pflichten eines Erwachsenen in Anspruch nehmen. So könnte man auch das Verhältnis zwischen dem Staat und seinen Bürgern beschreiben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Genau das, was Du angesprochen hast, passiert gegenwärtig bei der Rente. Es kommen zwar noch weitere Faktoren hinzu (hohe Arbeitslosigkeit und gestiegene Lebenserwartung), aber im Kern zahlt die von mir angesprochene Generation 40+ die Rechnung für ihren Mangel an Gebär- und Erziehungsfreudigkeit.

Dem Schicksal seiner eigenen „Kohorte“ kann niemand entkommen. Die geburtenstarken Jahrgänge spüren das seit dem Kindergarten, der möglicherweise schon überfüllt war, dann in der Schule, bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, an der Hochschule usw. – später eben auch bei der Rente. Diese Jahrgänge haben das Problem des Generationenvertrages mutwillig verschärft und bekommen dafür die Quittung.

Aber das von mir erwähnte Abwälzen hat mehr als nur „formale“ Auswirkungen. Es geht vordergründig um Einsparungen an Zeit, Geld und Nerven, wenn man z. B. selbst keine Pflege übernimmt. Doch die Folgen wiegen schwerer. Die Generation im mittleren Alter lebt ihren eigenen Kindern heute vor, wie man mit alten Leuten umgeht. Wenn sie später selbst gepflegt werden will, werden ihre Kinder sie nur noch auslachen.

Mit diesen Effekten der Abwälzung und der Vergesellschaftung sozialer Kosten werden gleichzeitig soziale Beziehungen verändert. Warum sollte man selbst noch jemandem helfen, wenn es dafür „soziale Einrichtungen“ gibt?
 
Adam_Smith schrieb:
- Denkt ihr, dass Individualismus und Gesellschaft zwei Begriffe sein können die unter bestimmten Voraussetzungen in Konflikt zueinander stehen?

Ich behaupte, daß es den Begriff des einen ohne den Begriff des anderen nicht geben kann, so wie es "hell" nicht ohne "dunkel" oder "süß" nicht ohne "sauer" gibt. Wenn es "süß" nicht gäbe, hätte man für "sauer" keinen Begriff geprägt (oder umgekehrt). So sehe ich es auch mit Individualismus und Gesellschaft. Beide stehen konträr zueinander, und doch kann das eine nicht ohne das andere. Da gab es doch auch mal den Begriff von Einheit und Kampf der Gegensätze...:D
 
Natürlich kann der Individualismus der Gesellschaft im Wege stehen und umgekehrt, muss er aber nicht.

Jeder Mensch ist individuell und muss sich letztlich doch in die Gesellschaft einfügen, nur um zu überleben.

Für mich kann das versus(deutsch gegen glaub ich) durch und ersetzt werden. Wobei ich sagen muss, alles hat seine Grenzen, auch der Individualismus.
 
Ich schließe mich den Gedanken von wiesel an. Beides muss eine Einheit ergeben und keine Seite kann ohne die andere existieren. Ein extremer Individualismus würde in eine Art Ideologie umschlagen und den Kreis schließen zu einer Gesellschaft in der jeder so sehr ein Individuum ist, dass sich wiederum alle gar nicht mehr voneinander unterscheiden. Was ich meine kann man sich gut daran verdeutlichen: Im absoluten Licht kann man genausowenig sehen/erkennen wie in absoluter Dunkelheit. Und das, obwohl Licht und Dunkelheit eigentlich Gegensätze sein sollen. In ihren jeweiligen Extremen aber bewirken sie dasselbe Ergebnis.

Ich gehe davon aus, dass der einzelne Mensch in einer idealen Gesellschaftsordnung sein individuelles Dasein bestätigt sieht in den Formen der Institutionen, die nicht gegen, sondern für den Menschen da sind und die sich dem Menschen nicht gegenüber verselbständigen, sondern in und durch ihn erst da sind.
Das allgemeine Wollen der Gesamtheit der Individuen, das ich jetzt mal als vernünftig setze, verwirklicht sich auf diese Weise. Dadurch spiegelt sich in jeder Besonderheit (Individuum) die Allgemeinheit aller Individuen (Gesellschaft) und umgekehrt. Die einzelnen Individuen stehen auf dieser Stufe nicht mehr in einem äußerlichen, willkürlichen Widerspruch zueinander, sondern dieser Widerspruch ist jetzt nur noch Moment einer höheren Ordnung. Auf diese Weise kann jeder zwar verschieden sein, aber nicht mehr so, dass sein Interesse in der Lage wäre andere Interessen zu ersticken und/oder zu verhindern. Das aber geht wie gesagt nur, wenn die Interessen selbst, wie verschieden sie sein mögen, vernünftig sind, also dem Wohl und dem Erhalt aller dienen.
 
Ich glaube hier wird etwas am Thema vorbeigeredet. Es geht nicht um die Frage von egoistischem und altruistischem bzw. sozialem Handeln.

Individualismus ist ja nicht zwangsweise konträr zur Gesellschaft, sagen wir zum Mainstream, er kann durchaus gesellschaftskonform sein.
Stellt sich nun die Frage ob es absoluten Individualismus gibt oder ob wir uns nicht einfach immer irgendeiner Gruppe zuordenen. Ob wir bei der Wahl des Lieblingsliedes, des Autos, der favourisierten politischen Einstellung nicht einfach aus einem Bund gemischten Angebot auswählen und uns so den eigenen "individuellen" Mix zusammen stellen.
Kann man sich wirklich von allen Gesellschaftlichen Normen, Wertvorstellungen, Vorlieben etc. lösen und als vollkommenes ich-bezogenes Individuum durch die Welt schreiten?

Ich denke dieser Status des seins ist erleuchtetten Mönchen vorbehalten ;-)
 
Jeder lebt mitten in dieser Gesellschaft, weswegen er auch von ihr beeinflusst wird. Doch heute reden wir schon von einem Individualurlauber, wenn jemand keine Pauschalreise bucht, sondern sich selbst um die Anreise kümmert und sich vor Ort nach einer Übernachtungsmöglichkeit umsieht bzw. diese selbst bucht (vgl. Rucksack-Touristen).

Wenn Du mittags ein Stück Fleisch auf dem Teller haben willst, dann wirst Du in aller Regel aus dem bestehenden Warenangebot auswählen (müssen). Nicht jeder hat ein paar Hühner im Hof und die Lust, denen den Hals umzudrehen.

Meiner Meinung nach geht es beim Individualismus um das Verhältnis des Einzelnen zur Gemeinschaft: Mache ich jeden Trend mit (vielleicht auch nur deshalb, weil mein Geschmack dem des Mainstreams entspricht, passe ich mich aktiv den Trends an (Mode) oder gebe ich nichts darauf und schau nur auf das, was mir gefällt?

Wenn Du meinetwegen gerne Punkmusik hörst, dann werden manche Leute darüber nur den Kopf schütteln und sagen, Punk sei tot. Entweder gefällt ihnen dann diese Musikrichtung nicht oder sie halten Deinen Geschmack für nicht mehr zeitgemäß. Wenn jemand eine „kollektivistische“ Geisteshaltung hat, wird ihn eine solche Kritik möglicherweise beeindrucken. Einem Individualisten sollte das schnuppe sein, wenn er sich nicht sogar einen Spaß daraus macht, anders zu sein als die anderen.

In manchen Bereichen akzeptiert die Gesellschaft diese Andersartigkeit ausdrücklich. Sie spricht dann z. B. von den „bunten Vögeln“ oder „Originalen“. http://de.wikipedia.org/wiki/Stadtoriginal

Im Eingangsbeitrag wurde ausdrücklich auf den möglichen Konfliktstoff zwischen Individualismus und Gesellschaft abgestellt. Und ich denke, da sind wir bisher auf dem richtigen Weg.
 
keshkau stimme zu. Wo du gerade die Punkszene ansprichst.
Grade da sieht mMn das Missverständnis zwischen anders sein und echtem Individualismus. Es geht darum aus der Gesellschaft aus zu steigen, anders zu sein, seine individualität zu zeigen aber das wird dadurch gemacht, dass man sich genau so kleidet und genau so verhält wie es die Subkultur und das gesellschaftliche Klischee von einem verlangt.

Ich persönlich versuche so gut wie möglich meine individuellen Wünsche aus zu leben, gesellschaftliche Normen und Sitten, die meitens ja durchaus Sinnvoll und Nützlich sind, setzen da natürlich gewisse Grenzen. Ob es sich bei meinen vermeintlich eigenen Wünschen und Gedanken nicht eigentlich um durch äußere Einflusse manipulierte und induzierte Impulse handelt, kann sehr gut sein. Da hilft wohl nur eine tiefe und zu sich selbst ehrliche Besinnung um heraus zu finden, was man selbst wirklich will (zum Beispielsweise bei wichtigen Entscheidungen im Leben).
 
Bei den (vorwiegend jugendlichen) Subkulturen ist mir das auch schon immer aufgefallen, dass die Anhänger einer bestimmten Szene oder die vermeintlichen "Punk-Aussteiger" stets genauso aussehen müssen wie sie ausssehen.

Ich habe das absichtlich nicht thematisiert, weil ich den Kids zugestehe, diesbezüglich noch keine eigenständige Persönlichkeit entwickelt zu haben. http://www.spiegel.de/schulspiegel/leben/0,1518,564637-13,00.html

Da hilft wohl nur eine tiefe und zu sich selbst ehrliche Besinnung um heraus zu finden, was man selbst wirklich will
Viele wollen einfach nur nicht auffallen oder blöd angemacht werden, viele wollen einfach nur "dazugehören".

Auch ganz witzig: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/2002/aalglatt_bis_zum_anschlag.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich verstehe das Thema so, dass ich unterscheide zwischen meinen Bedürfnissen und den Bedürfnissen der Gesellschaft.
Wenn ich vornehmlich meinen Bedürfnissen nach lebe, lebe ich gerade meine Indiviualität aus.
Wenn ich aber z.B. morgens um 8.oo bei der Arbeit bin, obwohl ich noch viel viel lieber ausgeschlafen hätte,
dann habe ich mich ein Stück weit angepasst verhalten und die gesellschaftlichen Bedürfnisse mehr in den Vordergrund gerückt.
Wobei es da aber nicht immer so klare Linien und hier und da immer wieder auch Überschneidungen gibt.

Individualismus wortwörtlich genommen meint ja auch eine übersteigerte Form der Individualität.
An der Stelle ist es für mich nur logisch, dass es da zwangsläufig zu Konflikten mit der Gesellschaft kommt.
Alles, was irgendwie extrem ist, stößt ja auf stärkere Kritik oder wirkt mitunter gar provokativ.




@ keshkau

Die geburtenstarken Jahrgänge spüren das seit dem Kindergarten, der möglicherweise schon überfüllt war, dann in der Schule, bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, an der Hochschule usw. – später eben auch bei der Rente. Diese Jahrgänge haben das Problem des Generationenvertrages mutwillig verschärft und bekommen dafür die Quittung.

Was ist das denn für eine Denkweise?
Merkwürdig, aber interessant. :))
Du machst den Menschen also selber für seine eigene Geburt verantwortlich?
Find ich schon abenteuerlich, deine Ansicht.

Kein Wunder, dass wir schon in dem anderen Thread aneinander geraten sind. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Du machst den Menschen also selber für seine eigene Geburt verantwortlich?
Falsche Schlussfolgerung Deinerseits. Der Mensch kann nichts für seine Geburt. Aber er muss damit leben, in einem geburtenstarken oder geburtenschwachen Jahrgang geboren zu sein. Beides hat Vor- und Nachteile. Wichtig ist die Feststellung, dass man sein Leben lang daran gebunden ist. Eine "Überfüllung" mit Gleichaltrigen zieht sich nun einmal vom Kindergarten bis ins Altenheim durch.

Achte mal auf die Anpassungen in der Sozialgesetzgebung (Rente mit 67 usw.) und andere gesetzliche Änderungen. Die Rente mit 67 trifft erstmals den Jahrgang 1964 - und alle nachfolgenden Jahrgänge. Das ist kein Zufall.
 
Achte mal auf die Anpassungen in der Sozialgesetzgebung (Rente mit 67 usw.) und andere gesetzliche Änderungen. Die Rente mit 67 trifft erstmals den Jahrgang 1964 - und alle nachfolgenden Jahrgänge. Das ist kein Zufall.

Ja, klar. Glaub ich dir sofort. Hab da vor grauen Urzeiten auch mal was von gehört.


Falsche Schlussfolgerung Deinerseits.

Nein. Lies es dir nochmal durch! Du hast dich falsch ausgedrückt.

http://www.rzuser.uni-hd.de/~cd2/drw/e/mu/twil/mutwillig.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
Das sind zwei verschiedene Dinge. Die geburtenstarken Jahrgänge (1960er-Jahre) können nichts dafür, dass in ihren Jahrgängen viele andere Kinder geboren wurden. Hier mache ich also niemanden für seine Geburt verantwortlich.

Im zweiten Schritt habe ich über den Generationenvertrag gesprochen. Nach den 1960er-Jahren gingen die Geburtenraten (bzw. Fertilität) zurück. Als die geburtenstarken Jahrgänge im Alter von 20-40 Jahren waren, hatten sie es selbst in der Hand, das Steuer herumzureißen. Das haben sie nicht gemacht, weil sie sich oftmals gegen Kinder entschieden haben (auch aus egoistischen Gründen). Das ist die Mutwilligkeit, weil hier gewusst gegen den "Generationenvertrag" verstoßen wurde bzw. gegen die Gesetzmäßigkeiten, die ihm zugrunde liegen.

Wenn sich die Lebenserwartung nicht ändert, muss jede Frau durchschnittlich 2,1 Kinder zur Welt bringen, um die Bevölkerungsstärke zu erhalten. Dieser Wert wird längst nicht erreicht. Das Problem ist nicht die Verkleinerung der Bevölkerungszahl, sondern die damit verbundene Alterung.

Wen kann ich dafür verantwortlich machen? Natürlich nur diejenigen, die Eltern hätten werden können, aber es nicht geworden sind (also mich). Außerdem diejenigen, die zu wenig Kinder bekommen haben.

Diese Generation bekommt im Alter die Quittung präsentiert. Ein Teil davon ist die Anhebung des Renteneintrittsalters.
 
Ok. Das konnte ich da oben so nicht rauslesen.

Ich hab übrigens auch keine Kinder (74er). Aber ich denke, da bin ich nicht einfach so alleine für verantwortlich.
Wenn ich mir die Lebensumstände anschaue, dann war das nichtmal unklug bisher.
Das wirkt sich halt "nur" negativ auf meine (unsere) Rente aus.
Was willste machen?
Man könnte auch die Feminismus-Bewegung für die Zeugungsunlust der Männer verantwortlich machen.
Oder ich mache meine Ex-Freundin veranwortlich, weil sie lieber Ärztin geworden ist.
Wie gesagt, da spielen für mich viele Dinge eine Rolle.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der springende Punkt ist die Wechselbeziehung zwischen Eigennutz (keine Kinder zu bekommen) und Gemeinnutz (allen Rentnern ihre Rente finanzieren zu können). Nun würden andere Leute vermutlich sagen, keine Kinder zu haben sei kein Nutzen, sondern ein Mangel. Aber das entscheidet jeder für sich selbst.

An diesem Beispiel (das ja nur eines von vielen ist) kann man sehen, wei der Konflikt zwischen Individualismus und Gesellschaft konkret ausgestaltet sein kann. Andere Beispiele habe ich schon weiter oben gebracht, etwa die Steuern. Individuell gesehen zahlt niemand gerne (viele) Steuern, gesellschaftlich betrachtet wollen alle Bürger dennoch eine gut funktionierende Infrastruktur vorfinden.

Die persönlichen und die gesellschaftlichen Ziele müssen aber keineswegs immer in Konflikt zueinander stehen. Manchmal ist die Zielbeziehung neutral, manchmal ist die Stoßrichtung identisch. Wenn z. B. jemand Spaß daran hat, sich sozial zu engagieren, dann hilft das ihm selbst, aber auch der Gesellschaft.
 
Ein schönes Beispiel ist da auch der Fotograf, der Spaß am Fotografieren hat.
Bei ihm kann es nämlich so sein, dass zwei Kumpels sich seine Fotos anschauen, wobei die Bilder dem einen gefallen und der andere findet sie hässlich.
Da hat der Fotograf mit quasi einer Tat einmal positiv individuell, einmal positiv gesellschaftlich und einmal negativ gesellschaftlich gehandelt.
 
Dies ist sicher m.E. immer auch eine systemimmanente Sache/ Problematik. Welche System (>>Gesellschaft) für den Individualismus. OK, der Kapitalismus ist der ideale Nährboden für den Individualismus.

Wer kann sich abs. (Individualismus ist ein Gedanken- und Wertesystem, in dem das Individuum im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Im Gegensatz zum Individualismus steht der Kollektivismus.) leisten und wenn ja welchen Preis hat's.
Praktische Lebensphil.: Je länger der Bart um so weniger Freunde?
Marx hatte vielleicht deshalb soviele Kinder! :D
 
Zurück
Oben