Grenzenloser Indivudialismus versus Gesellschaft

keshkau schrieb:
Der springende Punkt ist die Wechselbeziehung zwischen Eigennutz (keine Kinder zu bekommen) und Gemeinnutz (allen Rentnern ihre Rente finanzieren zu können). Nun würden andere Leute vermutlich sagen, keine Kinder zu haben sei kein Nutzen, sondern ein Mangel. Aber das entscheidet jeder für sich selbst.
Oho, nein nein! Ich habe mich mal unter einigen Frauen mit Kindern umgehört. Für die wenigsten war der Kinderwunsch eine echte Entscheidung, die meisten beschrieben das als diffuses Gefühl: Etwas das einfach zum Leben dazu gehört.
Das fängt damit an, dass man seinem Leben einen Sinn geben will und endet damit mit der sehr bewussten Entscheidung der Reproduktion inkl. Weitergabe der eigenen Werte.

Wie auch immer, so wie ich das mit meinen jungen Jahren sehe, lassen sich die wenigsten Leute vom sog. Gemeinnutz beeinflussen. Man ist sich zwar klar, dass die statistischen 1,4 Kinder pro Frau wirklich nicht so dolle ist, aber niemand fühlt sich dafür verantwortlich. Im Gegenteil: Man argumentiert sogar, dass der Staat einen nicht genug unterstützt.
 
Denkt man nur an sich selbst, ist das steinzeitlich bzw. gänzlich unzivilisiert. Denkt man nur an die Gesellschaft, handelt man entgegen der eigenen Natur und findet sich in einem unfreien, kommunistischen System wieder.

Die Mischung macht's. (Wer hätte das gedacht?)
 
@Odium
Ich habe das so gemeint: Für die Gesellschaft wäre es hilfreich, wenn die Frauen im Schnitt ihre 2,1 Kinder (oder mehr) bekämen. Damit wäre jede Frau mit zwei Kindern in der Pflicht, wenn man so will. Das wäre die von der Gemeinschaft angestrebte Vorgabe (= Gemeinnutz).

Die einzelne Frau bzw. der dazugehörige Mann kümmert sich jedoch kein bisschen um diese gesellschaftliche „Notwendigkeit“, die für das eigene Leben als nicht relevant empfunden wird. Schließlich gibt es noch so viele andere potenzielle Eltern, die einspringen könnten. Man fühlt sich überhaupt nicht zuständig, obwohl man ein Teil dieser Gesellschaft ist und eigentlich seinen „Beitrag“ leisten müsste – wenn man ehrlich zu sich selbst ist –, damit das Rentensystem auf lange Sicht reibungslos funktionieren kann.

Lassen wir die Sonderfälle für die Betrachtung außen vor, insbesondere Gründe wie Zeugungsunfähigkeit, fehlender Partner und Homosexualität.

Nun gibt es die erste Gruppe von Frauen bzw. Männern, die eigene Kinder als eine Selbstverständlichkeit ansehen. Sie entscheiden sich vielleicht nur unbewusst dafür, aber vor allem nicht dagegen. Wenn der Wunsch nach Kindern vorhanden ist, sozusagen als Eigennutz für das persönliche Lebensglück oder den Sinn des Lebens, dann gibt es erst einmal keinen Konflikt zwischen der individuellen Entscheidung und dem, was für die Gemeinschaft nützlich ist, ganz unabhängig davon, woher der Kinderwunsch kommt und wie er begründet wird.

Die zweite Gruppe der Frauen und Männer entscheidet sich im Gegensatz dazu aus verschiedenen Gründen bewusst gegen Kinder, und zwar in dem Wissen, damit gegen das Gemeinwohl zu verstoßen. Für diese Menschen sind eigene Kinder nicht erstrebenswert. Sie werden vielleicht als Groschengräber, Nervensägen, Zeitdiebe oder Ego-Ratten betrachtet. Man weiß es im konkreten Fall nicht.

Oft sind es rein egoistische Gründe, die zum Verzicht auf Kinder führen. Man spart sich die lebenslange Verantwortung, die Zeit, die Nerven und das Geld. Dann liest man in der Zeitung, dass die Frauen in Deutschland zu wenig Kinder bekommen und denkt sich: „Na und? Das ist mir doch egal!“

Hilfsweise kann man sich einige Ausreden überlegen: Der Staat hilft uns nicht genug, die Wohnung ist zu klein, das Geld reicht nicht. – Aber schauen wir uns an, unter welchen Bedingungen Kinder in anderen Teilen dieser Welt geboren werden oder wie Familien mit Kindern vor 60 Jahren in Deutschland gelebt haben. Die Natur hat es anscheinend nie gejuckt, wie die äußeren Bedingungen sind. Alles nur Ausreden, weil der Eigennutz vorgeht.
 
@keshkau

Wie entscheidet man sich unbewusst für Kinder? Was meinst Du damit? Die Entscheidung für Kinder ist m.E. bewußter als keine Entscheidung zu treffen, also keine Kinder zu bekommen.

Ich denke auch, dass gerade der Kinderwunsch, wie Du schon geschrieben hast, mit der Gemeinschaft nichts zu tun hat sondern meist eine der emotional eigennützigsten Entscheidungen ist, die man trifft.
Ich habe noch niemenden getroffen, der meinte, dass er KInder habe, weil er der Gemeinschaft etwas Gutes tun wollte. Vielmehr dienen Kinder der eigenen emotionalen Befriedigung. Sie machen i.d.R. glücklich.

Der Kinderwunsch ist in der Regel ein Bedürfnis, welches laut Maslowscher Bedürfnispyramide zu den Grundbedürfnissen von Menschen zählt.
Wird sich gegen Kinder entschieden würde das bedeuten, dass andere Bedürfnisse stärker wirken. (soziale Anerkennung, Selbstverwirklichung, etc.) Ich denke, dass der soziale Status hier die entscheidende Rolle spielt. Ein gute berufliche Position, ein Porsche oder ausgeprägtes individualistisches Verhalten ernten größere Bewunderung als Kinderreichtum.

Es ist und bleibt eine individuelle und eigennützige Entscheidung und Bedürfnisabwägung, die mit der Gesellschaft nichts zu tun hat.

MFG
 
Das ist nicht unbedingt auf meinem Mist gewachsen, sondern stellt meine Interpretation dessen dar, was Odium schrieb: "Für die wenigsten war der Kinderwunsch eine echte Entscheidung, die meisten beschrieben das als diffuses Gefühl: Etwas das einfach zum Leben dazu gehört."

Das soll heißen, dass eigene Kinder mehr oder weniger vorbehaltlos als der "Normalfalll" angesehen werden, ohne dass man zuvor intensiv über das Pro und Contra nachgedacht und eine bewusste Entscheidung gefällt hatte.

Die Frau setzt zwar irgendwann bewusst die Pille ab, doch die Entscheidung für Kinder ist gar keine "echte" Entscheidung gewesen, weil man einfach eine Erwartungshaltung erfüllt hat.

Aber wie gesagt, die Sache mit dem "diffusen Gefühl" kam von Odium.


Das Thema Individuum versus Gesellschaft lässt sich auch an anderen Dingen festmachen, z. B. beim Thema Wehrdienst und Bundeswehr. Viele Leute haben kein Problem damit, dass es eine wie auch immer geartete Bundeswehr gibt. Dafür braucht man wiederum Personal. Aber längst nicht jeder wäre bereit, Zeitsoldat zu werden oder freiwillig seinen Wehrdienst abzuleisten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Kinderkriegen als natürlicher Teil des Lebens und damit unbewusst "verankert". Ok!

Ich glaube, dass viele Leute schon das Gefühl haben, genug für die Gesellschaft zu tun. Hier sind Sozialabgaben, Steuerlast etc. der Hauptgrund. In Staaten mit geringeren zu finanzierenden sozialen Leistungen ist z.B. die allgemeine Spendenbereitschaft (Naturkatastrophen mal ausgenommen) für sozial Schwache höher als in Deutschland.

Daher denke ich, Wehrdienst oder Zivildienst passen da auch hinein, dass das Individuum schon über eine gewisse uneigennützige, gesellschaftlche Grundverantwortung verfügt, diese aber immer hinter persönlichen Bedürfnissen zurücksteht.

MFG
 
Ein Paradebeispiel hat heute der Profi-Radsport geliefert. Der einzelne Radler denkt sich, er allein könne ja ruhig dopen. Nun haben das mehrere Radler gedacht und dadurch dem gesamten Profi-Radsport die Basis der beruflichen Existenz demontiert - zumindest in Deuschland.

Ausbaden dürfen es die ehrlichen Sportler und unzählige Radsportfans, die bei ARD und ZDF zukünftig keine Übertragungen mehr zu sehen bekommen.
 
hi all,

verstehe nicht ganz was hier mit dem Kinderkriegen gemeint ist, wenn von Grenzenloser Indivudialismus versus Gesellschaft die Rede ist.

ok, pluralismus ! läßtletzlich so ziemlich alles tolerierbar und ermöglicht die eigentl. (angenäherte)freiheit und umfaßt immer
jede in größtmöglicher form der seins-lage die summe der individien, die ihre identität leben wollen.

der sonnenstaat siehe auch Tommaso Campanella (* 5. September 1568 in Stilo (Kalabrien); † 21. Mai 1639 in Paris)

Campanella entwarf die Utopie eines Gemeinwesens mit Zügen....

In dem Staatsmodell von Kant steht die Freiheit der Bürger an erster Stelle. ..... kommen, wobei aber deutlich wird, wie sehr sich hier individual- und gesellschaft nie harmonieren od. schlicht gesagt: vom ansatz schon problematisch und konflikte vorprogrammiert sind.

Rainer Langhans - Theoretiker der 68er-Generation
Die Kommune I entstand aus der außerparlamentarischen Opposition der Studentenbewegung. Sie war gedacht als Gegenmodell zur bürgerlichen Kleinfamilie, als Reaktion auf eine Gesellschaft, die von der Kommune als sehr konservativ eingeschätzt wurde und Indivudialismus im immanenten Sinn eigentlich unmöglich machte.

cya all

TS
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben