Counter-Speech kann nichts bei denen bewegen, die den Anlass dazu geben ... die sind aber auch garnicht das Ziel (bei denen ist eh schon zu viel kaputt).
Wenn ich einer Meinung fundiert widerspreche, dann gebe ich damit alternative Interpretationen. Wenn das auch nur bei einem Leser am unreflektierten "jawoll ... ist doch wahr" vorbeiführt, habe ich schon genau das erreicht, was ich möchte.
Die größte Gefahr bei gesetzeswidrigen Kommentaren ist doch die, dass sie den Lesern z.B. aufgrund aktueller Vorkommnisse oder Medienberichte bestätigen ... eben das "endlich spricht es mal jemand aus (was ich seit Jahren schon wusste)"-Prinzip, welches nur dann etwas aufgeweicht werden kann, wenn der Leser in direkter Nähe zu diesem Kommentar einen weiteren findet, der eben einen anderen, nicht weniger nachvollziehbaren Standpunkt zum gleichen Thema anbietet.
Beim Leser
kann Counter-Speech etwas bewirken ... natürlich nur, wenn die Kommentare nicht einfach gelöscht werden, denn dann ist der eigentliche Anlass (das Thema) einfach weg.
Das Ziel ist dabei nicht der "Hass"-Poster, sondern eher der Geist des Lesers, ihm wird durch Counter-Speech eine zweite Meinung angeboten, was ihn unter Umständen dazu zwingt, sich etwas eingehender mit dem Thema zu befassen.
Ich halte das für sehr viel leistungsfähiger, als eine Löschung ... zu dieser sollte erst verpflichtet werden, WENN ein Beitrag klar gegen geltendes Recht verstößt - und das hat kein Politiker, Praktikant, Inhaber oder CEO zu entscheiden, sondern einzig ein Richter.
Leider muss unser Rechtssystem dafür etwas zu schwerfällig sein. In der Zeit, in der über
einen gemeldeten Beitrag entschieden wird, tauchen 200 andere der gleichen Sorte auf.
Auf einer legalen Basis ist das nicht anders möglich ... ein vollautomatisches Hau-Ruck-Verfahren könnte hier "helfen" (die frage ist: WEM?), führt allerdings auch schnell in den Abgrund der Zensur oder befeuert Denunziationsorgien a la mittelalterliche Hexenjagd.
Was passiert wohl, wenn jemand seine Zweifel an der Meinungsfreiheit etwas plump geäußert hat, und kurze Zeit später bemerkt, dass dieser Beitrag gelöscht wurde? ... genau - die Löschung ist die beste Bestätigung seiner Meinung, mehr noch, sie dekonstruiert geradezu JEDES Gegenargument.
Genau daher kommt ja dieser ganze Wahn.
Die Meinungsfreiheit verteidigt man nicht mit Löschorgien (oder Bücherverbrennungen), die verteidigt man mit Meinungen.
Vielleicht sollte sich Hr. Kauder mal diesen Liedtext ins Gedächtnis rufen, statt sich an der Schaffung von "Meinungs-Märtyrern" zu beteiligen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Gedanken_sind_frei
Eine Meinung kann man nicht töten, einsperren oder einfach verbieten (egal, wie die Gesetze dazu stehen) ... aber man kann sie verändern.