1. Killerspiele gibt es überhaupt nicht.
Ohne den von Edmund Stoiber geprägten Begriff wäre das gesamte
Verbotsbestreben wohl chancenlos. Das Wort ist ein propagandistisches
Meisterwerk, denn jedes Spiel, das als Killerspiel bezeichnet wird,
verwandelt sich sofort zu etwas abnormalem und nicht schützenswerten.
Wer „Killerspiel“ hört, denkt an etwas krankes, das verboten werden
muss und fragt gar nicht mehr nach, um was es in dem Spiel eigentlich
geht. Was momentan passiert, ist in etwa so, als würde man jeden
James-Bond-Film zum Killerfilm abstempeln, weil darin auf Menschen
geschossen wird und dann die Bevölkerung fragen „Sollen wir
Killerfilme verbieten?“. Natürlich bekommt man auf diese Frage viel
einfacher ein „ja“ als auf die Frage „Sollen wir Bond-Filme
verbieten?“.
2. Computerspiele haben mit Amokläufen nichts zu tun.
Die Attentäter haben nur zufällig die gleichen Spiele gespielt wie
Millionen andere junge Männer. Genau wie sie die gleichen Filme
gesehen, die gleiche Musik gehört und das gleiche Bier getrunken
haben. Die Chance bei etwa 18jährigen Männern ein Computerspiel mit
Gewaltinhalten zu finden ist angesichts der Popularität der Spiele
etwa so hoch, wie bei ihnen einen Actionfilm oder eine Kiste Cola zu
finden. Der Zusammenhang zwischen Amokläufen und Spielen wurde von
den Verbotseiferern selbst hergestellt, um die Verbotsdebatte zu
emotionalisieren und in die Schlagzeilen zu bringen.
3. Für Jugendliche sind „Killerspiele“ bereits verboten.
Der Jugendschutz in Deutschland ist der Verbindlichste in der
demokratischen Welt. In keinem anderen Land wird jedes Spiel vor
seiner Markteinführung von Experten alterseingestuft oder indiziert.
Das Bundesjugendministerium lobt die Arbeit der dafür zuständigen USK
ausdrücklich und sieht keine Notwendigkeit zur Verschärfung
bestehender, strenger Gesetze. Dass Kinder und Jugendliche sich in
deutschen Läden die brutalsten Spiele kaufen können ist schlichtweg
falsch. Leider wird trotzdem immer wieder von einer (nicht
nachgewiesenen) Gefahr für Jugendliche gesprochen und dann, völlig
unlogisch, ein Verbot für Erwachsene gefordert.
4. Nicht mögen ist nicht dasselbe wie verbieten wollen.
Niemand erwartet, dass Computerspiele mit Gewaltinhalten von allen
Menschen gut gefunden werden. Jeder hat das Recht, Gewaltspiele
widerwärtig zu finden und Spiele generell als üble Zeitverschwendung
zu erachten. Das ist aber etwas anderes, als bestimmte Spiele anderen
Erwachsenen (!) generell verbieten zu wollen. Gerade das Tolerieren
andersartiger Meinungen ist es doch, was eine freie Demokratie von
einem totalitären Staat unterscheidet. Leider wird in der Debatte
über die Spiele immer wieder „nicht mögen“ mit „verbieten wollen“
gleich gesetzt. Dabei ist es doch völlig normal, manche
Computerspiele zu verabscheuen, und trotzdem gegen ihr Verbot zu
sein.
5. Die Verbotsdebatte ist ein Ablenkungsmanöver und Spiele
Sündenböcke.
Sebastian B., der Täter von Emsdetten, hat einen mehrseitigen
Abschiedsbrief, Videos, ein Tagebuch und Webseiten hinterlassen. Er
begründet seine über Jahre geplante Tat detailliert. Er wollte sich
an den Menschen rächen, die ihn zum Außenseiter in der Schule
gemacht, gemobbt, geschlagen, getreten und bespuckt haben. Er erzählt
in seinem Abschiedsvideo sogar, wie ihm ein Mitschüler einen mit
einem Feuerzeug erhitzten Schlüssel auf die Hand gedrückt hat. Dass
so etwas den für ein Massaker nötigen Hass erzeugt ist zwar
wesentlich plausibler als die Behauptung, dass Spiele schuld seien,
die detaillierten Begründungen des Täters werden aber von Politikern
und Medien einfach ignoriert, ebenso wie die Tatsache, dass es sich
bei der Tat um eine Nachahmung des Littleton-Massakers von 1999
handelt und Sebastian B. die Täter von Littleton wie Götter verehrte.
Statt über Schulklima, Außenseitertum, Mobbing und Vorbilder für die
Tat, wird ausschließlich über Spiele diskutiert. Immer heftigere
Verbotsforderung und Berichte über gemeingefährliche Computerspiele
sind eben wesentlich schlagzeilenkompatibler als eine schmerzhafte
Selbstanalyse der Gesellschaft.
6. Die Verbotsdebatte ist eine aufgewärmte Hexenjagd und ein
Generationskonflikt.
Mitte des letzten Jahrhunderts war der „teuflische“ Rock’n’Roll an
allem Schuld und sollte verboten werden, in den 80ern waren es
Gewaltfilme, in den 90ern Heavy-Metal-Musik und jetzt sind es eben
Computerspiele. Scheinbar hat niemand gelernt, dass solche von
konservativen Moralwächtern angestachelten Hexenjagden keine Probleme
lösen, sondern nur Ausdruck von Hilflosigkeit und von schwelenden
Generationskonflikten sind.
7. Die Debatte entbehrt jeglicher wissenschaftlichen Grundlage.
Laut Bundesjugendministerium hat die Forschung zur Wirkung virtueller
Gewalt auf Jugendliche „ein breites Spektrum von Ergebnissen
hervorgebracht: Von keinerlei Auswirkung über Aggressionssteigerung,
Verrohung bis zum Aggressionsabbau”. Kein Forscher behauptet
ernsthaft, dass Computerspiele wirklich Schuld an Schulmassakern
sind. Allerdings wird dies in der Medienberichterstattung oft wie ein
Fakt angenommen. Auf der Webseite vom angesehenen
Ober-Killerspielejäger Prof. Dr. Pfeiffer, der den Verbotseiferern
die scheinbar wissenschaftliche Grundlage gibt, findet sich unter all
den Veröffentlichungen nur ein einziges Dokument, dass sich direkt
mit dem Thema „Killerspiele“ befasst: Eine Kirchenpredigt (kein
Scherz) in der er zu dem Schluss kommt, das Computerspiele mit
Gewaltinhalten nicht mit den 10 Geboten vereinbar sind. Amen.
8. Die verbotsgefährdeten Spiele sind das Hobby von Millionen.
Die Spiele, auf deren Verbot Stoiber, Beckstein und andere jetzt
drängen, gehören zu den Meistverkauften weltweit. Sie sind nicht die
Beschäftigung einiger verstörter Jugendlicher, sie sind das Hobby von
Millionen Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten in
Deutschland! Millionen Deutsche würden durch ein Verbot also von
einem weltweiten Kulturphänomen ausgeschlossen und für die Ausübung
ihres Hobbys kriminalisiert. Das klingt eher nach mittelöstlichem
Gottesstaat als nach freiheitlicher Demokratie…
9. Verbote schaden der Demokratie.
Wo kommen wir hin, wenn Abneigungen in Verbote münden und enge
Moralvorstellungen in Gesetze gegossen werden? Ist es nicht der große
Verdienst und der Stolz West-Europas, dass es hier so etwas nicht
gibt? Dass jeder Mensch im größtmöglichen Rahmen die Freiheit hat, so
zu leben wie er möchte? Wenn jeder alles verbieten könnte was ihm
nicht gefällt, wären wir bald in einem totalitären Polizei- und
Überwachungsstaat, in dem nur noch eine Art zu leben toleriert wird
und in dem es keinen Fortschritt gibt. Warum verbieten wir nicht
Fußball, wenn es doch jede Woche zu Hooligan-Ausschreitungen kommt?!
Warum verbieten wir nicht Autorennen? Die sind gefährlich,
verschmutzen die Umwelt und animieren zum Rasen! Warum nicht auch
gleich Zigaretten, und Alkohol verbieten. Beides scheint sowieso ein
Übel für die Jugend zu sein und wurde sicher auch von Robert
Steinhäuser und Sebastian B. konsumiert.
10. Verbote bringen praktisch nichts.
Selbst wenn Verbote gerechtfertigt wären, sie würden nicht greifen.
Da die Spiele im Rest der Welt erlaubt und - anders als in
Deutschland - auch für Jugendliche zugänglich sind, können sie dort
auch erworben werden. So auch in unseren Nachbarländern. Aber auch
ohne diese Möglichkeit wäre der Bezug für Jugendliche kein Problem,
denn der Bezugsweg für indizierte Spiele ist meist nicht der
befreundete Erwachsene, der die Spiele kauft, sondern das Internet.
Mit immer schnelleren Datenleitungen lassen sich die Spiele in
Minutenschnelle aus dem Internet laden. Um ein Verbot wirksam
durchzusetzen, müssten also nicht nur sämtliche Postpakete aus dem
Ausland geöffnet werden, sondern auch Internetleitungen ständig
überwacht werden, was einer Totalüberwachung im Stasi-Stil
entspricht.