Als angehender männlicher Grundschullehrer ein sehr interessantes Thema, auch wenn ich wie viele andere das Programmieren in dieser Altersstufe zu früh finde.
Selbst wenn es sich durchsetzen sollte, wird die Umsetzung wahrscheinlich mit ödem Lehrermaterial via Arbeitsblätter geschehen. Es bedarf einer Fortbildung einzelner Lehrkräfte, und ohne mich einem Klischee bedienen zu wollen, haben die meisten Lehrerinnen einfach kein Interesse daran, Computernutzung als Unterrichtsinhalt zu nehmen. Ältere Kolleginnen können es selbst nicht, bei neuen Lehranwärterinnen wird es wahrscheinlich in den nächsten Jahren anders aussehen, da ein Studium ohne Computer und Internet heutzutage viele Hürden aufbringen würde. Ich sehe mich schon, wie ich später als einziger Mann an einer Grundschule in die Fortbildung zur Vermittlung von Grundkenntnissen im Informatikbereich in der Grundschule gedrängt werde, weil meine Kolleginnen keine Lust dazu haben und weil ich halt ein Mann bin... Dasselbe gilt übrigens auch für den Sportunterricht, mit dem Posten des Schulleiters wird es nicht anders verlaufen.
Die Ausstattung an Grundschulen wird wahrscheinlich auch problematisch sein. Ich kann über eine Schule in Wuppertal sprechen, in der pro Klasse immerhin zwei Computer stehen. Einen Beamer gibt es auch, allerdings steht der in einem Schrank im Flur. Es wird versucht, Medienkompetenz zu fördern, indem sich wöchentlich kleinere Gruppen mit Computer und Internet auseinandersetzen. Doch die Art und Weise, wie dies geschieht: selbstverständlich über Arbeitsblätter. Arbeitsblätter, die so schlecht sind, dass man den tatsächlichen Nutzen hinterfragen muss. Wo ist der Sinn darin, auf einem Arbeitsblatt Bildschirm, Tastatur, CD-ROM etc. zu beschriften?! Für die Kinder ist da überhaupt kein Unterschied zum herkömmlichen Unterricht zu erkennen, weshalb die Begeisterung, die die Kinder mitbringen "Hey, wir machen jetzt was am Computer!!" schnell verfliegen wird.
Die Bildungspolitik ist auch nur mit jahrelanger Verspätung in der Lage, auf eine gesellschaftliche Entwicklung zu reagieren. Es muss erst zu großen Problemen kommen, bis überhaupt eine Maßnahme ergriffen wird. Smartphones und Whatsapp sind natürlich schon in der Grundschule angekommen, die Kinder führen diese teilweise auch schon in der 2. Klasse mit sich. Mit einem Verbot ist es nicht getan, was soll das bringen? Dann greifen die Kinder eben nach der Schule gewohnt zum Smartphone. Der Umgang sollte auch in der Schule thematisiert werden.
Mobbing über Whatsapp ist ein Problem: In einem Fall wurde eine Gruppe erstellt, in der eine Schülerin, natürlich selbst auch Mitglied der Gruppe, übelst beleidigt wurde. Wir sprechen von der 4. Klasse.
In diesem Semester wurde sogar an der Uni Wuppertal ein Kurs angeboten, der sich mit diesen und ähnlichen Problemen auseinandersetzt. Leider wurde im Nachhinein die Modulzuordnung geändert, sodass sich der Kurs nur noch an die Lehrämter für die Sek I und II richtete. Die Begründung war, dass die Inhalte sich nicht mit der Primarstufe decken würden. Eine heftige Ohrfeige...
Wie lange die Politik braucht, um auf solche Veränderungen zu reagieren, lässt sich anhand von Deutsch als Zweitsprache (DaZ) belegen. Erst mit dem neuen Lehrerausbildungsgesetz 2009 (!) sind in NRW entsprechende universitäre Inhalte in diesem Bereich vorgesehen. Dass Migrationshintergrund in vielen Städten schon sehr viel früher an Bedeutung gewonnen hat, ist jedem klar.