MountWalker schrieb:
[...] aber er muss deswegen nicht von Verantwortung für den Lauf der Dinge in der Ukraine und in Syrien freigesprochen werden. [...]
Das ist typisch deutsches Denken. Man richtet über die an dem Konflikt beteiligten Parteien, glaubt, Verantwortung nach moralischen Kriterien zuteilen zu können. Das geht nun schon eine ganze Weile so und wird immer intensiver. Du betrachtest zumindest noch beide Seiten, bevor du zu einem Urteil kommst, viele tun das nicht mehr. Es gibt nur noch den bösen Aggressor und das arme Opfer. Schon zur Orangenen Revolution war allen das Risiko eines Waffenganges Russlands bekannt, falls die Ukraine versucht sich aus dem russischen Hegemonialanspruch zu befreien. Die ganzen osteuropäischen Staaten sind nicht in die Nato eingetreten, weil sie die USA lieben, sondern weil sie eine militärische Absicherung gegen Russland brauchten und die Ukraine hätte sie offenbar auch gebraucht. Genau so steht es auch zwischen Taiwan und den USA.
Sei es drum, die meisten anderen Länder fragen sich hier eher, welche Interessen sie in diesem Konflikt haben, wie sie sich positionieren und mit welchen Ressourcen sie ggf. eingreifen und/oder sich schützen. Deutschland versagt schon an dem Punkt, überhaupt die eigenen Interessen zu definieren, man ergeht sich in moralischen Urteilen, man wolle Frieden, Demokratie, Stabilität etc. pp. , um dann im wesentlichen gar nichts zu tun, außer alle Beteiligten zu kritisieren und etwaige negative Auswirkungen auf die eigene Nation mit Geld abzufangen.
Ähnlich wird auch in Bezug auf die EU/USA/China gedacht. Massive Kritik an den USA, gemäßigte Kritik an China, immer schön die Moralkeule schwingen, es kostet ja nichts, es bewirkt nichts und man hat auch nichts davon, außer ein gutes Gefühl. Eigene Standpunkte? Eigene Ziele? Aufgewendete Ressourcen? Egal, Hauptsache man hat allen mal gegeigt, wie gut man ist und das man perspektivisch die Welt retten will.
Diese Form der Außenpolitik wird ganz sicher keine Schule machen. Gibt es eigentlich noch Staaten in der EU, die von der deutschen Außenpolitik nicht genervt sind? Oder Konkurrenten, welche die Dummheit nicht mit Freuden ausnutzen, wie China oder die Türkei? Die USA haben jedenfalls den Rand dicke.
Auf den Artikel bezogen: Deutschland hat seine Chipindustrie bereits verloren, kein Konzept sie wieder aufzubauen, noch nicht mal eines, die verbliebenen europäischen Unternehmen im Wettbewerb gegen China zu unterstützen. Alles moralische Gerede darüber hinaus kann man sich sparen. Die USA haben ein Defizit erkannt, eine gefährliche Konkurrenz und wollen sich hier wieder unabhängiger machen. Dabei spielt auch eine Rolle, das im Falle einer Invasion/Krieg Chinas gegen Taiwan, die Versorgung des US-Militärs mit kritischer Hardware gefährdet wäre. Welchen Plan hat Deutschland da wohl auf Lager, falls das passiert, der über das verbreiten billiger Floskeln bezüglich "Weltfrieden und Toleranz" hinausgeht?
Es braucht nicht viel Intelligenz um zu erkennen, welche Politik die bessere ist und wie das mit Deutschland und der EU enden wird, wenn es so weiter geht wie die letzten 10 Jahre.