nanoworks schrieb:
Genauso wenig rechtfertigt freie, anonyme und ungehinderte Kommunikation das Recht auf den Diebstahl von geistigem Eigentum.
Zunächst: Die Formulierung "genausowenig" stimmt hier wie schon erklärt eben definitiv nicht! Gesetze haben durchaus unterschiedliche Gewichte/Prioritäten.
Das Recht auf anonyme, unbeobachtete und unbehinderte Kommunikation ist gleich durch mehrere Grund- und Menschenrechte garantiert. Höher aufgehängt geht es kaum.
Die erfolgreiche kommerzielle Verwertung von "Geistigem Eigentum" ist aber genauso wenig durch Grundrechte garantiert, wie die von irgendwelchen normalen materiellen Gütern. Wer Geld mit irgendetwas verdienen will, der muss das unter Achtung der Grundrechte tun.
Weite Teile des geltenden Urheberrechts haben nichts mit dem Schutz von Grundrechten zu tun. Speziell die Teile, bei denen es um die Umstände der kommerzeillen Verwertung geht.
Das Gesetz ist, was das angeht, eine schnöde Wirtschaftsregulierung auf dem Niveau z.B. von Dosenpfand oder Ladenschlussgesetz. Kein klar denkender Mensch würde sowas über verfassungsmäßig verbriefte Grundrechte stellen! (Aber wenn angeblich viel Geld im Spiel ist, setzt der Menschenverstand erfahrungsgemäß schon mal aus.)
Natürlich macht das illegales Filesharing nicht automatisch legal. Wer gegen das geltende Urheberrecht verstößt, der bricht ein Gesetz. Genausowenig fällt der Austausch der neusten Hits von Lady Gaga unter das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Es ist legitim das zu verfolgen oder zu versuchen es zu unterbinden.
Aber der Versuch, solche Gesetzesbrüche zu verfolgen oder zu unterbinden, darf nicht in übergeordnete Grundrechte eingreifen. Es darf also wie gesagt deswegen z.B. keine Kommunikation überwacht, gefiltert oder zensiert werden, schon gar nicht "präventiv" und flächendeckend, das ist nicht mal bei Mord und Co. erlaubt.
Wenn die Rechteverwerter es hinbekommen, Urheberrechtsverletzungen ohne solche Eingriffe in Grundrechte der Menschen effektiv zu bekämpfen, dann gerne. Bisher gehen aber alle Vorschläge und Vorderungen der Rechteverwertungsindustrie eindeutig in diese grundrechtsverletzende Richtung.
So wie ich das sehe, ist das heute geltende Urheberrecht in weiten Teilen gar nicht effektiv durchsetzbar, ohne übergeordnete Grundrechte aller Menschen massiv zu verletzen. In so einem Fall muss nicht das Grundrecht weichen, sondern das gewöhnliche Gesetz muss entsprechend angepasst werden. Also z.B. die Legalisierung von privatem, nicht-kommerziellem Austausch, bei dem sowieso kein Geld fließt, an dem Urheber und Verwerter beteiligt werden könnten.
Natürlich müssen die Details so einer Urheberrechtsreform erstmal gründlich abgewogen und diskutiert werden und ich bin da auch durchaus gesprächsbereit und flexibel. Aber wenn es darum geht, dass um erhofften zusätzlichen Profit willen Grundrechte eingeschränkt werden sollen, bewege ich mich kein Stück! Das ist eine Grenze, die nicht überschritten werden darf.