Relict
Admiral
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keshkau schrieb:Schön wäre das ja, in der Tat. Aber das können wir uns abschminken. Wie soll man einem Arbeitnehmer in Frankfurt/Oder einen Mindestlohn in Höhe von ca. 1.200 Euro garantieren, wenn sich wenige Kilometer weiter östlich – in Polen – jemand findet, der seinen Job für 600 Euro machen würde? Innerhalb der EU wäre der höhere Mindestlohn nicht realisierbar. Der Ruf nach „gleichem Lohn für gleiche Arbeit“ wirkt mitunter eben auch lohnsenkend.
Die Unternehmen wandern auch jetzt schon ab und Billigkräfte stattdessen rein. Das EU-Entsendegesetz halte ich für die Hochlohnländer für einen Krebsschaden. Es ist unmöglich an/über der polnischen Grenze für polnische Löhne zu arbeiten, aber in Deutschland davon zu leben. Das kann ein Pole, aber nunmal nicht ein hier lebender. Dann entvölkern eben die Grenzgebiete und die Leute wandern ins Inland ab, bis die Billig-Umländer aufgeschlossen haben. Für Polen ist übrigens wiederum die Ukraine Billiglohnland. ^^
Und wir haben auch jetzt schon Ghettoisierung, in jeder Großstadt und die Nester oder Randgebiete werden stattdessen aufgrund der ausländischen Konkurrenz in den Grenzgebieten entvölkert. Man kann dort zwar günstig kaufen, aber auf unserer Seite nichts verdienen.
Die Mindestlöhne ändern dahin gehend also überhaupt nichts mehr zum Negativen, denn die Realität, die gerne als Vorwand gegen Mindestlöhne prophezeit wird, ist doch längst eingetreten, schlimmer als manche Prophezeiung.
Überzahlt wird auch jetzt ohne Mindestlöhne sicher keiner. Klar könnte sich das Lohnniveau darauf einpendeln. Aber jetzt pendelts doch auch schon, sogar darunter. Da fragt man sich doch, woher eigentlich diese Panik davor kommt?
Du redest von 1200 Euro. Es gibt immer mehr Leute, die verdienen - wenn sie überhaupt einen Job bei diesem Überangebot an Jobsuchenden bekommen haben - nichtmal 600-700 Euro Netto für 42 Wochenstunden Vollzeit + WE/Feiertage. Staatliche Zuschüsse bekommen sie bei dieser "Höhe" zudem auch kaum mehr. Da ja H-IV als neue inoffizielle Vergleichs-Armutsgrenze herhält. (immer dann, wenn der Staat was ausgeben soll, nicht bei Einnahmen ^^)
So sieht der Trend aus. Durch Globalisierung, Armut und den Druck, welcher auf Arbeitende und Arbeitslose ausgeübt wird, der immer mehr zwingt sich weit unter Wert zu verkaufen. Und die Firmen nutzen es schamlos aus und das ganz legal. Dank der uneinigen, handlungsunfähigen oder wirtschaftssymphatisierenden Politik und eben dieser nie enden wollenden Debatte hier.
Der Billigste mit der besten Qualifikation von den Bewerbern wird eingestellt. So siehts aus. Wenn viele Arbeitnehmer schon die 980 Euro Mindesteinkommen hätten, wäre allen mehr gedient, letztendlich auch der Volkswirtschaft. Weil nunmal auch mehr (aber mindestens gleichbleibende) Steuern gezahlt werden, aber zugleich weniger am staatlichen Zapfhahn hängen. Das Preisniveau könnte u.U. etwas steigen. Aber mehr Menschen bekommen ja auch mehr zum ausgeben, was bei Lohndumping eben zum Gegenteil führt. Und die Globalisierung trägt zudem auch ihren Teil gegen grenzenlose Preissteigerung bei. Mehr Konsum bedeutet wiederum mehr Rückfluss über die Verbrauchssteuern.
Zur Zeit ist es so, dass immer weniger, mit immer weniger Einkommen, immer mehr ohne eigenes Einkommen finanzieren müssen. Das kann nicht funktionieren und aufgehen. Da sind wir uns hoffentlich alle einig.
Mindestlöhne haben den grossen Vorteil, dass weniger Arbeitnehmer von staatlichen Zuschüssen leben müssen. Durch Mindestlöhne würde sich zudem das Thema mit den ausländischen Billiglohnkräften erledigen und auch der resultierende Lohn wieder mehr in Deutschland ausgegeben/ konsumiert. Während die Unternehmen jetzt von ausländischen Billiglohnkräften profitieren, bezahlen wir die deutschen Arbeitslosen. Genauso zahlen wir jetzt für hiesige Niedriglöhner staatliche Zuschüsse. Was für ein Irrsinn.
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Mehr Menschen kämen in Lohn und Brot, die eben nicht mehr durch Sozialhilfe finanziert würden. Lieber viele Menschen mit einem Durchschnittsverdienst über der Armutsgrenze, als wenige mit weit höheren Verdienst und viele (immer mehr) weit darunter.
Das verstehe ich unter Sozial und vorallem sozialer Gerechtigkeit. Und nicht einseitig immer auf die schwächsten der Gesellschaft - die Sozialhilfeempfänger draufkloppen und in unterbezahlte Zwangsbeschäftigung stecken wollen. Wenn man für sowas erstmal den Freibrief erteilt hat, wird Armut zur geförderten Norm und Methode und die Arbeitslosen zum Fronarbeiter. Erste Eindrücke gewinnt man schon, durch die 1-Euro-Jobs.
Das Kombilohnmodell erzeugt hingegen genau das Gegenteil. Weil der Mitnahmeeffekt vieler Firmen jetzt schon gen 0 Euro Lohnzahlung tendiert und es zukünftig nicht weniger Erwerbslose geben wird. Damit spielt/ zahlt man nur den Unternehmen in die Taschen, erreicht aber am Ende garnichts. Ausser geschönte Zahlen in der Arbeitslosenstatistik und ein Heer an "öffentlich Bediensteten" (staatlich bezahlten). Sollen die sich etwa von/durch sich selber finanzieren? Wie soll diese Rechnung aufgehen? Oder sollen sie untergehen?
Jeder braucht auch nicht hochqualifiziert sein. Da erstens nunmal nicht jeder die nötige Eignung dafür besitzt und zweitens niedriger qualifizierte Arbeitsplätze immer die grössere Masse darstellen. Für Diplom-Zimmermädchen oder -Verkäuferin etc. pp. besteht nunmal geringerer Bedarf (weil meist nicht nötig) und bringt auch irgendwann nichts, wenns alle sind.
Die Realität ist ja leider schon, das Hochschulabsolventen oft niedriger qualifizierte Jobs tätigen und auch Facharbeiter kostenlose Praktikantenstellen annehmen (die werden ja vom Staat bezahlt), mit der Hoffnung auf Einstellung, die gelinde gesagt sehr wage ist und eben immer mehr ausgenutzt wird.
Wo was (günstiger) zu holen ist, wird auch zugegriffen. Das wird man wohl den wenigsten Unternehmen freiwillig ausreden können. Reaktionszeit für Eigeninitiative der Unternehmen war ja nun lang genug, mit negativem Ergebnis. Deshalb muss nun der Staat regulierend eingreifen.
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