Mindestlohn Reform durch linke Mehrheit SPD-Grüne-Die Linke

keshkau schrieb:
Schön wäre das ja, in der Tat. Aber das können wir uns abschminken. Wie soll man einem Arbeitnehmer in Frankfurt/Oder einen Mindestlohn in Höhe von ca. 1.200 Euro garantieren, wenn sich wenige Kilometer weiter östlich – in Polen – jemand findet, der seinen Job für 600 Euro machen würde? Innerhalb der EU wäre der höhere Mindestlohn nicht realisierbar. Der Ruf nach „gleichem Lohn für gleiche Arbeit“ wirkt mitunter eben auch lohnsenkend.

Die Unternehmen wandern auch jetzt schon ab und Billigkräfte stattdessen rein. Das EU-Entsendegesetz halte ich für die Hochlohnländer für einen Krebsschaden. Es ist unmöglich an/über der polnischen Grenze für polnische Löhne zu arbeiten, aber in Deutschland davon zu leben. Das kann ein Pole, aber nunmal nicht ein hier lebender. Dann entvölkern eben die Grenzgebiete und die Leute wandern ins Inland ab, bis die Billig-Umländer aufgeschlossen haben. Für Polen ist übrigens wiederum die Ukraine Billiglohnland. ^^
Und wir haben auch jetzt schon Ghettoisierung, in jeder Großstadt und die Nester oder Randgebiete werden stattdessen aufgrund der ausländischen Konkurrenz in den Grenzgebieten entvölkert. Man kann dort zwar günstig kaufen, aber auf unserer Seite nichts verdienen.

Die Mindestlöhne ändern dahin gehend also überhaupt nichts mehr zum Negativen, denn die Realität, die gerne als Vorwand gegen Mindestlöhne prophezeit wird, ist doch längst eingetreten, schlimmer als manche Prophezeiung.
Überzahlt wird auch jetzt ohne Mindestlöhne sicher keiner. Klar könnte sich das Lohnniveau darauf einpendeln. Aber jetzt pendelts doch auch schon, sogar darunter. Da fragt man sich doch, woher eigentlich diese Panik davor kommt?

Du redest von 1200 Euro. Es gibt immer mehr Leute, die verdienen - wenn sie überhaupt einen Job bei diesem Überangebot an Jobsuchenden bekommen haben - nichtmal 600-700 Euro Netto für 42 Wochenstunden Vollzeit + WE/Feiertage. Staatliche Zuschüsse bekommen sie bei dieser "Höhe" zudem auch kaum mehr. Da ja H-IV als neue inoffizielle Vergleichs-Armutsgrenze herhält. (immer dann, wenn der Staat was ausgeben soll, nicht bei Einnahmen ^^)
So sieht der Trend aus. Durch Globalisierung, Armut und den Druck, welcher auf Arbeitende und Arbeitslose ausgeübt wird, der immer mehr zwingt sich weit unter Wert zu verkaufen. Und die Firmen nutzen es schamlos aus und das ganz legal. Dank der uneinigen, handlungsunfähigen oder wirtschaftssymphatisierenden Politik und eben dieser nie enden wollenden Debatte hier.

Der Billigste mit der besten Qualifikation von den Bewerbern wird eingestellt. So siehts aus. Wenn viele Arbeitnehmer schon die 980 Euro Mindesteinkommen hätten, wäre allen mehr gedient, letztendlich auch der Volkswirtschaft. Weil nunmal auch mehr (aber mindestens gleichbleibende) Steuern gezahlt werden, aber zugleich weniger am staatlichen Zapfhahn hängen. Das Preisniveau könnte u.U. etwas steigen. Aber mehr Menschen bekommen ja auch mehr zum ausgeben, was bei Lohndumping eben zum Gegenteil führt. Und die Globalisierung trägt zudem auch ihren Teil gegen grenzenlose Preissteigerung bei. Mehr Konsum bedeutet wiederum mehr Rückfluss über die Verbrauchssteuern.

Zur Zeit ist es so, dass immer weniger, mit immer weniger Einkommen, immer mehr ohne eigenes Einkommen finanzieren müssen. Das kann nicht funktionieren und aufgehen. Da sind wir uns hoffentlich alle einig.
Mindestlöhne haben den grossen Vorteil, dass weniger Arbeitnehmer von staatlichen Zuschüssen leben müssen. Durch Mindestlöhne würde sich zudem das Thema mit den ausländischen Billiglohnkräften erledigen und auch der resultierende Lohn wieder mehr in Deutschland ausgegeben/ konsumiert. Während die Unternehmen jetzt von ausländischen Billiglohnkräften profitieren, bezahlen wir die deutschen Arbeitslosen. Genauso zahlen wir jetzt für hiesige Niedriglöhner staatliche Zuschüsse. Was für ein Irrsinn. :rolleyes:

Mehr Menschen kämen in Lohn und Brot, die eben nicht mehr durch Sozialhilfe finanziert würden. Lieber viele Menschen mit einem Durchschnittsverdienst über der Armutsgrenze, als wenige mit weit höheren Verdienst und viele (immer mehr) weit darunter.

Das verstehe ich unter Sozial und vorallem sozialer Gerechtigkeit. Und nicht einseitig immer auf die schwächsten der Gesellschaft - die Sozialhilfeempfänger draufkloppen und in unterbezahlte Zwangsbeschäftigung stecken wollen. Wenn man für sowas erstmal den Freibrief erteilt hat, wird Armut zur geförderten Norm und Methode und die Arbeitslosen zum Fronarbeiter. Erste Eindrücke gewinnt man schon, durch die 1-Euro-Jobs.

Das Kombilohnmodell erzeugt hingegen genau das Gegenteil. Weil der Mitnahmeeffekt vieler Firmen jetzt schon gen 0 Euro Lohnzahlung tendiert und es zukünftig nicht weniger Erwerbslose geben wird. Damit spielt/ zahlt man nur den Unternehmen in die Taschen, erreicht aber am Ende garnichts. Ausser geschönte Zahlen in der Arbeitslosenstatistik und ein Heer an "öffentlich Bediensteten" (staatlich bezahlten). Sollen die sich etwa von/durch sich selber finanzieren? Wie soll diese Rechnung aufgehen? Oder sollen sie untergehen?

Jeder braucht auch nicht hochqualifiziert sein. Da erstens nunmal nicht jeder die nötige Eignung dafür besitzt und zweitens niedriger qualifizierte Arbeitsplätze immer die grössere Masse darstellen. Für Diplom-Zimmermädchen oder -Verkäuferin etc. pp. besteht nunmal geringerer Bedarf (weil meist nicht nötig) und bringt auch irgendwann nichts, wenns alle sind.
Die Realität ist ja leider schon, das Hochschulabsolventen oft niedriger qualifizierte Jobs tätigen und auch Facharbeiter kostenlose Praktikantenstellen annehmen (die werden ja vom Staat bezahlt), mit der Hoffnung auf Einstellung, die gelinde gesagt sehr wage ist und eben immer mehr ausgenutzt wird.

Wo was (günstiger) zu holen ist, wird auch zugegriffen. Das wird man wohl den wenigsten Unternehmen freiwillig ausreden können. Reaktionszeit für Eigeninitiative der Unternehmen war ja nun lang genug, mit negativem Ergebnis. Deshalb muss nun der Staat regulierend eingreifen.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Relict

Ich glaube du stösst hier mit deinen Ausführungen größtenteils auf taube Ohren. (bline Augen)

Kann dir aber nur Recht geben!
 
Relict schön das du so viel von dem nachreden kannst was Linke.PDS und Co. so von sich geben.
Aber hast du auch Belege um deine dramatisierenden Aussagen zu untermauern?
 
Welche Belege brauchst Du denn noch? Bzw. welche meinst Du speziell?
Soll ich Dir von Bekannten den Lohnzettel wirklich hier reinposten?
 
Ja ... und dann auch bitte mehr ... zeig mir doch einfach, dass in Deutschland so viele Menschen einen Lohn unter der Armutsgrenze erhalten ...
Dann aber bitte die Reallöhne (also auch mit Trinkgeld, etc.)...
 
Trinkgeld gibts in diesen Jobs wohl eher weniger (Verkauf, Lager, Büro, teils auch Handwerk). ;)

Oder bist Du nur auf Studentenjobs wie Kellner oder Friseure aus eigener Vergangenheit oder TV fixiert? Übrigens auch bei Friseur und Kellnern gehört die Sache mit dem Trinkgeld-Ausgleich zunehmend eher ins Reich der Vergangenheit. Frag mal Deine Friseuse, weiss ja net in welchen gehobenen Etablissements Du so verkehrst. Denn kommt natürlich auch immer auf das jeweilige Kundenklientel und die Lage an.

Ich werde mich aus Erfahrung hüten, hier sowas aus rechtlichen Gründen öffentlich reinzustellen, selbst nicht mit Zusage derjenigen.
ICH weiss aber, das es dies zunehmend gibt, habs auch selber schon schwarz auf weiss mehrfach gesehen und erlebt. Und höre es von Verwandten, Bekannten, Freunden, die selbständige Unternehmensberater oder private Arbeitsvermittler sind ständig immerwieder, live und in Farbe direkt von der Basis, was real tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt geht. Da braucht mir keine bestellte hochdotierte Wirtschaftskommission ne Expertise vorlegen, auch nicht berichten über gesunkene Arbeitslosenzahlen. :rolleyes:

Haste übrigens kürzlich auch die ARD-Reportage - "Die Lohnsklaven" geschaut. Ist ja nicht so, dass man ausserhalb der üblichen Wirtschaftsaufschwung-Botschaften im TV keine kritischen Meinungen zu Gehör bekäme.
 
Ich verkehre weder in gehobenen Etablisements noch beziehe ich meine Informationen einzig aus der Zeit als ich selbst gekellnert habe ... (Damals wurde mein Gehalt durch das Trinkgeld mehr als verdoppelt)

Heute sehe ich fast täglich wie an Eisdielen, Restaurants und bei Friseuren Trinkgeld gegeben wird.
Beispiel Kneipe: Das Bier kostet 2,80€. Der Kunde wirft 3€ hin und sagt: "Stimmt so."
Das ist keine Seltenheit ... bei 20 Bier in der Stunde (das schafft man als Kellner ohne Probleme) macht das 4€ steuerfrei und ohne Abzug von Lohnnebenkosten.
Und das ist auf jeden Fall eine "vorsichtige" Rechnung ...

Aber lassen wir doch einfach die Leute zu Wort kommen die selber solchen Jobs nachgehen ...


Es geht ferner nicht um die Frage ob es Menschen gibt die weitaus weniger verdienen als 1000€ Netto im Monat. Es geht um die Frage ob die Situation in Deutschland sich in der Beziehung wirklich verschlechtert und ob es statistisch nachweisbar ist, dass die Zahl derer die so wenig verdienen deutlich zunimmt.
Das wird ja, auch von dir, gerne behauptet um unsere durchaus positive wirtschaftliche Entwicklung schlecht zu reden ...

Also bitte her mit den Zahlen. Und nicht ein paar Lohnzettel oder die Schilderung von Einzelfällen ...
 
Wenn Dir statistische Hochrechnungen von 2-4 Millionen Lohnempfängern unterhalb der Armutsgrenze nicht reichen, kann ichs auch nicht mehr ändern.
Ich suche sie aber jetzt nicht für Dich zusammen, da mir genau diese aktuellen Statistiken nicht zur Hand sind. Was nicht heisst dass sie nicht existieren und alle nur lügen. Wer hier tatsächlich lügt lasse ich mal offen. Kannst Dich ja selber informieren. :evillol:
Ich pers. brauche auch keine solchen Statistiken, die auch nur belegen würden, was ich ständig und leider zunehmend miterlebe.

Hier noch ein paar Links zum Thema:
http://www.derfunke.de/rubrik/theorie/working-poor.html
http://www.learn-line.nrw.de/angebote/agenda21/daten/armut.htm
Und hier noch eine etwas ältere Statistik über die Reallohnentwicklung von Deinen unliebsamen "Freunden". http://www.dumkesoft.de/lohn.html

Helios co. hattes mir ja prophezeit. Du willst es auch einfach nicht wahrhaben! weil DIR in DEINER Idylle scheinbar solche Probleme und Lohn fernab und fremd sind. Aber was man nicht selbst sieht, heisst nicht, das es nicht existiert und auch nicht das es nicht zahlreich existierte.
 
@ Relict

Du beschreibst ja sehr schön in Deinen Ausführungen wer für diese Misere "Arbeiten, ohne genug Lohn zum Leben..." verantwortlich ist! Dem ist nichts hinzuzufügen, diese Aussagen stimmen zu 100 %!

Für mich stellt sich nur die Frage warum die Leute, die solche Dinge zuliessen es nun unbedingt wieder richtig machen sollten und können?

Tut mir leid, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen dass eine Lösung ohne grösseres Chaos, eine aufgeblasene Verwaltung und Belastungen für die Allgemeinheit klappen soll! Wer hat denn erst diese menschenunwürdigen Entlohnungen (1 Euro Jobs, Lohnzuschüsse bei Vollzeitarbeit ect.) zugelassen? Und dann quirlt auch noch diese unsägliche EU mit ihren Entsendegesetzen mit drin rum! Wir leben leider nicht mehr auf der Insel der Glückseeligen.

Ein Forderung nach Mindestlohn durch Politiker ist wie schon oben gepostet, in meinen Augen leider nur Nebelkerzen um wieder wahrgenommen zu werden.

Bestes Beispiel unser Super Michel - erst nach Steuersenkungen schreien (ohne Gegenfinanzierungsvorschlag) und nun gegen eine gerechte Bezahlung reden... (raff ich es nicht, oder ist da kein Gegensatz dabei) ja und leider sind solche Typen in der Regierungsgewalt - was soll bei solchen Kapazitäten schon Gescheites rauskommen?

Deshalb habe ich überhaupt nichts gegen einen Mindestlohn, der ein selbstbestimmtes Leben zulässt (die Höhe ist noch nicht einmal fix dabei - meinen Vorschlag kennt Ihr) aber ich habe die grössten Zweifel, das das unsere Politikdarsteller packen ohne andere grosse Lücken aufzureissen! Und die werden garantiert allen (die sich mit diesem Thema so genau auseinandersetzen wie wir hier) verdammt wehtun!
 
AW: Re Beleidigung von Arbeitslosen...

addl1970 schrieb:
ich habe mich n i c h t auf das Arbeitsamt verlassen, sondern Eigeninitiative entwickelt!
Ja wer sich auf die sich verlaesst, der ist verlassen.

addl1970 schrieb:
scheinbar gibt es so ein Verhalten normalerweise nicht?! Soweit zu Kosten und Beleidigungen ...
Ja, fragt sich nur woher so ein passives Verhalten kommt ... Es liegt anscheindend nicht nur an dem Arbeitslosen selber ... oder dem Hartz-IV-Empfaenger.

Die Spassmacher vom Amt haben mich auch nun oft genug ausgebremst, so dass ich nicht wegen jeder Kleinigkeit hinterherbettelte.

... Und bitte es gibt für mich in meiner Definitionswelt Arbeitslose und Hartz IV Bekommer... das ist ein himmelweiter Unterschied für mich!
So so, das gibt dir also das Recht mich erneut zu beleidigen! Du definierst einen festgesetzten Begriff so um, damit es zu Beleidigungen kommt..

Ich will was sinnvolles mit meiner Zeit anfangen und ein Teil meines Lebens durch meine Arbeit definieren! ...
Da gebe ich dir allerdings Recht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Gedankenexperiment: Nehmen wir an, in Polen wären Spargelstecher Mangelware, aber für Spargel würde man hohe Preise erzielen können. Deshalb zahlen die Spargelbauern ihren Spargelstechern einen Stundenlohn von 20 Euro. In Deutschland dagegen bekämen die Spargelstecher nur einen Hungerlohn von 5 Euro. Was würde geschehen?

Einige Polen (und Ukrainer) würden sich ernsthaft überlegen, ob das Spargelstechen in Polen nicht doch eine Alternative zu dem Job wäre, den sie gerade ausüben. Das Angebot an Arbeitskräften würde steigen, das Lohnniveau käme etwas unter Druck.

Auch in Deutschland würden sich vermutlich einige Leute finden, die entweder bereits hierzulande als Spargelstecher arbeiten oder die als Arbeitslose bzw. Geringverdiener eine gute Möglichkeit sehen, für den lukrativen Lohn in Polen zu arbeiten. Das Arbeitskräfteangebot in Polen würde also noch einmal steigen. Bei freier Preisbildung würde der Lohn wiederum tendenziell sinken.

In Deutschland dagegen hätten die Spargelbauern massive Probleme, überhaupt noch jemanden zu finden, den sie als Spargelstecher einstellen könnten. Die Löhne müssten angehoben werden, zumal die Fachkräfte zusehends nach Polen abwandern. In der Folge würden die Löhne in beiden Ländern dazu tendieren, sich mehr und mehr anzugleichen. In diesem Beispiel müssten die Löhne in Deutschland demnach steigen und in Polen sinken.

Bezogen auf die Realität gilt natürlich der umgekehrte Fall: Die vergleichsweise hohen Löhne in Deutschland geraten mehr und mehr unter Druck, während das Lohnniveau in Polen langsam steigt. Und nun frage ich: Welche staatliche Stelle hätte die Macht, sich gegen diesen Trend zu stemmen? Wie viel Steuergelder sollen in dieses Projekt gepumpt werden, das langfristig zum Scheitern verurteilt ist? Und wer soll das bezahlen?

Ich gebe ja zu, dass der Arbeitsmarkt relativ starr ist, nicht nur wegen der Ausbildung der Menschen, die nicht so flexibel ist, wie das ein theoretisches Arbeitsmarktmodell unterstellen würde, sondern auch wegen der zahlreichen gesetzlichen Vorschriften, die in den Arbeitsmarkt eingreifen. Diese staatlichen Eingriffe sind oft sinnvoll, manchmal aber auch nur gut gemeint und trotzdem handwerklich schlecht gemacht [Um Mütter zu schützen, verabschiedet man einen Mutterschutz. Aber wenn der Schutz zu weit geht, stellen die Unternehmen erst gar keine Frauen mehr ein und das Gesetz verfehlt seinen Zweck.].

Warum glaubt der Staat, die niedrigen Löhne sinnvoll festlegen zu können? Und nach welchen Kriterien erfolgt die Festsetzung? Fragt man dazu die Unternehmen oder die Arbeitnehmer oder beide? Warum überlässt man das nicht der Tarifautonomie und somit denjenigen, die es direkt betrifft?
 
keshkau schrieb:
Warum glaubt der Staat, die niedrigen Löhne sinnvoll festlegen zu können? Und nach welchen Kriterien erfolgt die Festsetzung? Fragt man dazu die Unternehmen oder die Arbeitnehmer oder beide? Warum überlässt man das nicht der Tarifautonomie und somit denjenigen, die es direkt betrifft?

Weil über die Hälfte der dt. Arbeitnehmer nicht gewerkschaftlich organisiert sind. (Im Gegenteil-> Austritte) Warum, will ich jetzt nicht auch noch ausführen. Sollte klar sein.
Und auch von betrieblichen Bündnissen bei Spargelbauern und sonstigen "Niedrigstlohnprofiteuren" habe ich bisher eher wenig gehört. (zumindest nicht zugunsten der AN^^) Da zählt so billig wie möglich bei maximaler Leistung. Da die Warteschlange an Jobsuchenden (in diesem Falle polnischen) vor der Tür ensprechend gross ist, besteht somit auch kein dringlicher Anlass für die Arbeitgeber irgendwas zugunsten der Arbeitnehmer zu ändern oder ihren Profit zu schmälern. ;)

Die Festlegung der Höhe an ML erfolgt nach einer Formel der durchschnittlichen Lebenshaltungskosten, ohne dabei staatl. Zuschüsse zu benötigen. Und die LHK hat nunmal jeder in etwa gleich, egal welchen Job er ausübt.
Orientieren dürfte es sich zudem auch höchstwahrscheinlich an der offiziellen Armutsgrenze von ~980 Euro. (Ich hoffe mal nicht an H-IV. :p)
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann male ich folgendes Szenario: Wenn der tatsächlich gezahlte Lohn für Spargelstecher in Deutschland im Moment 5 Euro beträgt (was als rein hypothetischer Schätzwert anzusehen ist), dann entspricht das dem Marktpreis unter Berücksichtiung des zusätzlichen polnischen Arbeitsangebots. Schließlich würden viele polnische Spargelstecher hier nicht arbeiten wollen, wenn sie sich lediglich ausgebeutet fühlten.

Wenn der Staat nun z. B. die 980 Euro als Mindestlohn ansetzt, dann entspricht das bei 52 Wochen im Jahr (oder umgerechnet 4,33 Wochen/Monat) und einer 40-Stunden-Woche einem Stundenlohn von 5,66 Euro oder einem Bruttolohnanstieg von ca. 13 Prozent (ohne Sozialabgaben). Das könnte für einige Spargelbauern zu teuer sein, weshalb das Arbeitsplatzangebot sinken würde. Die Mindestlöhne hätten somit Arbeitsplätze vernichtet, was wiederum die logische Konsequenz ist, wenn der Mindestlohn über dem Marktlohn liegt.
 
@keshkau
Ihren Spargel verkaufen sie aber hier zu DEUTSCHEN Preisen und nicht in Polen zu polnischen oder Griechenland zu griechischen.
Dann können sie eben im ungünstigsten Falle hier keinen Spargel mehr anbauen, wenn es sich hierzulande nicht mehr rechnet. Die Billig-Konkurrenz außerhalb Deutschlands bleibt ja trotzdem bestehen, aber doch nicht um jeden Preis auf unsere Knochen damit konkurrieren.
Oder wir müssten höhe Importzölle verlangen, was ja nunmal nicht möglich ist und sowieso mehr Nachteile brächte als Vorteile.

Edit:
Oder wir müssten unseren Lebenstandard auf polnische Verhältnisse senken. Was aber wiederum nur die schwächsten der Gesellschaft benachteiligen würde, da wir nunmal in Gesamtdeutschland nicht generell polnischen Durchnitts-Lebensstandard haben. Die Grund-Lebenshaltungskosten bleiben ja auch für die Schwächsten gleich. Sollen die vom Staat bezuschusst werden?
Ist das das Ziel?
Wenn wir das alle SO wollen, dann können wir natürlich weiterhin polnische Löhne oder Quasi-Kombilöhne bezahlen oder hier alles beim alten belassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und wo ist dann der Erfolg?

Wir haben Arbeitsplätze vernichtet.
Wir haben einen Selbstständigen in den Ruin getrieben.

Beide verdienen nun noch weniger als vorher und müssen von noch weniger leben. Dazu belasten sie nun den Steuerzahler anstatt selber etwas für die Wirtschaft zu tun.

Na Klasse, da hat ja die ganze Gesellschaft gewonnen ...
 
Relict schrieb:
@keshkau
Dann können sie eben im ungünstigsten Falle hier keinen Spargel mehr anbauen, wenn es sich hierzulande nicht mehr rechnet.

Das wollte ich hören! Denn das ist doch genau der Trend, den wir seit Jahren verfolgen können: Die deutsche Textilproduktion hat sich in den letzten Jahrzehnten fast komplett aus Deutschland verabschiedet, bei Schuhen ist die Situation nicht viel besser. Weitere Branchen sind gefolgt, andere werden noch folgen. - Der (Welt-)Markt funktioniert so und speziell die stark exportierenden Deutschen sind in diesen System fest eingebunden, weshalb es kein Entrinnen gibt. Schließlich profitieren wir im Exportbereich wiederum enorm von den gegebenen Verhaltnissen.


Relict schrieb:
Oder wir müssten unseren Lebenstandard auf polnische Verhältnisse senken. ... Ist das das Ziel?
Angesichts des - global betrachtet - relativ flexiblen Arbeitsmarktes wird sich im Laufe der Jahre für viele Tätigkeiten eine Art Weltniveaulohn herausbilden. Zum Teil sieht man das bereits in Südostasien. Wenn nämlich in China die Löhne steigen, werden die Firmen geschlossen und nach Taiwan verlagert. Nationale Mindestlöhne ändern daran gar nichts.

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Und was die schlecht bezahlten Friseure angeht. Es ist in der Praxis leider so, dass sich viele Schülabgänger deshalb für diesen Beruf entscheiden, weil er nicht so hohe formale Anforderungen in Form guter Schulnoten stellt. Das ist anders als z. B. in kaufmännischen Aufbildungsberufen, wo mehrheitlich gute Kenntnisse in Deutsch, Mathe (und Englisch) gefordert werden. - Damit will ich nicht sagen, dass Friseure von Haus aus blöd sind. Ganz im Gegenteil kenne ich auch einige Vertreter, die ausgesprochen fleißig, clever und geschäftstüchtig sind. Aber bei dem einen oder anderen habe ich manchmal schon das Gefühl, jemanden vor mir zu haben, der keine ausgesprochene Intelligenzbestie ist. Und vieleicht spiegelt dann das Lohnniveau nur die Leistungsfähigkeit wider. Aber das ist nur so eine These von mir.
 
@Der Daedalus
Wir haben Niedrigstlohnplätze oder unsäglich durch Subventionswüterei erhaltene Branchen inkl. Überangebot dezimiert.
Wir haben einem unternehmerischen Sozial-"Schmarotzer" mit jahrelanger quasi Konkursverschleppung oder Gier seiner Unschlüssigkeit oder "Tatendrang" etwas nachgeholfen bzw. gebremst.
Wir haben den Unternehmen ihr sinkendes soziales und gesellschaftliches Verantwortungsgefühl zurückgegeben, diesmal zur Abwechslung mit Restriktionen. (Wer nicht hören will...)

Nein so krass und überspitzt natürlich nicht. ;)

Aber wem ist damit gedient, wenn die Arbeitnehmer immer weniger verdienen:

Dem Staat? Von was zahlt er den Zuschuss? Oder verlangt dann auch SOFORT der Vermieter polnische Mieten oder die Wasserwerke oder Stromkonzerne oder oder?
Dem Unternehmen? Zahlt es dafür höhere Steuern zum Ausgleich?
Den Arbeitnehmern? Zahlen sie dann zb. in Form von Steuern für ihren eigenen Lohnausgleich?
Der Gesellschaft/ Gesamtwirtschaft? Wer wenig verdient kann auch nur billig/ wenig kaufen/ mieten, verbrauchen was auch immer.

So schliesst sich der Kreislauf und die Spirale geht zudem weiter nach unten.
Wie gesagt, wir sollten uns entscheiden wohin die Reise gehen soll. Wenn es wie bisher unverändert bleibt, weiss - nein erlebe ich schon wohin sie geht. :)

PS:
Beide verdienen nicht noch weniger. Wenn überhaupt, dann nun nur einer von beiden. ^^

keshkau schrieb:
Und was die schlecht bezahlten Friseure angeht. Es ist in der Praxis leider so, dass sich viele Schülabgänger deshalb für diesen Beruf entscheiden, weil er nicht so hohe formale Anforderungen in Form guter Schulnoten stellt. Das ist anders als z. B. in kaufmännischen Aufbildungsberufen, wo mehrheitlich gute Kenntnisse in Deutsch, Mathe (und Englisch) gefordert werden. - Damit will ich nicht sagen, dass Friseure von Haus aus blöd sind. Ganz im Gegenteil kenne ich auch einige Vertreter, die ausgesprochen fleißig, clever und geschäftstüchtig sind. Aber bei dem einen oder anderen habe ich manchmal schon das Gefühl, jemanden vor mir zu haben, der keine ausgesprochene Intelligenzbestie ist. Und vieleicht spiegelt dann das Lohnniveau nur die Leistungsfähigkeit wider. Aber das ist nur so eine These von mir.

Täusch Dich mal nicht, Auch Friseure haben aufgrund des Überangebots an Bewerbern inzwischen die Anforderungen höher geschraubt, eben auch auf Schulabschluss.
Zudem kann die Leistungsfähigkeit nicht an der Intelligenz bemessen werden.
Kunst kommt von KÖNNEN. Selbst die dümmsten Maurer können oft besser und schneller mauern, als Prof. Dr. Dr. Der ist auf seinem Gebiet wiederum besser. Aber niemals überall. Der eine leistet halt überwiegend mit dem Kopf, der andere mit den Händen. Jedem nach seiner Fasson, Fähigkeiten und Eignung. :)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: (DP zusammengeführt, wohl im Eifer des Gefechts passiert..)
@Relict
Dann sind wir uns zumindest dahin gehend einig, dass es ein Überangebot von Bewerbern im Friseurbereich gibt. Das wiederum dürfte auch eine Ursache für die schlechte Bezahlung sein. Denn wenn Friseure so knapp wären wie Systemprogrammierer, dann würde man sie auch besser bezahlen.

Ich will den Friseuren auch keineswegs Unfähigkeit unterstellen. Nur sind die Anforderungen an den Beruf sehr speziell: Kreativität, Form- und Farbgefühl, Kontaktfreudigkeit, Fingerspitzengefühl, Fitness und dann erst ein guter Schulabschluss. So beschreibt zumindest die Friseur-Innung Lindau das Anforderungsprofil.
 
@keshkau
Aber das Überangebot gibt es in fast allen Branchen. Aber eben besonders in den mit weniger Spezialisierungsanforderungen. Ich meine es ist ja auch unnötig für das Friseurhandwerk nen Professurentitel mitzubringen. Da sollte man eher Kreativität und handwerkliches Geschick mitbringen. Der Beruf ist auch nicht nur beliebt, weil ihn auch jeder dumme könnte (was nix damit zu tun), sondern weil die Tätigkeit eben viele anspricht, Spaß macht.
Das war zb. auch damals im Osten so bei KFZ-Schlosser, wollte jeder 2. machen.
Was war? 10 Jahre Armeeverpflichtung und bei Friseuse 1-er Durchschnitt. ;)
Jetzt erlebe ich hier in diesem System gerade ein Deja Vu. ^^

(Nur das es jetzt im Gegensatz auch noch über Niedrigstlöhne geht, im Osten gabs ja eher Einheitslöhne, eben je nach Berufbild, somit quasi auch Mindestlöhne über alle Branchen hinweg. Und quasi Kombilöhne zugleich. :p)

Edit:
Naja und in Deiner angesprochenen computer-Branche ists ähnlich. Jeder Popel denkt er ist dazu befähigt, Spaß machts ja bekanntlich sehr vielen. Nur aufgrund des Überangebotes muss man sich halt extrem spezialisieren, damit man sich eben aus der Masse an Bewerbern abhebt. Die Durchschnittsjobs in der Branche sind halt überwiegend schon besetzt. Da kannste Dich nur noch über Deine Lohnzugeständnisse interessant machen und abheben. Allerdings wirds damit nun auch zunehmend schwieriger mit dem gegenseitigen Unterbieten.
Irgendwo gibts eben ne Schmerzgrenze, aber dummerweise immer jemanden, der diese unterschreitet. Wir sind also auch selbst mit daran schuld. Wenns keiner für den Niedrigstlohn machen würde (wollte), sähs ganz anders aus und da würde sich der Markt auch selbst regulieren. Tuts aber leider nicht, aus o.a. Gründen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Überangebot kann mindestens zwei Ursachen haben:

1. Die Masse der Bevölkerung ist zu blöd, um hoch qualifizierte Tätigkeiten auszuführen. Gemäßigter formuliert: Nicht jeder hat das Zeug zum Akademiker und kann in Forschung und Entwicklung arbeiten, sondern es wird immer Leute geben, die sich lediglich für normal qualifizierte, wenig qualifizierte bzw. unqualifizierte Arbeiten empfehlen. Und genau dort, z. B. bei den ungelernten Hilfsarbeitern, haben die niedrigsten Löhne Hochkonjunktur.

2. Es gibt zu viele Arbeitslose, weil die Leute nicht bereit sind, zu Marktpreisen zu arbeiten. Denn wenn die Zahl der Arbeitskräfte steigt (z. B. in Form zusätzlicher polnischer Spargelstecher), dann sinkt das Lohnniveau. Und bei sehr niedrigen Löhnen winkt ein Teil der Arbeitswilligen ab. Die wiederum können sich das nur leisten, wenn das soziale Netz sie auffängt bzw. wenn sich die Grundversorgung auf ähnlich hohem/niedrigen Niveau bewegt wie die Niedriglöhne.

Ist im zweiten Fall nun der Staat schuld, weshalb er die Löhne aufstocken muss? Oder handhaben wir den Leitsatz nicht streng genug, wonach ein Arbeitsloser jede zumutbare Stellen annehmen muss, die ihm angeboten wird?

Ich bin schon der Meinung, dass man den arbeitenden Menschen ermöglichen muss, von ihrer Arbeit zu leben. Und wenn das selbst verdiente Geld nicht reicht, dann sind Transferleistungen unumgänglich, die von denjenigen finanziert werden müssen, denen es vergleichsweise besser geht. Ob aber Mindestlöhne geeignet sind, um das Ziel zu erreichen, wage ich zu bezweifeln. Denn Arbeitsverträge sind eine Sache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Da sollte sich der Staat nicht mit Gewalt einmischen.

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Und dann lese ich hier im Forum gelegentlich, wie die Einkommen der kleinen Leute schrumpfen, wogegen die Einkommen der Selbstständigen steigen (das könnte auch im Thread über die Vorstandsgehälter gestanden haben).

Dazu empfehle ich einen Blick in die Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 7. August 2003.
http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2003/p3120121.htm

Dort enthält die zweite Tabelle einen Vergleich der Realeinkommen je Haushaltsmitglied (nicht je Haushalt, da die durchschnittliche Haushaltsgröße gesunken ist). Demnach sind die Realeinkommen von 1991 bis 2002 fast durchweg leicht gestiegen, aber nicht so, dass die Selbstständigen dabei auffällig gut weggekommen wären.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass 1995 die 35-Stunden-Woche in der Metallindustrie eingeführt wurde. Die Arbeitnehmer dort haben somit auch noch weniger für ihr Geld gearbeitet.

Statt wieder mehr zu arbeiten, so wie es die ausländischen Konkurrenten vormachen, um wieder konkurrenzfähig zu werden bzw. zu bleiben, soll jetzt lieber das weiche Kissen mit dem Namen Mindestlohn herausgekramt werden, damit man sich weiterhin gemütlich zurücklehnen kann? Mit dieser Einstellung werden die Deutschen aufgrund ihrer vergleichsweise immer noch hohen Löhne scheitern.
 
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