Relict
Admiral
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keshkau schrieb:Die Betonung liegt bei mir auf angemessen. Wenn ich in dem Artikel über das Drill-Camp lese, dass 42 von 95 Teilnehmern unentschuldigt fehlen, dann stellt sich für einen potenziellen Arbeitgeber die Frage, wie viel diese Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt wert sind.
Ja? Fehlen auch 2 Mio von 4 Mio Arbeitslosen unentschuldigt und wollen nicht verdienen? Oder 2 von 4 Mio Niedrigstlöhnern?
Man kann diese Beispiele einfach nicht pauschalisieren, um gar noch damit weiteren Druck und/ oder Niedriglöhne zu rechtfertigen.
Es warten Mio. andere draussen, die deren Jobangebote gerne wahrnehmen würden und das auch tun, sofern die Gelegenheit.
Zudem wird der Punkt Schwarzarbeit immer bedeutender. Denn wo auf legalem Weg nichts mehr zu verdienen ist, sinkt nunmal die Einstellung zur und Hemmschwelle für Schwarzarbeit. Denn wer hier noch sozialversichert arbeitet, zieht zunehmend die A...karte. Die Auswirkungen auf Wirtschaft und Staat kann sich jeder an 5 Fingern abzählen und genauso die Auswirkungen von Niedriglöhnen und zunehmender Armut.
keshkau schrieb:„Am Ende der Entwicklung wird ein chinesischer Metallarbeiter vielleicht 800 Euro in der Tasche haben und der deutsche Kollege nur noch 1.200 Euro.“
Wann ist denn genau dieses Ende? Ich sehe da in China weder entsprechend schnelle und grosse Lohnsprünge, noch bei uns propotional langsamen Lohnabfall, um sich dahingehend gleichmäßig anzunähern.
Die Frage bleibt zudem offen, ob wir am Ende Deiner Fahnenstange überhaupt noch erwänenswerte Metall- und Grossindustrie bei uns haben werden. Auch wenn bei uns z.Z. die Stahlindustrie wieder besser läuft, sagt das noch nichts über andere Branchen, Länder, die Ursachen und die Zukunft aus.
Die Konzentration nur auf High-Tech Industrie und Denkfabrik kann da auch nur bedingt gegensteuern, unter den aktuellen Rahmenbedingungen sowieso kaum. Und wie gesagt, jeder von den gut 20 Mio Arbeitnehmern kann erstens nicht darin arbeiten und zweitens schlafen die anderen Nationen auch nicht. Sowas nennt sich Fortschritt, der international stattfindet und nicht auf Deutschland bzw. die westl. Welt beschränkt ist. Da haben wir schon viel zu lange und zuviel verpennt. Da wirds schwer diese Versäumnisse aufzuholen, ja zu überholen.
keshkau schrieb:Zu den Zulieferern: Es ist leider nicht so, dass die Beschäftigten dort ein Recht auf angemessene, lebenssichernde Entlohnung hätten. Woher wollen sie dieses Recht beziehen? Sie haben allerdings das Recht, sich mit anderen Zulieferern aus Polen, Tschechien, Bulgarien, Ungarn und Rumänien zu messen und sich um Aufträge zu bemühen. Wenn sie aber bei vergleichbarer Qualität zu teuer sind, dann werden sie merken, dass sie am Ende überhaupt nicht mehr mitspielen dürfen.
Das ist genau die Argumentation der Wirtschaftsbosse und Arbeitgeber, welche damit auch den Druck auf Arbeitnehmer schüren. Und was passiert, sie bauen trotzdem ab oder machen hier dicht.
Rechte hat der Arbeitnehmer hier tatsächlich kaum noch, überwiegend nur noch auf dem Papier. Er hat das Recht arbeiten gehen zu dürfen und er hat vllt. noch das Recht auf Sozialleistungen bei Arbeitslosigkeit, aber selbst das befindet sich eher im Abbau. Stattdessen erwächst daraus die indirekte Pflicht, sich deutlich unter Wert für Billiglöhne zu verkaufen.
Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Bei Überangebot sinkt dieser. Und das wird er auch, wenn dieses in hochqualifizierten Jobs anlangt. Perspektivlosigkeit breitet sich immer mehr aus. Selbst schon unter Hochschulabsolventen, Stichwort rückläufige Absolventenzahlen. Eben nicht nur aus Blödheit. Höchste Bildung hilft auch nur bedingt für gut bezahlte Arbeit und gegen Massenarbeitslosigkeit.
Vernünftiger wäre womöglich, zugunsten aller (eben besonders der Niedriglöhner und Arbeitslosen) und für eine Übergangszeit allgemein weniger Lohn zu beziehen und sich in der Mitte zu treffen.
Nur DAS will ja keiner von den Besserverdienenden Angestellten, so egoistisch oder gleichgültig ist man dann doch noch, man hat ja schliesslich den höheren Bildungsabschluss und zudem Glück gehabt. Und vergleicht sich noch dazu hierbei mit den Hochlohnländern, nicht etwa genauso mit Billiglohnländern, wie bei anderen Themen, eben wie es gerade passt. Wenn man Abstriche macht, dann maximal aus Eigennutz für den eigenen Arbeitsplatz. Und die Gewerkschaften streiken dabei auch noch fröhlich mit. Vllt. ist dies ja auch eher ungebracht in schlechteren Wirtschaftszeiten? Doch selbst diese Möglichkeiten haben Arbeitslose und Geringverdiener nicht, die haben garkeine Lobby.
Früher baute man eine Mauer, um Widerspenstige drinnen zu halten, heute baut man eine Rutsche, um sie loszuwerden.
Entweder ziehen alle am gleichen Strang oder keiner.
Doch drehen wir uns mal wieder im Kreis, wenn wir hier nochmal alles durchkauen, wieso warum weshalb. Fakt ist, es gibt kein Modell, was alle Probleme mit einem Schlag beseitigt. Da ist unser System bereits viel zu verfahren, von Lobbyismus durchdrungen und auf dem globalem Markt nicht mehr konkurrenzfähig. Um wirklich was positiv für alle zu ändern, müsste man an allen Stellen ansetzen. Am Lohnniveau anzusetzen kann etwas ausbremsen und Zeit gewinnen, aber die wirklichen Ursachen und Probleme löst das alleine natürlich nicht, das ist klar.
Aber garnichts zu tun wie bisher, kann auch nicht der richtige Weg sein. Denn diesen Weg erleben wir ja bereits inkl. seiner Folgen.