Stefan Herwig (Dependent)
"CDs sind einfach zu teuer."
Hier habe ich eine persönliche und eine professionelle Meinung. Ja, jede CD, die derzeit mehr als 15 Euro kostet, ist meines Erachtens zu teuer. Viele Käufer wissen nur, dass eine CD in der Herstellung mittlerweile schon unter 50 Cent kosten kann, warum soll man dafür 17-18 Euro zahlen?
Vom professionellen Standpunkt aus kann aber auch gesagt werden, dass es für eine Schallplattenfirma sehr schwierig ist, den Preis einer CD zu verändern. Dafür muss man erst mal wissen, wie sich so eine CD in der Herstellung kalkuliert, denn die reinen Herstellungskosten sind natürlich nicht die einzigen Kosten. Begleiten wir also mal eine CD von der Herstellung bis zum Verkauf:
* Für die "nackte" CD werden mittlerweile zwischen 35 und 50 Cents bezahlt, das ist übrigens fast unabhängig von der Spielzeit, Maxi-CDs kosten in der Herstelllung also fast genauso viel wie CD-Alben. Dazu kommt aber noch die Verpackung - die sogenannte "Jewelbox" - als Standard Verpackung kostet gerade mal ein paar Cent, aber das Booklet und die Einlegekarte auf der Rückseite können je nach Grösse schon mal bis zu 40 oder 50 Cent kosten. Spezialverpackungen wie das "Digipack" sind natürlich noch teurer, einigen wir uns also mal auf 50 Cents im Schnitt für ein durchschnittliches CD-Album, also 1 Euro für die fertige CD.
* Auf jede legal hergestellte CD kommen aber noch Gebühren von der GEMA drauf, die später an die Urheber (also meistens die Musiker) ausgeschüttet werden, insgesamt im Schnitt ziemlich genau 1 Euro für eine normal verkaufte CD, macht schon mal 2 Euro insgesamt. Die Künstler werden in der Regel vom Verkauf jeder CD beteiligt, und zwar im Schnitt zwischen 1 und 2 Euro, bei Independentfirmen meist etwas mehr als bei den grossen Majorfirmen, die durch ihren riesigen Apparat aber auch viel höhere Kosten haben. Im Schnitt kann man durchaus von 1,75 Euro für eine etablierte Band sprechen, also sind wir schon bei Kosten von 3,75 Euro.
* Dann muss die CD ja vom Presswerk in den Plattenladen kommen, wofür in der Regel eine Vertriebsfirma angeheuert wird. Zumindest ist das bei Independentfirmen meist so, die Majors besitzen ihre eigenen Vertriebe, oder genauer gesagt, sie sind die Vertriebe.... Unser Vertrieb ist die Firma SPV in Hannover. Dort arbeiten über 80 Leute daran, unsere CD-Veröffentlichungen mehr oder weniger flächendeckend in ganz Deutschland präsent zu haben und zu verschicken. Die VNV Nation "Futureperfect" zum Beispiel war am 28. Januar zeitgleich in 1200 Plattenläden in Deutschland vertreten. Dafür ist eine riesige und kostspielige Logistik erforderlich, die auch ihren Preis hat, und von der der Kunde den Vorteil hat, dass er neue CDs am gleichen Tag fast überall findet (das hängt natürlich auch von der Popularität der Band ab, die veröffentlicht wird).
* Der Vertrieb verkauft die CDs für im Schnitt 10 Euro an den Plattenladen, und gibt davon ca. sieben Euro an das Label wieder weiter, also verdient der Vertrieb für Aussendung, Verkauf und Abrechnung ungefähr 3 Euro an einer CD. So ein Vertrieb kann sich übrigens nur finanzieren, indem er viele andere Label ausliefert, so wie eine Plattenfirma also mehrere Bands hat, hat ein Vertrieb mehrere Label, SPV ungefähr 25 zur Zeit.
* Für im Schnitt 10 Euro landet jetzt also die CD beim Schallplattenhandel. Der verkauft so ein Ding im Endeffekt zwischen 15 und 17 Euro, aber da ist ja noch 16% Mehrwertsteuer drin, also verdient er netto um die 3 bis 5 Euro. Da sind dann aber auch Löhne, Ladenmiete und Nebenkosten mit drin, und gerade die sind in den letzten Jahren drastisch gestiegen.
Wer gut aufgepasst hat, kann also mittlerweile mitbekommen, dass das Schallplattenlabel an sich auch nur eine Spanne von 3,25 Euro hat, und da ist die ganze Bewerbung von so einer CD mit Anzeigen, kostenlosen Promo-Exemplaren, Büro & Löhnen mit drin. Wenn sich so eine CD nicht verkauft, verdienen alle wenig (Vertrieb, Handel und Künstler), nur das Label, welches die ganze Veröffentlichung finanziert, kann damit sogar noch Geld verlieren. Also trägt das Label als einziges Glied in dieser Kette sogar noch ein erhebliches Risiko.
Wer jetzt also kritisiert, dass CDs generell zu teuer sind, soll erst mal hier vorschlagen, wo denn die Plattenlabel hier überhaupt sparen sollen, aber immer daran denken, dass man die meisten vernünftig vertriebenen CDs innerhalb von Deutschland binnen 48 Stunden fast überall nachbestellen kann. Auch das ist ein Service, den der Kunde aber scheinbar kaum honoriert, er ist quasi Gewöhnungssache geworden.
Ebenfalls werden sehr oft die CD-Preise mit den damaligen Vinyl-Schallplattenpreisen verglichen, und es wird den Plattenfirmen vorgeworfen, sie verdienten daran generell eine goldene Nase. Dabei wird aber kaum beachtet, dass die CDs seit ihrer Markteinführung 1981 extrem preisstabil geblieben sind, im Gegensatz zu Lebensmittel- Kino- oder Benzinpreisen, um mal die eklatantesten Preissprünge zu nennen. Auch die Preise für Konzerttickets oder Merchandiseartikel sind explodiert. Kritisiert werden aber nur die Preise für ein Produkt, welches seit Jahren fast total stabil geblieben ist, und kritisiert werden vornehmlich die Plattenfirmen, obwohl die Preiserhöhungen die stattgefunden haben, hauptsächlich aus dem Handel kommen.
Ebenfalls gibt es das Argument, dass CDs eigentlich zu teuer seien, eigentlich erst seit Einführung der CD-Brenner, die ja eine nahezu kostenlose Alternative zum legalen Erwerb einer CD darstellen. Auch hier liegt der Verdacht nahe, dass das Argument mit den zu teuren CD-Preisen eigentlich nur vorgeschoben wird, um weiterhin Geld zu sparen.
Die eigentliche Frage sollte doch sein:
Hat eine wirklich gute CD den Preis von 15 (oder auch 20) Euro als Gegenwert denn wirklich verdient? Es denke jetzt bitte jeder mal an seine persönlichen Lieblings - CDs, und wie viel Wert diese CDs für jemanden persönlich haben. Nun hat ja nicht wirklich jede einzelne CD diese Qualität, es gibt eine Menge schlechter Veröffentlichungen auf dem Markt. Und auch ich bin zigmal mit "Blindkäufen" von CDs in die Scheiße getreten, habe aber andererseits dadurch auch einige der schönsten Überraschungen gehabt...