@ m4f10s0:
Deine Anfrage betrifft ein rechtlich sehr umstrittenes Thema. Wobei "umstritten" nicht ganz das richtige Wort ist, denn das Thema wäre nicht umstritten, hätte sich Deutschland an die Weisungen der EU-Richtlinie 1999/44/EG gehalten und bindendes europäisches Recht korrekt umgesetzt.
Das ist jedoch nicht der Fall; Deutschland hat trotz EuGH-Urteils nur ein inakzeptables Minimum umgesetzt.
Um dies zu erläutern (Du hast mich per PN ja darum gebeten) muss ich ein klein wenig juristisch werden:
Im Präzedenzfall hat der BGH den EuGH um Entscheidung gebeten, ob das bisherige (vor Anfang dieses Jahres) geltende Recht vereinbar mit den EU-Richtlinien sei (bei Interesse: Nach Aktenzeichen "Az C 404/06" googeln).
Dieses bisherige Recht besagte, dass im Falle von Ersatzlieferungen die Vorschriften über den Rücktritt anzuwenden seien. Diese besagten, dass Wertersatz zu leisten sei.
Konkret ging es um einen Herd, bei dem sich nach einigen Monaten der Benutzung die Emailleschicht ablöste, er also mangelhaft war. Das Versandunternehmen bot zwar die Lieferung eines komplett neuen Gerätes an, verlangte aber für die bisherige Nutzung des Defektgerätes eine Nutzungspauschale.
Der EuGH entschied, dass das deutsche Recht unvereinbar mit EU-Recht sei (Verstoß gegen die o.g. Richtlinie).
Daraufhin wurde das deutsche Recht geändert. Der § 474 BGB um den Absatz 2 erweitert:
http://dejure.org/gesetze/BGB/474.html
Dieser Absatz 2 verweis auf § 439 Abs. 4, welcher sich jedoch ausdrücklich nur auf die Ersatzlieferung bezieht (Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache), nicht auf den Rücktritt.
Dies war ein juristischer Trick, mit dem es gelang, zwar den konkreten Fall (der mit dem Herd) zu einer rechtlich einwandfreien Regelung zu verhelfen, darüber hinaus aber die Interessen der deutschen Industrie schützen sollte. Denn man will mit aller Macht den absoluten Verbraucherschutz zu Lasten der produzierenden Unternehmen über die gesetzlich geforderten zwei Jahre verhindern.
Veranschaulicht wird dies hierdurch: Derzeit und nach dem Willen der EU wird der Verbraucher durch eine Ersatzlieferung begünstigt, ja sogar bereichert. Denn der Verbraucher erhält nach mehrmonatiger Nutzung ein völlig neues Produkt (unentgeltlich) sowie einen Neubeginn der Verjährung (Gewährleistung). Das ist, wie gesagt, im Sinne des Verbraucherschutzes von der EU explizit so gewollt und gesetzlich gefordert (Deutschland kann sich dem nicht widersetzen).
Wie aber liegt der Fall, wenn der Händler aufgrund von Unmöglichkeit gar nicht mehr einen Ersatz liefern kann (§ 275 BGB)? Etwa deshalb, weil das erworbene, defekte Produkt nicht mehr hergestellt wird und nicht mehr lieferbar ist.
Diese Situation ist ungeklärt. Denn entweder bietet der Händler ein äquivalentes Produkt an (in Art und Güte gleichwertig); dieses muss der Verbraucher jedoch nicht unbedingt akzeptieren, denn es könnte ihm dennoch missfallen (Bsp: der als Ersatz angebotene Herd passt aus Sicht des Kunden optisch nicht in seine Küche; das Produkt kommt von einem anderen Hersteller, den der Kunde - aus welchen Gründen auch immer - ablehnt und niemals freiwillig gekauft hätte).
Andernfalls bleibt dem Verbraucher nur der Rücktritt - der nach derzeitiger Rechtslage zu einer Nutzungsentschädigung zugunsten des Händlers führt.
Nun ist es aber absolut nicht im Sinne des Gesetzes (des EU-Gesetzes; der EU-Richtlinie, s.o.), dass es von einem völlig zufälligen Ereignis abhängt (nämlich ob Ersatzlieferung überhaupt möglich oder nicht - dies liegt in der Verantwortung des Herstellers, nicht des Verbrauchers), ob der Verbraucher zahlen muss oder nicht.
Hier liegt ein klarer Verstoß gegen geltendes EU-Recht vor. Dies ist vom deutschen Gesetzgeber selbstredend auch erkannt worden - und es wurde auf absolut unverschämte, lobbyistische Weise ignoriert.
Das von Dir angesprochene Thema bezieht sich damit auf einen der größten Rechtsbrüche in der Geschichte des deutschen Rechts.
Ich selbst stand, als das o.g. Verfahren gerade begonnen hatte, vor exakt demselben Problem: Ich besaß eine XFX 7900 GTX-Grafikkarte, von der bekannt wurde, dass der Chipsatz fehlerhaft war und über 20 % der Karten vorzeitig (innerhalb der Gewährleistung) ableben ließ. Ich hatte für die Karte seinerzeit 430 € bezahlt.
Meine Karte war nach 1 1/2 Jahren kaputt.
Daraufhin wollte man mir eine 8800GT eines Billiganbieters als Ersatz zukommen lassen. Diese Karte war von den Werten (GPU-Takt, VRAM-Takt) gleichwertig, doch konzeptionell von minderwertigem Design. (Ach ja, eine 7900 GTX war zu der Zeit natürlich nicht mehr lieferbar).
Ich gab mich damit nicht zufrieden und musste über Monate einen heftigen Streit mit meinem Händler ausfechten - bis unmittelbar vor Eröffnung eines Rechtsstreits. Erst als dem Händler klar wurde, wie weit ich zu gehen bereit war (ich hätte unter Mithilfe der Verbraucherzentralen bis zum BGH / EuGH geklagt), gab der Händler nach: Ich bekam das komplette Geld zurück.
Für Dich habe ich daher folgende Ratschläge:
1) Sichere Dir Beweise (zB online), dass der Defekt bereits von Anfang an vorlag.
2) Verlange zunächst die Lieferung exakt des gleichen Notebooks (in diesem Falle gibt es ohnehin KEINESFALLS einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung / Wertersatz).
3) Ist dies nicht lieferbar, dann schaue Dich bei Deinem Händler nach einem Produkt um, welches DIR gleichwertig erscheint, also welches DU als Ersatz akzeptieren würdest. Unterbreite Deinem Händler diesen Vorschlag. (Es könnte uU auch funktionieren, um eine Zuzahlung zu verhandeln, wenn Du ein besseres Produkt wünschst)
4) Lehnt er alles ab, drohe mit einem Gerichtsverfahren und fordere zugleich ein Gegenangebot ein.
5) Kommt kein Gegenangebot oder bist Du mit diesem nicht zufrieden, formuliere ein letztes Mal Deine Forderungen unter dem Hinweis, dass bei Nichtzustimmung das Gerichtsverfahren eröffnet werden wird.
6) Kommt es zum Äussersten, so wende Dich an die Verbraucherzentralen und / oder Deinem Anwalt.
Wenn Du keinen kompetenten Anwalt kennst, so kontakte mich per PN. Ich kann Dir einen sehr guten Anwalt vermitteln.
MfG,
Dominion.