Oettinger nach Trauerrede politisch noch tragbar?

Wobei hier unterschieden werden sollte: Filbinger hat als Marinerichter Desateure zum Tode verurteilt (nichts unübliches in der militärischen Welt), nicht Frauen und Kinder ins Gas geschickt. Von daher geht es eigentlich (ausnahmsweise) mal nicht um die Aufbürdung der Schuld, sondern nur um die vermutete Verdrehung historischer Tatsachen seitens Oettingers.
 
Sorry, aber wer quasi 1:1 die Rechtfertigungen Filbingers wiederholt, der hat möglicherweise ganz schlechte Redenschreiber. Ja sicher man muß an seinem Grab nicht auch noch kritisch werden. Aber es war keinesfalls angebracht oder berechtigt was er gesagt hat. Und das muß man als Politiker wissen, das man solche Unwahrheiten nicht öffentlich raushaut. Und wenn man davon ausgeht das Oettinger eben nicht blöd ist und keine schlechten Redenschreiber hat, dann ist es schlicht Kalkül gewesen und daß ist das Verwerfliche daran.

Daß man meint mit solchen Themen und mit dem in der rechtslastigen CDU, sowie beim, in BW traditionell vorhandenen, rechten Rand, immer noch angesehenen Filbinger punkten zu können. Und das man sich hinterher für eine billige Publicity-Aktion nichtmal aufrichtig entschuldigen kann, sondern meint, daß wäre ein Mißverständnis und man hätte ja das Richtige gesagt, wäre nur falsch verstanden worden, das ist der politische Skandal. Mag man ihn vielleicht nicht wegen seiner politischen Gesinnung verdammen können, wegen seiner Skrupellosigkeit schon. Und ob nun ausgerechnet Oettinger an der wirtschaftlichen Lage in BW soviel Verdienst hat, das sei mal dahingestellt. Es ist allerdings keine Entschuldigung, denn das wäre auch so ein gern genutztes Propaganda-Argument. ("Er hat immerhin die Autobahn bauen lassen.":freak:)

Also, es ist moralisch gesehen eine Sauerei und wenn er sich nicht zu einer aufrichtigen Klarstellung durchringen kann, dann sollte es ihm nicht anders gehen als Filbinger. Anderseits ist heutzutage Moral wohl nur eine lästige Erfindung der Gutmenschen, ansonsten hätten so einige Minister ihre Posten schon abgeben müssen. Insofern werden die Auswirkungen für Oettinger und die nächsten Landtagswahlen marignal sein. Kann ja mal in Hessen nachfragen wie man das so macht. :rolleyes:
 
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@Wintermute:
Klar, Filbinger liegt unter der Decke, soll er jetzt deshalb als "Gegner des Regimes" gelten, nur weil ein fehlgeleiteter, reaktionär-neoliberaler CDU-Politiker das anders sieht? Ich denke nicht. Wie gesagt, man sollte sicher einen klaren Kopf bewahren und das Schwingen mit der Moralkeule ist nicht der richtige Weg, allerdings soll man doch auf die Richtigstellung der historischen Tatsachen wert legen, oder etwa nicht?

@Bassi85: Da geht es mir nicht anders als Dir. Ich bin "natürlich" auch jemand, der die Zeit nur aus Erzählungen und Literatur kennt, und maße mir nicht an, über die Frage "Kollektivschuld - ja oder nein?" zu entscheiden. Es trägt allerdings nicht zur Aufarbeitung bei, einfach mal das Buch "zuzuklappen", sondern im Gegenteil: wer der Ansicht ist, Aufarbeitung hätte etwas mit "Anlegen der Büßerkette" zu tun, der unterliegt einem fatalen Irrtum. Es kommt darauf an, dass wir offensiv diese Angelegenheit annehmen, keinen Revisionismus dulden und gerade deshalb selbstbewusst auftreten können. Dieser Eindruck wird von nationalkonservativer Seite ständig bzw. immer noch erweckt, dass die Aufdeckung individueller Schuld zur Schande des deutschen Volkes beitrage, wobei ja die Deutschen alle Opfer und stolze Verteidiger "ihres" Landes gewesen seien. "Die Verbrecher, das waren andere ... " Womit man die übliche Bunkerkombo mit Adi, little Joe und big fat Göhring meint ...

Dies wäre die falsche Herangehensweise, weil sie die Systematik der Funktionsweise des NS-Staats leugnet, ohne die jubelnde Masse, die wegschauende Zivilgesellschaft oder die kollaborierenden Kräfte in Wehrmacht und Juristerei hätte es nicht so weit kommen können. Und einen entgegengesetzten Eindruck darf kein marginaler Oettinger oder sonstwer erwecken, denn sonst befinden wir uns mal eben wieder im Verdrängen und Nichtwissen ...
 
Nö, soll er nicht. Das passt schon, das man es richtigstellt. Meine Punkt ist nur das man auch irgendwann wieder zur Tagesordnung übergehen und nicht so ein Brimborium veranstalten sollte. Ansonsten siehe Wiki-Link zu Filbinger.

//edit:
Bei Dingen die es nicht zu vergessen gilt könnte man z.B. auch zur Abwechslung mal den 1. WK nehmen. Click.
Besonders der Abschnitt "Giftgas" ist Interessant. Komischerweise interessiert sich da heute keiner mehr dafür.
Eignet sich eben nicht mehr gut als PR/Moralkeule. Weder für Kritiker noch für die Apostel.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wer sich für die deutsche Geschichte interessiert, wird nüchtern feststellen müssen, daß Oettinger in seiner Trauerrede Lügen über Hans Filbinger verbreitet hat.

Und er fühlt sich mit reinem Gewissen dazu berechtigt: Wer hat sich schon darüber erregt, daß Filbinger schon 1979 bis zu seinem Tode zum Ehrenvorsitzenden seiner Partei ernannt wurde, daß er 2004 als „untadeliger Wahlmann“ Baden-Württembergs den Bundespräsidenten mitwählen durfte und daß er schließlich in einem Staatsakt beigesetzt wurde? Niemand.

Seine drei Tage später als offener Brief veröffentlichte Stellungnahme zeugt von seinem völligen Unverständnis gegenüber der erhobenen Kritik an seinen geschichtlichen Korrekturen. Nachvollziehbar ist sein Frust schon: Wenn man glaubt, daß über eine Sache Gras gewachsen ist, kommt ein Kamel und frisst es wieder weg. Wer hätte aber auch ahnen können, daß es noch so viele lebende Zeitgenossen gibt, die sich noch mit der Bewältigung der deutschen Nazi-Vergangenheit beschäftigen.

Aus diesem völligen Erstaunen heraus gelingt auch seine nunmehrige Entschuldigung kaum, da Oettinger selbst hier nicht bereit sein kann, seine verfälschte Darstellung der Person Filbinger zuzugeben. Mit seiner Äußerung „Ich glaube übrigens, man sollte einen Menschen nicht sein Leben lang für Fehler verurteilen, die er möglicherweise als junger Mensch in diesem grausamen System gemacht hat“ versucht Oettinger wieder eine Nebelbombe zu legen: Was hat diese allgemein geteilte Auffassung mit Filbinger zu tun? Absolut nichts! Denn der eigentliche Skandal im Verhalten Filbingers war doch die noch Jahrzehnte lange Verteidigung seiner Todesurteile mit den Worten: „Was damals Recht war, kann heute kein Unrecht sein.“ Diese Unbelehrbarkeit zeigte Filbinger nicht als junger, von den Nazis fehlgeleiteter Mensch, sondern als Baden-Württembergs Ministerpräsident!
Oettinger versucht hier noch nachträglich Entlastungsgründe anzuführen, in dem er wiederum Tatsachen unterschlägt und gleichzeitig auf die Unwissenheit oder Vergesslichkeit der Deutschen vertraut.

Wie naiv muß man eigentlich sein, um den Inhalt der Trauerrede Oettingers als Versehen oder Ungeschicklichkeit zu werten. Sie war eine normale Fortsetzung vorausgegangener „Geschichtsbereinigungen“.
 
SheepShaver schrieb:
Da sieht man mal wieder, was für ein komplexbehaftetes Volk die Deutschen sind. Die Forderung nach Rücktritt halte ich für gänzlich überzogen und geradezu lächerlich.

Für mich stellt sich eigentlich eher die Frage, wer fordert den Rücktritt ? "Das deutsche Volk" mit Sicherheit nicht, das hat besseres, wichtigeres zu tun als sich mit soetwas zu befassen.
Die Politik und der Judenrat sind diejenigen, die nicht mehr ganz bei trost sind. Ich sag nur Medienhetzerei.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: (Diverse ??? entsorgt, Regeln lesen bitte.)
@Jules Bärle

Schön mal wieder diesen Vergleich zu lesen NS/DDR......das haben die Rechten immerwieder gut drauf.
Aber wo bleibt deine Kritik gegenüber der Rede von Oettinger? Du nimmst sogar den Filbiger in Schutz, wie lächerlich.
Wie soll die deutsche Jugend die Nazi-Ära hinter sich lassen, wenn die Alten immerwieder diesen Kram ausgraben!? Oettingers Rede hätte auch anders ausfallen können, ohne diesen Nazischeiß.
 
@Jules:
Offensichtlich hast Du nicht viel verstanden von dem, was ich geschrieben habe ...

Es geht nicht darum, jemanden zu verurteilen, sondern darum, wie man die historische Rolle einer spezifischen Person in einem bestimmten Kontext beurteilen will. Offensichtlich hast Du Dich nicht mit den Äußerungen Oettingers befasst, denn sonst wüsstest Du, dass dieser Filbinger eine Gegnerschaft zum NS-Regime angedichtet hat. Das ist schlicht und einfach falsch und zudem skandalös gegenüber tatsächlichen Widerstandsgruppen ...

Filbingers Einstellung bis zu dessen Tod, dass er nichts zu bereuen habe, zeigt zusätzlich, dass er schlicht nicht als "Gegner des Systems" gelten darf, nicht mehr und nicht weniger. Das verbietet aber eine nachträgliche moralische Reinwaschung seiner Vergangenheit.

Im übrigen halte ich es für relativ merkwürdig, mich der unnötigen Polemik zu beschuldigen, während Du mich und andere, die eine von Dir abweichende Meinung vertreten, als "selbstgefällig" titulierst, das wirkt natürlich unheimlich seriös, bravo!

Außerdem habe ich bereits betont, dass es nicht darum geht, wer sich wie, wann und unter welchen Umständen verhalten hätte, sondern darum, wei man im Nachhinein seine eigene Rolle beurteilt. Steht man dazu, gibt man Fehler zu oder denkt man immer noch, alles richtig gemacht zu haben. Ich zitiere daher noch einmal meinen Beitrag, da Du diesen offenbar nicht richtig gelesen hast:

Um noch einmal ein Wort über das Thema "wer hätte sich damals anders verhalten ...?" zu verlieren: darum geht es nicht! Es geht darum, dass jemand von seiner fragwürdigen Vergangenheit reingewaschen werden soll, obwohl dazu kein Anlass besteht. Entweder man steht zur eigenen Vergangenheit, bekennt sich zu seiner Verantwortung oder man leugnet sie. So wie Filbinger diese Verantwortlichkeit bis zu seinem Tod nicht annehmen wollte, so versucht Oettinger, die dadurch entstandene historische Last glatt zu bügeln und unter den Tisch zu kehren.
 
JulesBärle schrieb:
Absolut unglaubwürdig und lachhaft.

Ich weiß nicht wie du es immer schaffst, aber du kannst mit dem Elan einer völligen Überzeugung so ziemlich alles relativieren was nach gesundem Menschenverstand eigentlich selbstverständlich sein sollte.

Nochmal: Filbinger war kein Regimegegner, denn dazu hätte er tatsächlich dagegen sein müssen. Er war ein Mitläufer wie viele Deutsche auch. Und die Sache ist nicht die, daß man ihn deswegen als glühenden Nazi sehen müßte, sondern das man für moralisch falsche Urteile wenigstens Reue erwarten kann. Und so wie Todesurteile die DDR-Richter fällten als Unrecht angesehen werden, so werden auch die unter zweifelhaften Umständen entstandene Urteile an denen Filbinger mitgewirkt als Unrecht angesehen. Niemand kann diese rückgängig machen, aber sie im Nachhinein zu verharmlosen ist gefährlich, unnötig und zeigt die Zustimmung dazu.

Und dieses alte Geschwätz von wegen, wer konnte denn vor 1945 ahnen das das alles Verbrecher waren, ist nun wirklich eine Verharmlosung aller erster Güte. Selbst du solltest wissen, das man es nicht hören wollte und nicht wissen wollte, aber jedem war klar, das dieses Regime verbrecherisch war. Und das jeder der daran mitgewirkt hat eben auch seinen Teil dazu beigetragen hat.

Und es geht ganz sicher nicht um "jedes Urteil", es geht um solche mit Todesstrafe und solche die nicht aus Zwang sondern aus Überzeugung gesprochen wurden. Und wer sich nicht davon distanzieren will, der muß damit leben, daß man ihm Überzeugung vorwirft, selbst wenn die Kritik mitunter über das Ziel hinausschießt.

Und der Goebbels<->ZdJ Vergleich ist deine typische Polemik, die dich so beliebt macht. :rolleyes: Wie kannst du dich dazu durchringen im gleichen Atemzug etwas als "maßlos überzogen" anzuprangern?
 
Zuletzt bearbeitet:
-oSi- schrieb:
Ansich hat Oettinger nichts falsches gesagt.
Doch vom moralischen Standpunkt aus, hätte er es nicht tun sollen.
[...]
In meinen Augen sollte er zurücktreten.
Andere Politiker sind schon wegen weniger gegangen (worden).

Sag mir doch mal bitte wie diese beiden Aussagen zusammen passen sollen?!

Mein Gott es ging um eine Trauerfeier! Und bei einer Trauerfeier sollte man vielleicht eher die positiven Aspekte des Lebens des Toten betonen anstatt zu Lästern.

Und wenn Herr Oettinger sagt, dass Filbinger eben kein Nazi war sondern ebenso wie viele andere den Zwängen des Regimes unterworfen war, dann darf er das sagen so lange er damit die Wahrheit nicht verzerrt.

Ich weis nicht viel über Filbinger. Aber damit weis ich nicht weniger als die meisten hier und im Rest Deutschlands. Es ist also gar nicht möglich die Rede Oettingers angemessen zu kritisieren, wenn man nicht weis, was denn nun wirklich die Person Filbinger ausgemacht hat.

Hier mal die Rede im Wortlaut:
http://www.tagesspiegel.de/politik/nachrichten/oettinger-filbinger-rede/99262.asp

Ohne zu wissen was denn nun damals wirklich passiert ist kann ich nicht beurteilen ob diese Rede nun mutig oder dumm war!
Aber wenn Oettinger mit seiner Einschätzung des Lebens von Filbinger recht hatte, dann muss ich ihm meinen Respekt zollen, denn er hatte den Mut dies zum passenden Zeitpunkt auszudrücken.

Am Rande: Ich bin ein Feind von allem was rechts ist ...

/edit: Um das ganze nochmal in einen gewissen Kontext zu bringen:

Ich weis nicht in wie weit Filbinger bei den Verhandlungen in denen ein Todesurteil in seiner Gegenwart ausgesprochen wurde jetzt eine freie Entscheidungsgewalt hatte oder nicht...
Aber:
Die Fahnenflucht im Felde war bis zum Beginn der NS Zeit bereits eine strafbare Handlung die auch mit dem Tode bestraft wurde.
Es war also, aus damaliger Sicht, nicht unbedingt eine Besonderheit des NS Regimes. Filbiger hat bei diesen Urteilen also in erster Line nach bisher üblichem geltenden Recht entschieden.
Zur Verdeutlichung:
Wenn in den USA die Todesstrafe abgeschafft wird, möchtet ihr euch dann hinstellen und die Richter die in der Vergangenheit ein Todesurteil fällten als Mörder abstempeln?
 
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Mal langsam. Niemand bezeichnet Filbinger als Mörder. Niemand zweifelt daran, daß er innerhalb eines Systems gehandelt hat und deswegen an Dingen mitgewirkt hat, die moralisch zu Recht als falsch angesehen werden. Und Fahnenflüchtige zum Tode zu verurteilen gehört dazu, das bleibt auch so, selbst wenn es rechtlich damals möglich war. Niemand wird ihn wegen Rechtsbeugung anklagen. Und bisher hat niemand gesagt das Filbinger ansonsten ein schlechter Mensch war. Nur das er Fehler gemacht hat die er nicht akzeptieren wollte und Oettinger hat dies nachträglich nochmal ans Licht gezerrt.

Aber es bleibt Fakt das Menschen die nichts verbrochen hatten außer einem unmenschlichem Krieg zu entfliehen zum Tode verurteilt wurden. Dies nichtmal zu bedauern und dies mit der Begründung, daß es damals ja Recht war, ist keine überzeugende Distanzierung. Aber vorallem macht es einen nicht zu einem Regimegegner wie er es und wie es Oettinger darstellen wollte.

Oettinger schrieb:
Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes.

Ja, es gab Zwänge und die meisten haben sich dem unterworfen. Aber deswegen wird es nicht richtiger und ein Bereuen wird nicht durch Abschieben von Verantwortung ersetzt. Jeder Deutsche der sich seit 1933 täglich mit diesem System auseinandersetzen mußte, sollte sich die Frage stellen lassen, was er für oder gegen das System getan hat. Und wenn er nichts dagegen unternommen hat, dann ist er vielleicht kein schlechter Mensch, aber er muß sich Fragen gefallen lassen. Und wer darauf mit Rechtfertigungen antwortet, er habe nichts gewußt, nur Befehle ausgeführt, nach geltendem Gesetz gehandelt, der hat seine Mitschuld nicht akzeptiert. Und wer heutzutage meint, daß diese Argumentation ja völlig berechtigt ist, der muß sich fragen lassen, ob ein System wie das "dritte Reich" mit ihm nicht auch wieder möglich wäre. Nicht durch ihn direkt und nicht als Gesinnungstäter, aber als Bürger der nur seine Pflicht erfüllt. Denn bei aller Gesetzestreue, die ich durchaus verstehe, kann Moral nicht durch Gehorsam ersetzt werden.

Und Filbinger in die Nähe von tatsächlichen Regimegegner zu stellen und dann noch so tun als ob man falsch verstanden worden sei, daß ist ein Affront gegenüber echten Widerständlern und Opfern. Während Deserteure und Exilanten, zur gleichen Zeit wie die Enthüllungen über Filbinger, von der gleichen Klientel immer noch kritisch beäugt wurden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn er aber, wie Oettinger ja auch schildert, 2 Menschen das Leben gerettet hat und dabei seine eigene Unversehrtheit in Gefahr brachte, dann hat er sehr wohl den Titel des Regimegegners verdient. (Möbius und Forstmeier)

Aber es bleibt Fakt das Menschen die nichts verbrochen hatten außer einem unmenschlichem Krieg zu entfliehen zum Tode verurteilt wurden. Dies nichtmal zu bedauern und dies mit der Begründung, daß es damals ja Recht war, ist keine überzeugende Distanzierung.

Warum muss er sich klar distanzieren?! Er hat sich bei den Urteilen streng an seid Jahrzehnten geltendes Recht gehalten. Ein Recht was nicht erst durch das NS Regime gültig wurde.
Als Richter ist er einzig und allein dem Recht verpflichtet und muss sich bei der Auslegung dieses Rechtes streng an die vorliegenden Paragraphen halten.
Das er anscheinend nicht freiwillig Richter wurde und zudem auch noch mit ernsthaften Konsequenzen zu rechnen hatte, wenn er sich nicht an die Paragraphen hält verschärft dies noch.

Somit ist sein Ausspruch: „Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein!“ im Grunde genommen schon passend.

Wenn ein Richter heute Angst haben müsste, dass er sich für die Urteile die er fällt irgendwann verantworten muss obwohl diese nach geltendem Recht gefällt wurden.

Filbinger trifft in meinen Augen nicht mehr Schuld als sie jeder andere Deutsche der in der damaligen Zeit zugelassen hat, dass Hilter an die Macht kommt tragen muss. Und zu diesen Leuten gehören auch jene die wir heute als große Feinde des NS Regimes stilisieren ...


Weg von diesem Teil der Diskussion:

Ich finde es zutiefst beschämend, dass die Politiker die sich für eine Begnadigung Christian Klars aussprechen heute den Rücktritt von Oettinger fordern.
 
Der Daedalus schrieb:
Sag mir doch mal bitte wie diese beiden Aussagen zusammen passen sollen?!
Wenn du meine Worte auseinander reisst, dann passen sie nicht mehr zusammen.

Ich vergass jedoch zu erwähnen, dass die Radio-Sendung (nicht meine Worte) das Wort "Aber" ist Spiel brachte.
Denn legt man jedes Wort auf die sog. Goldwaage, was in der Politik gerne gemacht wird, dann hat er von diesem Standpunkt aus inhaltlich nichts falsches gesagt.


Jetzt kommt meine Meinung:
Er hätte es so nicht machen sollen.
Genug Kritik kam von allen Seiten.
Das hat er auch gemerkt und sich entschuldigt.

Meine Rücktrittsforderung von heute vormittag war übers Ziel hinaus geschossen.
Habe das ja inzwischen relativiert.
Wir sind auch Menschen und machen Fehler.

Oettinger ist auch einer.

Von mir wars das.
Für mich ist die Sache jetzt gegessen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Daedalus schrieb:
Wenn ein Richter heute Angst haben müsste, dass er sich für die Urteile die er fällt irgendwann verantworten muss obwohl diese nach geltendem Recht gefällt wurden.

Ich frage dich nochmal wo jemals seine Arbeit als Richter juristisch belangt worden wäre. Ja er hat damals nach geltendem Recht gearbeitet und hat deswegen nicht zu befürchten und muß sich im strafrechtlichen Sinne auch nicht dafür verantworten. Aber er bekleidete ein öffentliches Amt und vielleicht ist das heute auch gar nicht mehr so von Belang, aber mitten in der ersten Welle der Aufarbeitung des Unrechts ohne Reue zu argumentieren, daß ist zumindest merkwürdig gewesen. Es ist und bleibt ein Fehler, daß er sich für diese Urteile nicht verantwortlich fühlte, sondern die Umständen dafür verantwortlich machte. Ein Fehler den Oettinger wiederholte und heute gerade noch abgebogen hat. Denn auch das ist und war Politik. Wenn man nicht rechtzeitig gegensteuert, dann wird aus einem lauen Lüftchen ein Sturm. Ja, Moral ist ein launisches Wesen, aber beide wissen, was eine solche Verteidigung bewirkt.

Und das Filbinger sich aus Karrieregründen diversen Nazi-Organisationen freiwillig angeschlossen hat, muß man zumindest nicht als Entlastung sehen. Er war vielleicht nur ein Karrierist, aber bedauert hat er es offenbar nicht.

Der Daedalus schrieb:
Weg von diesem Teil der Diskussion:

Nein, denn das hat mit der Sache nichts zu tun. Und ohne Namen, Beleg, noch Versuch die vermeintliche Verbindung zu verdeutlichen sollten wir nicht anfangen vom eigentlichen Thema abzuweichen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Daedalus schrieb:
Warum muss er sich klar distanzieren?! Er hat sich bei den Urteilen streng an seid Jahrzehnten geltendes Recht gehalten. Ein Recht was nicht erst durch das NS Regime gültig wurde.
Als Richter ist er einzig und allein dem Recht verpflichtet und muss sich bei der Auslegung dieses Rechtes streng an die vorliegenden Paragraphen halten.
Das er anscheinend nicht freiwillig Richter wurde und zudem auch noch mit ernsthaften Konsequenzen zu rechnen hatte, wenn er sich nicht an die Paragraphen hält verschärft dies noch.

Diese Einstellung empfinde ich als hochgradig problematisch. Als Richter ist man nicht nur dem Gesetz verpflichtet, sondern auch seinem eigenen juristischen Sachverstand. Ebenso, wie heute DDR-Richter zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie menschenrechtswidrige Urteile fällten, so muss man selbstverständlich auch die Jurisprudenz des NS-Staates daraufhin untersuchen. Ein Gesetz wird nicht dadurch anwendbar, indem es Anciennität geniesst, sondern indem es vom Richter herangezogen wird. Die Behauptung, er habe sich in Gefahr befunden, ist schlicht eine weitere Geschichtsklitterung. Im Nachhinein ist das eine häufig gebrauchte Ausrede. "Befehlsnotstand" nennt sich sowas, was die Angelegenheit aber nicht besser macht. Richter der NS-Zeit haben vielfach durch vorauseilenden Gehorsam auf sich aufmerksam gemacht. Diejenigen, die ihre Handlungen nicht mit ihrem gewissen vereinbaren konnten, verliessen auch das Land. Nicht so Filbinger. Er war sich dessen bewusst, im Namen einer Administration zu handeln, die verbrecherisch handelte, weil sie einen verbrecherischen Krieg führte. Es ist jetzt müssig darüber zu diskutieren, was Filbinger hätte tun können. Allerdings hat er in den letzten Kriegsmonaten, also zu einem Zeitpunkt, an dem der Irrsinn immer deutlicher und die Niederlage zur Gewissheit wurde, an den unmenschlichen Richtlinien festgehalten. Und diese Handlungsweise rechtfertigt unter gar keinen Umständen eine Titulierung als "Gegner des Regimes". Da kann man sich drehen und wenden, wie man will ...

PS: Ich wüsste zu gerne, was die RAF mit Oettinger zu tun hat ...
 
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Naja, die RAF war keine faschistoide Bande und deswegen hinkt der vergleich mit Oettinger gewaltig. Mir persönlich ist es völlig egal, dass es zum x-ten mal einen Politiker aus konservativen Parteien gibt, der mal wieder versucht über Ressentiments Wählerstimmen zu erhaschen. Was er davon hat sieht er gerade. Ob das positive Propaganda ist wage ich zu bezweifeln. Sein Ruf dürfte für die Zukunft eh im Arsch sein, egal ob er jetzt zurücktritt oder nicht. Ein Konservativer weniger der in einem Spitzenamt aufsteigen könnte. Rechnung geglückt :D
Ich würde ihn nicht zum Rücktritt auffordern, aber an seiner Stelle auch schon von alleine den Hut nehmen. Ein Narr kann nur glauben, dass man in der BRD auch nur Halbsätze bezüglich einer Relativierung einer Person mit dem NS-Regime ungestraft ablassen könnte. Von daher würde ich eher sagen: Selber schuld. Tritt er zurück, so macht er es sich einfacher. Bleibt er im Amt, so wird er sich langsam selbst zermürben. Völlig unabhängig davon ob dieser Vorgang positiv oder negativ zu bewerten ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Daedalus schrieb:
Warum muss er sich klar distanzieren?! Er hat sich bei den Urteilen streng an seid Jahrzehnten geltendes Recht gehalten. Ein Recht was nicht erst durch das NS Regime gültig wurde.
Als Richter ist er einzig und allein dem Recht verpflichtet und muss sich bei der Auslegung dieses Rechtes streng an die vorliegenden Paragraphen halten.
....
Somit ist sein Ausspruch: „Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein!“ im Grunde genommen schon passend.

Wie rumpel01 und HappyMutant bereits geschrieben haben, erscheint diese Haltung sehr problematisch. Dem kann ich nur beipflichten. Um deren Argumente nicht zu wiederholen, beschränke ich mich auf die Darstellung einiger ergänzender Sachverhalte.

Sehr spät – für viele Opfer leider zu spät – hat sich die Justiz mit ihrer eigenen Rolle während der NS-Zeit auseinandergesetzt. So brauchte es immerhin bis zum Jahre 1991, bis endlich der BSG durch seine grundlegende Entscheidung vom 11. September 1991 ( Az. 9 RV 11/90) erstmalig feststellte, dass die Todesurteile der Militärstrafjustiz während des 2. Weltkriegs die Hinterbliebenen der von ihnen betroffenen Soldaten in der Regel nicht von allen Leistungen des BVG ausschließen, weil angesichts der Gesamtumstände die Rechtswidrigkeit der Urteile zu vermuten ist.

Unter strafrechtlichen Gesichtspunkten wurde der BGH sogar erst 1995 konkreter, als die in der DDR verhängten Todesurteile auf den "Prüstand" gelangten und sich in diesem Zusammenhang Vergleiche mit der NS-Justiz aufdrängten.
So hat sich der BGH in seinem Urteil vom 16.11.1995 (Az. 5 StR 747/94) wie folgt ausgelassen
Eine besonders kritische Überprüfung von Todesurteilen ist namentlich vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der NS-Diktatur notwendig. Das menschenverachtende nationalsozialistische Regime wurde durch willfährige Richter und Staatsanwälte gestützt, die das Recht pervertierten. Die Grausamkeit, die das Bild der Justiz in der NS-Zeit prägt, gipfelte in einem beispiellosen Mißbrauch der Todesstrafe. Diese Erfahrungen führten in der Bundesrepublik zur Abschaffung der Todesstrafe durch Art. 102 GG .
.............
Der Senat verkennt nicht, daß Maßstäbe, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland bei der Beurteilung von NS-Justizunrecht angewandt. worden sind, weit weniger streng waren. Die Erkenntnis, daß eine Todesstrafe nur dann als nicht Rechtsbeugerisch anzusehen ist, wenn sie der Bestrafung schwersten Unrechts dienen sollte, hätte in einer Vielzahl von Fällen zur Verurteilung von Richtern und Staatsanwälten des nationalsozialistischen Gewaltregimes führen müssen. Derartige Verurteilungen gibt es trotz des tausendfachen Mißbrauchs der Todesstrafe, namentlich in den Jahren 1939-1945, nur in sehr geringer Zahl (vgl. Spendel, Rechtsbeugung durch Rechtsprechung 1984 S. 17; Lamprecht NJW 1994, 562 ).

Es könnte durchaus sein, daß sich Filbinger 1979 mit seinem Ausspruch noch im Gleichschritt mit der bundesdeutschen Justiz wähnte, da sie zu diesem Zeitpunkt ihre Sprachlosigkeit noch nicht überwunden hatte. Wären entsprechende Entscheidungen bereits in der Welt gewesen, wäre er Filbinger vielleicht nicht so leicht von den Lippen gekommen. Aber das ist nur meine Vermutung und kann auch nicht als Entschuldigung für seine Uneinsichtigkeit gelten. Denn die moralische Aufarbeitung der eigenen NS-Verstrickungen ist eine urpersönliche und charakterliche Aufgabe, die nicht erst dann angenommen werden kann, wenn mich äußere Umstände dazu zwingen.

Wem es nach sehr sachlich gehaltenen Informationen zum Fall Filbinger dürstet, empfehle ich den folgenden Link http://www.vauban.de/pub/wette.pdf
 
rumpel01 schrieb:
@Wintermute:
Klar, Filbinger liegt unter der Decke, soll er jetzt deshalb als "Gegner des Regimes" gelten, nur weil ein fehlgeleiteter, reaktionär-neoliberaler CDU-Politiker das anders sieht?

Mann mann mann, wieviele der ach so angeblichen heiligen Widerstandskämpfer waren treue Nazischergen bis kurz vor der Niederlage? Was waren denn diese tollen Widerstandskämpfer um Graf v. Stauffenberg? Nur weil sie den Adolf kurz vor der Niederlage wegbomben wollten dürfen heute öffentliche Einrichtungen nach ihnen benannt werden, dass ist Geschichtsverklitterung erster Güte.
 
@Tiu

gegenüber der Gruppe um Stauffenberg habe ich ebenfalls erhebliche Vorbehalte.
Wenn du jedoch alle Widerstandsgruppen in einen Topf wirfst, tust du den meisten Unrecht.
Die Mitglieder der Weißen Rose, der Roten Kapelle, des Kreisauer Kreises, um nur einige zu nennen, waren zu keiner Zeit "treue Nazischergen".
 
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