sverebom
Vice Admiral
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In der Flüchtlingspolitik läuft sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene einiges verkehrt. Das prangere ich übrigens auch an geeigneter Stelle ebenso lautstark an, wie ich PEGIDA anprangere. Aber an dem Punkt müssen wir darüber reden, wie wir die Flüchtlingspolitik effizienter gestalten können, vom "Reiseantritt" der Flüchtlinge in ihren Herkunftsländern über die Verpflichtungen der EU-Staaten (die vielerorts nichts eingehalten werden) bis hin zu zur Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU. Weil es das Einzige ist, was wir tun können!Daaron schrieb:Oh, da gibt es allerhand Erfahrungsberichte. Sozialarbeiter schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie allein für 200 Flüchtlinge eingeteilt werden. Und auch die Unterkunftssituation ist mehr als übel. Ich weiß z.B. von einem Fall, bei dem eine wegen Baumängeln schon seit längerer Zeit gesperrte Turnhalle plötzlich als Flüchtlingsunterkunft brauchbar war.
Die einzige Alternative: Uns aus der EU, allen Bündnissen und allen Verträgen zum Thema "Menschenrechte" verabschieden, damit wir jeden Flüchtling, den wir auf deutschem Boden aufgreifen, ohne viel Federlesen sonstwohin abschieben können. Und das alles wegen ein paar Flüchtlingen, die sich wenn überhaupt nur marginal bemerkbar machen (aber von PEGIDA&Co. dargestellt werden, als würden wir den Leibhaftigen nach Deutschland einladen).
Na klar. Asyl können nur noch jene beantragen, die nicht über ein sicheres Drittland einreisen. Jetzt schau dich mal um in Europa: Um aus Libyen kommend in Deutschland Asyl zu beantragen, musst du im Grunde über Deutschland aus einem Flugzeug abspringen. Andernfalls heißt es "zurück in das sichere Drittland, das du unterwegs passiert haben musst". In Südeuropa bedanken sich die Nachbarn übrigens, dass wir die Menschen wieder zurück schicken. Aber ich kann die deutsche Haltung durchaus verstehen, denn in Italien werden die Flüchtlinge nach der Ankunft in Züge nach Deutschland oder Schweden gesetzt, anstatt dass die Asylanträge vor Ort gestellt werden, wie es vorgesehen ist. Dies ist aber ein europäisches Problem, dass wir nur in der EU lösen können.Daaron schrieb:Ist es denn anders?
An der Stelle ein freundlicher Gruß an die PEGIDA-Schlaumeier, die glauben, die Flüchtlingsproblematik ließe sich lösen, wenn wir aus der EU austreten würden. Glauben die Hampelmänner wirklich, Südeuropa würde keine Flüchtlinge mehr gen Norden schicken, wenn wir aus der EU austreten? Oder dass Deutschland plötzlich unattraktiv für syrische Flüchtlinge werden würde?
Abgesehen davon war die Zahl der Asylbewerber seit den 90ern rückläufig. Erst durch die Syrien-Krise hat die Zahl der Flüchtlinge wieder angezogen (wir sind aber noch weit von dem Niveau der 90er Jahre entfernt). Was hat sich geändert? Die Medien-Landschaft, der vor allem Dank des Internets. Eigentlich ist das Flüchtlingsproblem geradezu unbedeutend (problematisch sind höchstens die ineffizienten Prozeduren, mit denen wir arbeiten, die dann eben dazu führen, dass auf einen Sozialarbeiter bis zu 200 Flüchtlinge kommen), aber wenn die Menschen jeden Tag von einem neuen Zwischenfall hören - und sei er noch so klein - dann glauben die Menschen irgendwann, dass das Land lichterloh brennt. Frag einen beliebigen Bürger auf der Straße, und er wird dir sagen, dass das Flüchtlingsproblem größer ist als je zuvor und jeden Tag schlimmer wird, obwohl die Zahlen etwas ganz anderes sagen.
Kleine Anekdote dazu: Ich lebe seit 30 Jahren in einem "Ruhrpott-Istanbul" und habe bis zum heutigen Tage keine Burka zu Gesicht gekriegt, aber die öffentliche Diskussion lässt mich glauben, dass mittlerweile halb Deutschland verhüllt ist.
Doch, ist es. Einzig in Dresden konnte PEGIDA Fuß fassen. An allen anderen Orten wurde PEGIDA teils überdeutlich in die Schranken gewiesen. Natürlich findet man überall - neben vielen anderen Menschen - auch jene, die sich mit PEGIDA identifizieren, aber für eine Bewegung jenseits der Stadtgrenzen Dresdens reicht es eben nicht.Daaron schrieb:PEGIDA ist kein Dresdner Phänomen, auch kein deutsches. Ähnliche Aktionen gibt es in vielen EU-Ländern.
Es sollte auch niemanden kalt lassen, dass PEGIDA von Rechtsradikalen angeführt wird, dass auf den Kundgebungen der PEGIDA rechtsradikale Thesen und Parolen verbreitet werden und dass sich PEGIDA intern rechtsradikal positioniert. Seid ihr denn alle blind? Seht ihr denn nicht, wem ihr da folgt?Daaron schrieb:Es geht um idiotische Generalverurteilung seitens Minister, Kanzlerin und Presse. So etwas sollte niemanden hier kalt lassen. Was, wenn eines Tages eure Meinung mal nicht der Mehrheitsmeinung von Presse und Politik entspricht. Wollt ihr euch dann etwa als linke Spinner, Kommunisten in Jeans, Verfassungsfeinde,... bezeichnen lassen?
Natürlich steht es Politikern, Kirchen und Verbänden frei, Stellung zu beziehen und zum demokratischen Widerstand gegen PEGIDA aufzurufen. Neutralität ist mit der Position und Funktion eines Politikers gar nicht zu vereinen. Wir wählen Politiker und Parteien gerade weil sie nicht neutral sind, sondern eine Meinung haben und eine Position im politischen Spektrum einnehmen. Und weil Politiker nicht über der öffentlichen Diskussion stehen, sondern Teil eben dieses sind, können und müssen sie sogar Stellung beziehen.
Aber hier zeigt sich das ganz individuelle Verständnis von Meinungs- und Pressefreiheit des rechtsradikalen Spektrums. Wenn die Medien einen sachlichen Diskurs zu den Themen der PEGIDA führen, dann werden sie boykottiert und als "LÜGENPRESSE! LÜGENPRESSE!" weg geschrien (hinterher heißt es dann wieder "aber mit uns will ja niemand reden!"). Geredet wird nur mit jenen, die nach dem Mund der PEGIDA reden. Und unter Meinungsfreiheit wird verstanden, dass die Gesellschaft andächtig zu schweigen hat, wenn PEGIDA den Mund aufmacht. Mobilisiert sich Widerstand und nimmt sich das Erzbistum Köln das Hausrecht heraus, die Beleuchtung des Kölner Doms als Zeichen des Widerstands abzuschalten, dann heulen die Rechten und die Schafe, die ihnen folgen, dass ihre demokratischen Rechte mit Füße getreten werden und dass sie - und das denke ich mir jetzt nicht aus! - eine "politisch verfolgte Minderheit sind" (sollte Frankreich jemals an Le Pen fallen, kann PEGIDA dort ja um politisches Asyl bitten).
In weiten Teilen Afrikas werden Millionen Menschen von radikalen Christen verfolgt, unterdrückt und auch getötet. In Russland gehört die Verfolgung Homosexueller durch orthodoxe Christen mittlerweile zum Volkssport. Und in den USA in den wird der christliche Glaube in vielen Facetten weitaus radikaler gelebt als in Europa (und da denke ich noch nicht einmal an christliche Sekten). Und bis 1998 hat wir einen ausgewachsenen "Heiligen Krieg" zwischen Christen auf europäischem Boden.Daaron schrieb:Das Zauberwort ist könnte. Vor ein paar Jahrhunderten war das ein Problem, heute hast du bestenfalls ein paar wenige Einzelfälle, die tatsächlich noch Exorzismen durchführen etc.
Es gibt viele Christen, die ihren Glauben sehr wohl ernst nehmen. Ich hab über die Jahre so einige kennen gelernt, die nicht nur als Deko ein Kreuz um den Hals trugen. Sonntagsmesse, vielleicht sogar Fastenzeit,.. alles dabei. Aber keiner von denen würde plötzlich mit Schwert und Schild losziehen um das Heilige Land zu befreien. Es ist also durchaus legitim, diesen blinden Gehorsam, der bei Muslime so weit verbreitet ist, zu hinterfragen. Bei Muslime, auch denen in westlichen Ländern, häufen sich Extremismus und Fanatismus auffallend.
Ich kenne übrigens keinen Moslem, der plötzlich mit einem Säbel los ziehen würde, um das Heilige Land zu befreien, und ich kenne viele Moslems. Ich habe aber wie gesagt bis heute auch noch keine Burka gesehen, und irgendwo müssen die Burkas ja in unseren Breitengraden existieren, wenn die Gesellschaft ein solches Palaver um einen Stück Stoff macht.
Und jetzt Butter bei die Fische, was soll dieser Mist? Ich finde es beinahe kriminell, zumindest aber abartig, dass du hier zu suggerieren versuchst, der einfache West-Europäische Moslem sei generell eine Gefahr für die Gesellschaft. Die allermeisten Moslems sind friedliche Mitbürger, die die Werte unserer Gesellschaft teilen und einfach nur friedlich als Teil dieser Gesellschaft in Deutschland leben wollen. Aber was glaubst, was ein Moslem empfindet, wenn er dich und die PEGIDA-Hampelmänner so reden hört? Er fühlt sich ausgegrenzt und vorverurteilt, und je mehr Ausgrenzung er erfährt, um so weiter zieht er sich in die einzigen Räume zurück, in denen er sich verstanden und willkommen fühlt - und schlimmstenfalls ist dies die Gesellschaft von radikalen Predigern!
Sei mal ganz ehrlich, bist du nicht in der Lage, sauber zwischen Menschen und Gruppierungen zu unterscheiden - etwa zwischen Moslems und Islamisten - oder willst du einfach nicht? Auf jeden Fall ist es dir furchtbar wichtig, PEGIDA vom rechten Rand der Gesellschaft abzugrenzen, also scheint dir das Konzept der Differenzierung nicht unbekannt zu sein.
Und ich soll dir glauben, dass du einen arabisch aussehenden Mitbürger freundlich und mit offenen Armen willkommen heißt und sich in dir nicht sofort negative Gefühle und Vorurteile regen.Daaron schrieb:Wer sich an geltendes Recht hält, den bestehenden Rechtsstaat nicht kippen will und auch keine Sonderrechte fordert, mit dem hat doch auch keiner ein Problem. Problematisch sind die, für die eben tatsächlich Sonderregelungen getroffen werden.
Jetzt aber bitte mit Quellen: Wann und wo hat die Scharia Einzug in die deutsche Rechtsprechung gehalten?Daaron schrieb:Irgendwann? Teile der Scharia finden bereits Anwendung in der Rechtssprechung, insbesondere im Scheidungs- und Familienrecht.
Andersherum läuft es auch nicht anders: Wenn sich Deutsche auf die Ömme hauen, dann sind es nur Bekloppte, aber kommen Migranten mit ganz gewissen Nationalitäten ins Spiel, dann ist es gleich ein Nebenschauplatz im heiligen Krieg gegen das Abendland - oder mindestens ein Beweis, dass alle Migranten schlechte Menschen sind, während die deutsche Weichbirne, die Brandsätze auf Asylantenheime wirft, natürlich nur ein Einzeltäter ist.Daaron schrieb:Wird doch gemacht. Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass jedes Verbrechen eines Deutschen gegen einen Immigranten immer doppelt und dreifach auf die Goldwaage gelegt wird. Da wird immer ein rechter Hintergrudn vermutet.
Lass mich raten: Es läuft darauf hinaus, dass Breivik nur ein Bekloppter mit kruden Interpretationen des christlichen Glaubens ist, aber wenn ein Islamist ein Dutzend Menschen über den Haufen ballert, dann handelt er stellvertretend für die Gesamtheit Muslime, denn es kann ja auch gar nicht sein, dass Islamisten ihre heiligen Schriften auch auf ihre ganz eigene Weise interpretieren, nicht wahr? Nein, nein, was der Islamist glaubt, das glaubt auch meine Nachbarin Ülkü und mein ArbeitskollegeDaaron schrieb:Verschiedene Analysen kamen zu dem Schluss, dass Breivik eben nicht christlich-fundamentalistisch motiviert war, sondern nur gewisse Aspekte des Glaubens in seine Taten einflossen. Breivik hat nicht behauptet, im Namen Jesu und des Herrn zu morden, sondern ist schlichtweg gegen Muslime und Sozialisten vorgegangen.
Wie bereits dargelegt ist christlicher Fundamentalismus nach wie vor weit verbreitet, auch in der westlichen Welt. Du stellst in diesen Fällen lediglich nicht die Verbindung zwischen den Taten und den religiösen Überzeugungen her.
Okay, dann reden wir über die Christen in Afrika, die in Berufung auf ihren Glauben Homosexuelle töten und Frauen unterdrücken. Oder den nordirischen Bürgerkrieg zwischen den christlichen Konfessionen, der noch bis heute in Form von regelmäßigen terroristischen Attacken schwelt. Noch immer sterben in Europa deutlich mehr Menschen durch rechtsextremismus und christlichen Fundamentalismus als durch den Islamismus. Aber die Muslime müssen den Kopf hin halten und werden als die ganz große Bedrohung wahr genommen. Warum ist das so? Weil wir den christlichen Glauben nach europäischer Prägung verstehen und weil wir unsere Gesellschaft verstehen. So ist es für uns ganz selbstverständlich, dass wir zwischen Extremisten und Gemäßigten unterscheiden. Darüber denken wir praktisch gar nicht nach. Aber der Islam als Teil der unserer Gesellschaft ist etwas Neues, was wir noch nicht verstehen, und wir als Gesellschaft müssen erst noch lernen, das Ungewohnte nicht automatisch als etwas Bedrohliches wahrzunehmen und unsere muslimischen Nachbarn und Mitbürger nicht mit den Islamisten zu verwechseln.Daaron schrieb:Es besteht also definitiv ein gewaltiger Unterschied, ob Breivik irgendwo am Rande seiner Handlungen & Motive eine Schnittmenge mit christlichem Fundamentalismus aufweist, oder ob ein muslimischer Irrer mit Allahs und Mohammeds Namen auf den Lippen einen Schulbus sprengt, um die Ungläubigen zu bestrafen.
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