Was hier wieder an Gamerbeißreflex zu lesen ist, kognitive Dissonanz in vollster Blüte. Es muss ja alles falsch sein, was dem eigenen Empfinden nicht passt. Anstatt Argumente dagegen zu finden, wird wild spekuliert oder einfach pauschal abgeurteilt. Es muss am Verlag liegen, an der Forschungsgruppe, oder es ist sowieso gefälscht und unwissenschaftlich.
Bemüht euch doch um Argumente für solche Behauptungen. Möglichst solche, die euch nicht selbst in den Hintern beißen. Das Argument etwa, die Spielzeit sei zu kurz, ist ein bisschen bedeppert, denn die Studie zeigt, dass schon 7 Minuten ausreichen, um einen Effekt festzustellen. Dagegen kann man nicht anreden, und es steht zu befürchten, dass längeres Spielen einen stärkeren Effekt haben wird. Über Repräsentativität zu spekulieren hilft auch nichts, wenn man sich nicht mit der Auswahlmethode beschäftigt hat oder überhaupt weiß, was Repräsentativität eigentlich ist.
Ich habe auch Bedenken, aber nicht gegen das Ergebnis, sondern dessen Instrumentalisierung. Der letzte Satz etwa "„Wenn wir abwarten, bis wir völlige Sicherheit über solche langfristigen Wirkungen haben, ist es für geeignete Gegenmaßnahmen sicher zu spät.“" ist eine klare Panikrhetorik, die in einer wissenschaftlichen Untersuchung nichts zu suchen hat. Von welchen Gegenmaßnahmen ist denn da die Rede? Und gegen welches drohende Unheil denn? Was genau wurde denn rausgefunden? Laut Newstext lediglich, dass unmittelbar nach dem Spielen Menschen psychisch in der Weise, wie sie urteilen,vom Spiel beeinflusst sind.
Das ist allerdings ein absolut menschliches Verhalten, wie der Hinweis auf social desireability auch zeigt. Es gibt kein menschliches Urteil ohne sozialen Kontext, das macht uns als soziales Wesen aus. Die Studie zeigt lediglich, dass auch Spiele einen solchen Kontext liefern können. Sie sagt eben gerade nichts über dauerhafte Verhaltensänderungen aus, weshalb es unsinnig ist, diese aus der Studie abzuleiten und davor zu warnen. Man warnt ja auch nicht vor der Anwesenheit von Frauen, Tieren, Gerüchen oder farbigen Möbeln, denn die dürften laut Psychologen genauso kurzfristige Änderungen im Urteilsvermögen hervorrufen.