Scheinselbständig als 100%iger Ebay-Händler

h00bi schrieb:
Ist aber überhaupt kein Problem, sobald du genug verdienst.
Mein Kumpel hat die ersten 3,5 Jahre seiner Selbstständigkeit ausschließlich für das gleiche Unternehmen gearbeitet.

Scheinselbständigkeit greift in der Praxis nur im Niedriglohnsegment, bzw. wenn es als Lohndumping Methode eingesetzt wird.

Wenn du mehr deutlich mehr Umsatz machst als ein anständig bezahlter Angestellter bekommt, ist das kein Thema mehr.

Wie kommst du auf diese (unsinnige) Aussage? Scheinselbstständigkeit ist für fast alle Freelancer, egal ob IT oder die anderen Branchen ein nicht zu unterschätzendes Problem.

Hier war z. B. letztens in der Zeitung, dass fast alle Musikschulen (hier gings hauptsächlich um die Schulen in öffentlicher Hand) die Verträge mit den freiberuflichen Honorarkräften kündigen müssen, weil das fast alles "Scheinselbständige" waren.
 
Es gibt nunmal diverse Indizien in beide Richtungen.
Die IHK München hat das gut zusammengeschrieben.

https://www.ihk-muenchen.de/de/Service/Recht-und-Steuern/Arbeitsrecht/Einstellung-von-Arbeitnehmern/Scheinselbständigkeit/

Auszüge:
Indizien für eine Selbstständigkeit
  • Eine Vergütung, die weit über dem für sozialversicherungspflichtige Angestellte Üblichen liegt und somit Eigenvorsorge ermöglicht
  • Ort und Zeitplanung sind dem Selbstständigen überlassen
  • In Verträgen sollte der Hinweis stehen, dass der selbstständig tätige Auftragnehmer an keinerlei Weisungen gebunden ist.

Bei Scheinselbstständigkeit geht es hauptsächlich um "abhängige Arbeit" und um Vermeidung von Sozialabgaben.
Natürlich ist man als Freelancer immer irgendwo von seinem größten Kunden abhängig, aber wenn du so viel Umsatz machst, dass du auch bei einem Großkundenwegfall mehrere Monate überbrücken kannst, bis du neuen Kunden am Start hast, rechnet dir das keiner als Scheinselbstständigkeit an.
Denn damit bist du nicht mehr mit dem Lebensunterhalt abhängig.

Wenn ein Hermes-Subunternehmer 2500€ Umsatz mit Hermes macht und sonst keine Kunden hat, dann ist der direkt abhängig, weil er ohne Hermes vermutlich sofort Bürgergeld ziehen müsste.
Davon ab sind die 2500€/Monat vermutlich deutlich unter der Arbeitgeberbelastung eines vergleichenbaren Angestellten, der Subunternehmer wird hier also zur Vermeidung von Sozialabgaben ausgeliedert.


Wenn ein Musiklehrer in den Räumlichkeiten der Musikschule wie ein Angesteller von Klasse zu Klasse wechselt und Unterricht gibt wie ein Angesteller ist das irgendwo auch verständlich.
Ich hab keine Ahnung was man als Musiklehrer so verdient, aber auch hier gilt: Würde der Musiklehrer mehrere Hunderttausend Euro Umsatz im Jahr machen, würde darüber überhaupt nicht diskutiert werden. Macht er nur 60k Umsatz oder weniger (Arbeitgeberbelastung bei ~4000€ Bruttogehalt/Monat) mit einer einzigen Musikschule, dann ist er von der Musikschule abhängig.
Und mal ehrlich: Wenn ein selbstständiger Musiklehrer die Privatstunden (sofern er welche gibt) versteuern würde, statt cash einzusacken, hätte er das Problem mit der Scheinselbstständigkeit vermutlich auch nicht.
 
Hier werden zwei grundlegende Themen vermischt:
1) Sozialabgaben etc.
2) Keine gleichwertige Bezahlung zu angestellten Vollzeitkräften.

Der Punkt 1) ist immer ein Problem und deshalb ist auch irrelevant, ob jemand sehr viel oder sehr wenig verdient. Punkt 2) ist für den Auftraggeber relevant, denn es kann durchaus attraktiv für jemanden sein, sich mit einem BGB-Arbeitsvertrag in ein Unternehmen, z. B. IG Metall-Konzern, zu klagen.
 
Wenn ich Berater engagiert hab, dann waren entsprechend die Tagessätze ausreichend hoch, dass diese nicht in die Scheinselbstständigkeit fielen. Wenn Berater für Zeiträume > 1 Jahr gebraucht wurden, dann hat man typischerweise versucht eine Arbeitnehmerüberlassung zu vereinbaren. Dies gab dann ein Rabatt auf den Tagessatz, auf der anderen Seite hat der Berater ja aber auch seine Stunden für sehr lange Zeit verkauft.
 
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Das sind alles nur Hilfskriterien. Es geht immer um die Eingliederung in den Geschäftsbetrieb und Weisungsgebundenheit. Wenn der Berater jeden Morgen um 8 Uhr bei dir im Büro sitzen muss und du ihm Aufgaben gibst, dann wahrscheinlich scheinselbstständig. Wenn die Putzfrau irgendwann und irgendwie deine Wohnung in der Woche putzen soll, ohne weitere Vorgaben und nach eigener Entscheidung, dann Selbstständigkeit.
 
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