rockB4R^ schrieb:
Die Vegan Society gab es bevor der Begriff Speziesismus entstand. Dieser beschreibt quasi den Status Quo.
Und stellt fest, dass Tiere in willkürliche Weise kategorisiert werden. In Nutztier, Haustier, Wildtier und die Tiere entsprechend nach unseren eigenen Vorstellungen und kulturellen Prämissen behandelt werden. Es also ein WIR gibt und die Tiere auf der anderen Seite, über die wir entscheiden können.
Die vegan society ist älter als der Begriff Speziesismus ... soweit gehe ich da mit.
Aber die Gedanken, die seit diesem Begriff unter "Antispeziesismus" zusammengefasst werden, gibt es widerum schon sehr viel länger, als die vegan society .... oder gab's die bereits im antiken Griechenland, China, indien oder im australischen Outback?
Der Gleichheitsgedanke begleitet menschliches Denken bereits seit sehr langer Zeit ... und dieser ist der Kern des Begriffes Speziesismus.
Vor diesem Begriff hat es einfach nur etwas länger gedauert, auszudrücken, was einem an den gründsätzlich willkürlich gezogenen Grenzlinien stört. Auch im Veganismus gibt es eine solche willkürlich gezogene Grenzlinie, die Lebewesen in "ausbeutbar" und "nicht-ausbeutbar" unterteilt (hier geht es nicht um die Möglichkeit an sich, sondern um die motralische Akzeptanz des jeweiligen verhaltens).
Genau wie die Sklavenhalter vor 250 Jahren vielleicht gerne den in der Bibel geforderten Gleichheitsgrundsatz umgesetzt hätten, sie wussten einfach eines ziemlich sicher: "Ohne Sklaven wäre der Zucker unbezahlbar". (Einschub als Gedankenbrücke "ohne Massentierhaltung wäre das Fleisch für viele unbezahlbar" ... jedenfalls in den gewohnten Mengen).
Veganer ziehen eine ähnliche Grenze ... ohne Essen verhungere ich, also muss ich Spezies definieren, die ich als Veganer essen darf. Der Veganismus ist gezwungen, Spezies festzulegen, auf die der hohe moralische Kompass dann eben doch nicht angewandt werden kann ... nicht weil die Moral einfach endet oder das Leid in dem Fall plötzlich unerheblich ist, sondern ganz einfach weil "Ernähruing tut Not".
Hier sind es Pflanzen, denen die Fähigkeit zu leiden dann doch nicht zuerkannt wird ... und auch das ist genau genommen Speziesismus ... (ich traue Singer aber durchaus zu, dass er dieses Dilemma in seiner Definition umschifft hat ... entweder wird es argumentatorisch aufgelöst, oder einfach ignoriert). Es bleibt schlicht nicht mehr viel ethisch einwandfrei Essbares übrig, wenn man diesen Begriff konsequent anwendet.
Letztlich sind Angehörige aller Spezies spätestens wenn es um ihr eigenes Überleben geht, Speziesisten ... und daher finde ich es lächerlich, sich aus diesem Begriff einen moralischen Thron zu bauen, obwohl man ebenfalls eine Grenzlinie zieht, an der Moral dann plötzlich nicht mehr interessiert.
Das Fleischkonsum falsch ist, hat mit Moralkeule auch nichts zu tun. Diese Erkenntnis springt einen aus den Daten geradezu an (unverhältnismäßiger Ressourceneinsatz, Tierleid und Raubbau an der Natur können nicht gut gemindert werden, solange Milliarden Menschen Fleisch essen wollen u.v.m).
Vor allem hat der Schwanzvergleich zwischen veganer und nicht veganer Ernährung in einem Thread über Speziesismus nichts zu suchen ... denn Speziesismus betreiben letztlich beide Parteien. Nur das primäre Ziel der Ausgrenzung ist ein anderes (Flora vs. Fauna).
-> Wer Speziesismus wirklich nicht mittragen möchte, dem bleibt im Grunde nur der Weg über die "Lichtnahrung" ... also "in den Wald legen und sterben".
Alles andere ist streng genommen Heuchelei ... und zwar eine Art der Heuchelei, die die Menschheit nicht erst seit gestern betreibt.
Ganz unabhängig vom bisher Geschriebenen, halte ich es aber dennoch für gut, Leid mindern zu wollen. Und wenn sich an die Erkenntnis, dass es Fleisch nur mit Leid gibt, die Entscheidung anschließt, kein Fleisch mehr zu essen, dann ist das die richtige Richtung. Gleiches gilt für den Verzicht auf tierische Produkte im allgemeinen ... wer das schafft, der darf sich dafür gerne moralisch überlegen fühlen. Man sollte aber auch nicht erwarten, dass sich alle schlecht fühlen, die das nicht schaffen.
Man darf aber nicht vergessen, dass Menschen nunmal nicht rein rational und logisch ticken und das Ratio und Logik eben nicht im luftleeren Raum stehen, sondern immer an Kontext und Perspektive gebunden sind.
Ich behaupte mal, dass niemand hier eine ganze Woche ohne Vorbereitung in einer Wüste Veganer bleiben wird ... spätestens nach einer Woche werden wir einfach alles fressen, was wir in die Finger kriegen und es wird uns egal, sein, ob das ein Tier, eine Pflanze, eine Frucht oder Fallobst ist, denn unser Selbsterhaltungstrieb ist eben doch nicht grundlegend schwächer, als bei einem Pantoffeltierchen.
Einzig bei anderen Menschen werden wir da zögern.
PS: Ich habe lange gezögert, ob ich diesen Text überhaupt posten sollte, denn der Triggerfaktor dieses Textes dürfte beim Leser nur vom Überlegenheitskomplex ausgehen ... ich kitzle nur ungern die Amygdala, aber in diesem Fall muss es sein.
Vielleicht haben ja wenigstens die Fische spass dran.