Photographil schrieb:
Wahrscheinlicher ist allerdings, dass derjenige, der den Film illegal gesehen hat, seinen Freunden einen Stick mit der Datei reicht, und sagt, zieht euch den mal rein, echt super Film...
Nein, es ist nicht wahrscheinlicher, sondern eine Möglichkeit unter ein paar. Ich befasse mich mit der Thematik - alleine ausberufswegen schon - bereits seit meinem Studium mit diesem Thema und kenne entsprechenden Studien, die sich auch mit den wirtschaftlichen Schäden durch illegale Kopien befassen. Es gibt Studien - überwiegend von Musik und Filmindustrie bezahlt - die gerne den Teufel an die Wand malen und von der Schädlichkeit absolut überzeugt sind. Es gibt dann aber auch Studien, die durch Medienwissenschaftlern selbst initierit wurden, die auf diese Thematik ein weit aus differenzierten Blick haben und auch positive Effekte benennen und ebenso Studien, die durch die Politik aufgeben werden, die weit differenzierter damit umgehen und am Ende gerne zum Fazit kommen, dass die negativen Aspekte oft durch die positiven Aspekte aufgehoben werden und damit kein wirklicher wirtschaftlicher Schade entsteht.
Ansonsten gehe ich mal weiter:
Photographil schrieb:
Derjenige, der die Kopie erstellt hat und womöglich einen Kopierschutz umgangen hat, hat sich damit schon mal strafbar gemacht.
Wie bereits erwähnt, ist eine private Kopie erlaubt und nicht strafbar. Wenn du eine Musik-CD, DVD oder ein Buch hast, dann darfst du dieses kopieren für deine Freunde und Bekannte - es gibt da keine limitierung, man zählt nämlich entsprechende Abgaben für Datenträger und Co. Kurz um, das erstellen einer Kopie ist nicht pauschal strafbar, wie du es darstellst.
Strafbar KANN es werden, wenn ein Kopierschutz in Spiel kommt und dieser als WIRKSAM angesehen wird. Das Gesetzt sieht aktuell vor, dass jede Verschlüsselung als Wirksam angesehen wird im UrhG, gleichzeitig widerspricht dieses Gesetzt in der Form so einigen anderen Gesetzen im Bereich der Informationstechnik und ist nicht umsonst unter Juristen umstritten. Das das Gesetzt gleichzeitig auch noch die eigentlich gesetzlich zugesicherte Rechte unterminiert, lassen wir mal dahin gestellt sein.
Ebenso, dass ständig immer mehr Abgaben als "Gegenleistung" für die private Kopie auf allen möglichen Ebenen verlangt werden - Cloudspeicher darf auch bald entsprechend Abgaben abführen - während ein Gesetzt DEFACTO quasi jede private Kopie unter Strafe stellt.
Das Problem ist, dass hier bisher keiner die ganzen Rechtsmitteln ausgeschöpft hat und ggf. am Ende auch vor das BGH oder EuGH zu gehen um das alles prüfen zu lassen.
Photographil schrieb:
Die Datei dann anderen zugänglich zu machen ist dann die nächste Straftat.
Auch das ist so pauschal falsch. Wenn ich eine private Kopie eines Musikstücks, eines buches oder eines Filmes anfertige und diese Kopie einem Freund, einem Verwandten oder Bekannten gebe, dann ist das nicht strafbar, sondern erlaubt und wird auch erneut durch Abgaben auf Datenträger und Co abgedeckt.
Kritisch wird es, wenn man die Date dann unbekannten Dritten zur Verfügung stellt, aber das ist hier nicht das Thema bisher gewesen und ist dann noch mal eine ganz andere Diskussion und teilweise auch anders zu bewerten. Es hat einen Grund, warum so manche "illegalen" Anbieter seit einigen Jahren auf gewisse Südsee-Inseln, lateinamerikanische Staaten und vermutlich auch bald nach Russland "auswandern", weil da die Gesetzgebung teilweise auch als "Vergeltung" gegen die EU als auch Amerika das Verbreiten von unlizensierten Filmen auch erlauben, weil damit auch "Werbeeinnahmen" generiert werden.
Wenn ein Mensch aus einem lateinamerikanischen Staat eine Serverfarm mit Streams aufbaut und dort die deutsche Sprache anbietet, dann ist das in seinem Land nicht unbedingt strafbar und die Person kann daher nicht belangt werden. Wer meint, dass er hier so ein Portal aufziehen muss, muss - auch zurecht - mit dem langen Arm des Gesetzes rechnen und darf sich über eine saftige Rechnung freuen.
Photographil schrieb:
Das eigentliche Problem an der ganzen Geschichte ist aber ein Anderes. Wenn es legal ist solche Angebote wie kinox zu nutzen und es alle tun, wer geht dann noch ins Kino? Wer abonniert dann noch Streamingdienste und wer kauft die Datenträger?
Ich weiß gerade nicht, wie ich es freundlich formulieren soll, ohne dass es überheblich wirkt, was ich nun schreiben. Was du hier als vermeintliche Argumente anbringst, sind 08/15-Scheinargumente, die vorgebracht werden, um etwas zu Skandalisieren, jeder der sich aber mit der Materie tiefer beschäfitgt, weiß, dass der Gegenüber entweder keine Ahnung hat oder es überhaupt nicht um eine differenziertze Diskussion sondern um Eskalation geht.
Und damit kommen wir zurück zu den Studien: Ich habe bereits den möglichen Werbeffekt angesprochen und es gibt seit 20 Jahren dazu Studien, die diesen Werbeeffekt immer wieder belegen und auch als einen positiven Aspekt gegen die negativen Aspekte stellen. Gerade das Kino erlebte, TROTZ illegalem und legalen Streaming, in den 10er Jahren eine Wiederbelebung, während man in Ende der 90er und Anfang der 00er-Jahre einen starken Abwärtstrend hatte - natürlich schwanken die Zahlen immer etwas. Kino ist ein Erlebnis und immer mehr Kinos in Deutschland und auch Weltweit stellen das Sozialeereignis des Kinos in den Vordergrund und erreichen damit die Menschen. Man geht nicht ins Kino NUR wegen des Filmes, sondern auch wege dem drumherum.
Hier gibt es eine Studie von 2016, die einen positiven Effekt einer illegalen Kopie auf die Kinobesuche nachweißt, wenn bestimmte Bedienungen erfüllt sind und die sich daraus verbreitende Mund-zu-Mund-Propaganda vollständig entfalten kann. Natürlich kann eine illegale Kopie vor dem Kinostart auch eine negative Auswirkung auf den Kinostart haben, weil der Film "zerissen" wird. Hier ist aber im ganzen dann die Qualität des Filmes entscheidend, ob die Leute ins Kino rennen oder den Film nicht sehen und das interessante daran ist, dass auch mit der schlechten Kritik das Interesse auch an der "illegalen" Kopie stark nachlässt.
Ein weitere Punkt ist, dass - auch das lässt sich durch Studien und Befragungen nachweisen - dass eine freie Zugänglichkeit zu Medien nicht automatisch dazu führt, dass die Leute weniger CD, DVD, Bücher und Co kaufen, sondern auch gerade wegen der freien Zugänglichkeit Bücher, CD und DVDs kaufen, weil sie die Menschen dahinter unterstützen möchten.
Es gibt weltweit etwas, das nennt sich öffentlichen Bibliothen, die heute Bücher, Filme, Musik, Spiele und Co ganz LEGAL anbieten zum Ausleihen, kostete je nach Land von 0 € pro Jahr bis hin zu 25 € und dennoch kaufen die Menschen weiterhin Bücher, CDs, Spiele, Filme und Co und die Bibliotheken zahlen keinen "Sondepreis" für ihre Exemplare, sondern bekommen sogar noch oft Rabatt darauf. Erneut zieht hier nämlich der werbende Effekt.
Was nämlich viele vergessen: Das Budget eines Menschen als auch die Zeit sind Begrenzt und ein Mensch muss schauen, wie er das Budget und die Zeit auf seinen Medienkonsum verteilt. Klar, man kann jetzt wie einige hier sagen, dass der Mensch dann halt nicht alles haben kann und das stimmt auch soweit, ist an der Stelle aber zu kurz gedacht: Wir haben heute ein so großes Angebot an Medien, dass man durchaus auch Hilfe dabei braucht um etwas neues zu entdecken. Wenn man alles hinter Bezahlschranken stellt, dann kann es schnell passieren, dass Menschen sich nur noch auf das einlassen, was sie kennen, nichts neues ausprobieren, weil sie ihre Ressourcen entsprechend effektiv einsetzen wollen. Wenn man aber mal einen Film empfohlen bekommt von einem Freund oder eine Serie und sich diese "kostenfrei" ansehen kann, dann passiert es sehr oft, dass man, wenn man die Serie toll findet, Fan von etwas wird oder von einem Autor, einer Band und co und dann eben doch bereit ist, das beschränkte Budget anders zu verteilen.
Photographil schrieb:
Das ganze würde einen massiven wirtschaftlichen Schaden nach sich ziehen.
Nein, auch das ist eine pauschale Aussage, die so nicht stimmt, weil sie vieles ausblendet und auch die Bedeutung von sozialen Ereignissen und das künstlerische Schaffen alleine auf das "Medium" reduziert, ohne zu verstehen, dass das eigentliche Medium am Ende nur ein Teil dieses Marktes ist.
Ich will jetzt keine wissenschaftliche Abhandlung schreiben, das gibt hier auch nicht genug Platz, aber befass dich mal mit der Thematik als ganzes, du wirst schnell merken, dass es nicht so Schwarz oder Weiß ist, wie es hier von dir aber auch anderen dargstellt wird.