Ich finde wirklich bedenklich, wie oft hier die Qualität als Argument gegen Wikipedia und für den Brockhaus eingesetzt wird. Wikipedia hat sich unter anderem auch deshalb durchgesetzt, weil kein kostenpflichtiges Angebot auch nur ansatzweise mit der Qualität und Vielfalt der Information mithalten konnte. Warum sollte sich das in Zeiten, in denen sich Wikipedia seit Jahrzehnten als Standard durchgesetzt hat, und die Verlage immer weniger Geld für die kostenpflichtigen Angebote bekommen, geändert haben?
Das Argument, das wäre nur deshalb so, weil Wikipedia kostenlos ist, finde ich nicht haltbar. Dass "kostenlos" nicht grundsätzlich gewinnt, wissen wir beispielsweise von Photoshop, Windows oder Office - die Menschen legen hier Wert darauf, Dinge nicht nur irgendwie, sondern auch schnell, bequem und gut zu bekommen, und sind bereit, dafür (viel!) Geld zu bezahlen. Wenn der Mehrwert stimmt.
Dabei finde ich den Punkt, dass Wikipedia Fehler enthalte, gar nicht den spannendsten. Natürlich enthält Wikipedia Fehler, ist unter gewissen Umständen manipulierbar, alles andere als vollständig und kann den selbst gesteckten Maßstab, dass Artikel für Großmütter verständlich sein müssen, lange nicht immer erfüllen (man schaue sich mal Artikel im Bereich Mathematik an, da sind Menschen ohne Mathekenntnisse mindestens auf Abiturniveau ab dem zweiten Satz ausgeschlossen).
Nein, der spannende Punkt ist für mich, wie selbstverständlich angenommen wird, dass das Brockhausangebot besser sei, sein muss – und das offenbar nur aus der Argumentation heraus, dass man dort Geld bezahlen muss. Dabei kann ich bei fast keinem der bisher genannten Kritikpunkte gegenüber Wikipedia erkennen, inwiefern sie auf den Brockhaus nicht genauso zutreffen sollten. Allein das Problem, dass es zu viel in einem Artikel zu lesen gibt, muss man dort wohl nicht befürchten.
Im Gegenteil lässt sich ja sogar argumentieren, dass diese bekannten Fehler den Brockhaus potentiell sogar stärker betreffen (wie das meines Wissens nach auch schon in Vergleichsstudien herausgekommen ist): Er muss mit sehr viel eingeschränkteren Ressourcen operieren, ist grundsätzlich intransparent, hat aber ebenfalls eine interne Hierarchie, über die Inhalte beeinflusst werden können. Außerdem ist das Fachwissen der Autoren in vielen Bereichen zwangsläufig geringer, und die Zahl der Korrekturleser kleiner.
An sich ist der Vertrag nicht besonders dramatisch, im Vergleich sind die Kosten wirklich überschaubar. Und eine Katastrophe ist der Brockhaus sicherlich auch nicht. Einen besonderen Nutzen kann ich in dem Vorgehen aber auch nicht erkennen.