Ich habe mir das Paper kurz angeschaut, ich finde es eher schlecht. Das Argument, dass die Herstellung fuer die CO2-Bilanz eine groessere Rolle spielt als der Betrieb, kann ich nachvollziehen.
Bezueglich der Herstellung greifen sie auf LCA (life cycle assessment=Oekobilanz) Reports zurueck, die ein ziehmlich breites Spektrum an Daten ergeben (sowohl fuer SSDs als auch fuer HDDs). Die SSDs haben zwischen 64GB und 3840GB, wobei es nur 2 >1024GB gibt. Die HDDs haben zwischen 512GB und 6TB. Dabei ergibt sich ein Durchschnitt von 0.16kg CO2/GB fuer SSDs und 0.02kg CO2/GB fuer HDDs. Aber natuerlich haben die HDDs auch ca. 8 mal mehr GB als die SSDs, d.h. im Durchschnitt der LCAs haben die ungefaehr gleich viel kg CO2/Stueck; das wird aber, soweit ich das Paper gelesen habe, nicht thematisiert. (Interessanterweise haben wir heuer Server mit 2 SSDs mit je 1920GB und einer Hdd mit 16TB gebaut, also genau dieser Faktor 8 pro Stueck).
Warum 10 Jahre Betrieb doppelt soviel Herstellungskosten erfordern (was einige hier zu recht bemaengelt haben): Die gehen davon aus, dass SSDs und HDDs nur 5 Jahre halten und daher nach 5 Jahren ausgetauscht werden, und zwar durch welche, die genauso viel CO2-Herstellungskosten haben (es also keinen technischen Fortschritt gibt). Wir betreiben eine Reihe von Servern seit teilweise ueber 20 Jahren. Festplatten halten dabei durchaus auch so lange. Zu SSDs haben wir noch keine so langen Erfahrungen, aber ueber 5 Jahre haben wir schon ein paar.
Was noch schwach ist: Sie argumentieren damit, dass feinere Prozesse pro cm^2 mehr CO2-Ausstoss bedingen. Allerdings verwenden aktuelle SSDs m.W. keine besonders feinen Prozesse, weil damit die Stapelung nicht moeglich ist; aber vermutlich bedingt staerkere Stapelung mehr CO2-Ausstoss wegen zusaetzlicher Prozessschritte.
Was noch schwach ist: Sie rechnen bei HDDs mit 4.2W Durchschnittsstromverbrauch, bei SSDs mit 1.3W (20% aktiv, 80% idle). Wenn man sich die Meldung unlaengst ueber einen SSD-Controller durchliest, braucht der aber 6W idle, 18W aktiv, und in den Kommentaren stand, dass andere 15TB-SSDs eben soviel und noch mehr brauchen. Dementsprechend waere bei gleicher Kapazitaet die SSD im Betrieb nicht sparsamer als eine HDD.
Was aber letztendlich bleibt: Da SSDs mit hoher Kapazitaet teurer sind, wird sich jeder, der viele TB braucht, ohnehin eine HDD anschaffen, wenn die den Geschwindigkeitsanforderungen genuegt. Wenn's weniger Kapazitaet braucht (z.B. 1TB), bezweifle ich, dass die HDD in der Umweltbilanz besser ist. Man koennte vermutlich eine bessere Studie zu dem Thema machen, aber angesichts der Unterschiede in Preis und Leistung zwischen HDDs und SSDs bezweifle ich, dass so eine Studie viele Kaufentscheidungen beeinflusst.