Vom virtuellen Mittelalter in das reelle Mittelalter gefallen - The Wichster mit Gayralt
Dass die Kritik hanebüchener Unfug ist, welcher mehr an den Haaren herbeigezogen ist als jedes Glätteisen der Welt, lässt sich recht einfach verdeutlichen:
Der Impetus ist eindeutig kritikwürdig aufgrund dessen, dass man sich ein Puzzleteil heraus greift, dies betrachtet, aber gar nicht erst das ganze Bild versucht zu verstehen, was notwendig ist, damit man auch die kleinen Details verstehen kann.
Analogie: Ein Fotograf macht ein Shooting mit einem Hund - statt nun das ganze Bild zu sehen, die ganze Komposition, sich zu fragen, warum der Hintergrund so düster ist, was man damit ausdrücken will, warum die Beleuchtung so gewählt worden ist, wie sie gewählt worden ist. Nein. Man beschwert sich über die unterwürfige Haltung des Hundes - es sei diskriminierend, was auch immer, auf jeden Fall: Aus der Zeit gefallen.
Gerade Witcher spielt in einer düsteren Zeit, welche geplagt ist von niederschmetternden Faktoren. Mord und Totschlag? Nicht weniger an der Tagesordnung als Okkultismus. Ideale durchzusetzen, damit man sie durchgesetzt hat. Betrug, Streitigkeiten, Konflikte - vieles mehr. Die Liste ist endlos lang. Man lerne: Der gesamte Rahmen, in welchem sich das Bild entfaltet, ist schon düster genug. Aber das wollen viele nicht erkennen oder sehen. Das ist es: Nur auf ein Detail achten, daraus das Düstere ziehen und es zum Vorwurf machen, obwohl der ganze Rahmen, das ganze Bild, in jedem Centimeter, keine Freude aufkommen lässt. So funktioniert keine Kunst - und ja: Auch Videospiele sind Kunst.
Absurder wird es noch, wenn wir uns vor Augen führen, dass wir in Witcher keine expliziten Szenen hatten, somit: Die Karte ist Mittel zum Zweck, Verdeutlichung, Symbolwert. Keine Degradierung. Vor allem dann nicht, wenn gerade die Damen mit ihren Reizen zu punkten wissen und diese - u.a. - für ihre Ideale nutzen, um diese durchzusetzen, oder nur ihren eigenen Willen. Wer so spitzfindig ist, der könnte im Umkehrschluss auch darüber monieren, dass die Frauen Geralt gewusst ausnutzen um in ihrem Egoismus ihre Ideale und Ziele zu verfolgen. Doch: Das ist dann positive Ausbeutung. Mehr Hybris und Hypokrisie? Nicht möglich, denke ich. Obwohl, doch, natürlich: Man könnte auch darüber monieren, dass Geralt einen Körper vermittelt, welcher an der Realität gänzlich vorbei geht. Hochmuskulös, charmant, dominant, viele Muskeln, ein kantiges Gesicht, welches in Erinnerung bleibt und von einer tiefen, eindeutigen Stimme untermalt wird.
Warum wird dies nicht kritisiert? Ein blinder Fleck? Mit Sicherheit. Der blinde Fleck der Ideologie. Ammenmärchen. Frauen, die ausgebeutet werden, während sie ihre Ziele durchsetzen und dafür ihre Reize nutzen. Ein geschlossener Widerspruch, welcher vielen aufstoßen sollte. Es hat die selben Kragenweite wie PETA, wenn sie sich daran reiben, dass man in Videospielen Tiere töten kann und entsprechend ein Verbot davon fordern. Spätestens jetzt sollte doch jedem ein absurdes Lächeln, wie in Joker 2019, im Gesicht geschrieben stehen.
Die wirkliche Perversität liegt auch darin, dass wir in einer harten Zeit leben. Corona, Wirtschaftskrise, Inflation, Krieg. Viele Menschen kämpfen um das nackte Überleben. Wortwörtlich. Aber was ist unser Streitpunkt? Ein paar Pixel in Videospielen, einer Kunstform, eines fiktiven Werkes - welches wir zunehmend politisieren obwohl wir genau solche Kunst genießen um vom absurden, traurigen Alltag abschalten zu können.