Hallo Leute, ich oute mich jetzt mal: Ich bin der offizielle Übersetzer für WinRAR, also derjenige, der WinRAR offiziell ins Deutsche übersetzt. Und das mache ich seit mehr als 20 Jahren. Da ich immer wieder dieselben Fragen und falschen Statements zu hören kriege, wollte ich jetzt mal mit einigen aufräumen.
MaxO schrieb:
Die deutschsprachige Version kommt immer etwas später, was an sich schon etwas seltsam ist. Winrar ist meines Wissens nach immer noch ein deutsches Produkt, aber der internationale Markt ist da wohl einfach vorrangig.
WinRAR ist ein russisches Produkt - das ist korrekt.
win.rar GmbH in Berlin übernimmt den internationalen Vertrieb und Support.
Die deutsche Version kommt - wie alle anderen Sprachversionen auch -
immer später als die englische Version. Der Grund ist nicht, dass der internationale Markt vorrangig ist, sondern er ist rein organisatorisch: Die englische Version dient als Grundlage für die lokalisierten Versionen, eine lokalisierte Version ist immer die englische Version plus übersetzte Dateien . Wir Übersetzer erhalten die Versionen nicht im Voraus, was bedeutet, dass wir auch erst dann aktiv werden können, wenn eine englische Version auf der Homepage der WinRAR-Entwickler unter
rarlab.com veröffentlicht wird. Über Veröffentlichungen werden wir per Newsletter informiert.
Warum dauert die Übersetzung der deutschen Version immer so lange? Erst einmal müsst ihr wissen: Übersetzungen für WinRAR entstehen auf freiwiliger Basis! Es gibt keine international Koordination für Übersetzungen, lokaliserte Pakete werden dann veröffentlicht, wenn Übersetzungen durch die Freiwilligen fertig sind. Offizielle Distributoren für größere Märkte - u.a. der deutschsprachige Markt - haben häufig das Interesse daran, dass konstant für alle Versionen zeitnah es auch eine lokaliserte Version bereit gestellt wird. Aus diesem Grund beauftragen diese dann Übersetzer, welche diese Lokalisierungen vornehmen. Das trifft auf mich zu, ich wurde offiziell beauftragt, die deutsche Lokaliserung vorzunehmen. Ich bin jedoch kein ausgebildetet Übersetzer, ich bin Privatmann, der als Informatiker die Übersetzungen in meiner Freizeit auf Honorarbasis anfertigt.
Ein weiten Einfluss auf die schnellere zeitliche Verfügbarkeit ist der unterschiedliche Grad von Übersetzungen: die Lokalisierungen unterscheiden sich in ihrem Umfang. Viele übersetzen nur die Programmoberfläche - das ist relativ schnell erledigt. Die deutsche Version geht jedoch weit darüber hinaus: Es werden u. a. auch alle Hilfedateien übersetzt, was die meiste Zeit in Anspruch nimmt. Hinzu kommt noch, dass ich diese Übersetzungstätigkeit rein nebenberuflich mache, ich daher in der Regel sowieso erst abends nach meinem regülären Job mich an die Arbeit mache, wenn keine anderen privaten Gründe dazwischen kommen. Dagegen gibt es Lokalisierungen, hinter dem reguläre Übersetzungsteams oder andere Profis stehen. Kein Wunder, dass die dann mit ihren (auch sehr umfangreichen) Übersetzungen sehr schnell fertig sind.
Postman schrieb:
An der Übersetzung sollte sich doch so groß nichts ändern, weshalb es doch einfach nur in den neuen Installer eingebacken werden muss.
Über solche Aussagen kann ich nur den Kopf schütteln... Übersetzung von Fachtexten - und darum handelt es sich hier - gehört zu den anspruchsvollen Dingen, die es für Übersetzer gibt. Die Hilfetexte sind dauernden Änderungen unterworfen, einen Eindruck von den Änderungen könnt ihr bekommen, wenn ihr mal den offiziellen Changelog für Übersetzer anschaut: Lest einmal die Datei whatsnew.txt im
Paket für Übersetzer (WinRAR language files). Alle Änderungen, die dort erwähnt sind, arbeite ich dann Schritt für Schritt ab, wenn die Änderungen denn dort überhaupt auftauchen. Es kam und kommt leider häufiger als gewünscht vor, dass Änderungen dort nicht auftauchen. Daher pflege ich als Softwareentwickler alle Dateien der Übersetzungen in einer Versionsverwaltung (in meinem Fall GIT), sodass ich unkompliziert selbst jegliche Änderung an den Dateien selbst ermitteln kann. Das ist meine Grundlage und Referenz meiner Übersetzung, die technische Differenz der Dateien. Nur diese Differenz übersetze ich. Am schwierigsten bei den Übersetzungen ist die Konsistenz (dasselbe deutsche Wort für dasselbe englische Wort verwenden) und die Lokalisierung von englischen IT-Fachbegriffen, für die es meist keine deutsche Entsprechung gibt.
Und ich habe bereits die schnelle Übersetzungsmethode gewählt - die Lokalisierung mit Sprachdateien. Diese Dateien lokalisieren nur die Programmoberfläche und die schnellen Übersetzungen überstzen nur diese Dateien. In jeder Version gibt es auch hier Änderungen. Und ja: man kann einfach die *.lng-Dateien einer alten Version verwenden, es fehlen die neu hinzugekommenen Zeichenketten.
Weitere Details zur Übersetzung per Sprachdateien erfahrt ihr, wenn ihr die Datei readme.txt im bereits erwähnten Paket für Übersetzer lest.
Euphoria schrieb:
Ich nutze Winrar nach wie vor, weil es funktioniert. Hatte mir auch irgendwann mal eine Lizenz gekauft, da diese lebenslang gilt war es für mich nur fair.
Technisch ist das nicht der Fall: es gibt Lizenzschlüssel, die nur für eine bestimmte Version gelten. Faktisch wird man das wohl für Privatanwender nicht ändern, es würde Kunden vergraulen, da sie sich einen neuen Registrierungsschlüssel holen oder neu lizenzieren müssten.
Euphoria schrieb:
Winrar Lizenz muss man nicht kaufen, du kannst auch das Fenster weg klicken.
Ansonsten finde ich den Lizenzpreis angemessen für eine Software wo man im Gegensatz zu vielen Anderen selbst nach 20 Jahren nicht erneut zur Kasse gebeten wird. Einmal gekauft und fertig. Egal ob Winrar 4, 5 oder 6.
Wenn ich so etwas lese, kriege ich als Softwareentwickler einen dicken Hals... Doch, man muss eine Lizenz kaufen! WinRAR ist Shareware. Die Nutzung über einen 40tägigen Testzeitraum ist illegal. Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch legal.
AthlonXP schrieb:
Vielen Dank, dass ihr meine private Seite immer wieder erwähnt. Hier erscheint die WinRAR-Lokaliserung zuerst. Inoffiziell heißt sie, weil es zu Verwechselung mit der offiziellen Version kam. Man hat mich daher gebeten, das "inoffiziell" als Attribut zu verwenden - dem bin ich gerne nachgekommen.
Auf dieser meiner Homepage erscheint die Übersetzung zuerst. Wie ich dort schreibe, entsprechen die dort angebotenen Distributionen den offiziellen. Der Unterschied ist die Signierung der Pakete durch den internationalen Vertrieb. Der Veröffentlichungsvorgang läuft nämlich immer so ab:
- Veröffentlichung der Distributionen auf meiner Homepage unter leimer.name/winrar (inoffizielle Distributionen)
- Benachrichtigung des Herstellers.
- Hersteller läd die Distributionen von meiner Homepage leimer.name/winrar herunter.
- Hersteller signiert die Distributionen (Codesignierung).
- Hersteller veröffentlicht auf seiner Homepage rarlab.com die signierten deutschen Pakete (offizielle Distributionen).
Wenn ihr also die deutschen Versionen schnell haben wollt, findet man sie zuerst auf meiner Homepage. Von der Benachrichtigung des Herstellers und der offiziellen Veröffentlichung dauert es zwischen 15 Minuten und wenigen Stunden. Bei der aktuellen Version 6.20 hat es 18 Minuten gedauert.
So Leute, ich habe jetzt viel geschreiben und ich hoffe, dass ich euch einen kleinen Einblick in meine Tätigkeit geben konnte. Ich wünsche mir mehr Respekt für diejenigen, die im Hintergrund die Übersetzungsarbeit machen.
PS: Falls ihr nicht glaubt, dass ich tatsächlich der Übersetzer bin, habe ich
einen Screenshot des Anfangs dieses Posts im ComputerBase-Editors auf meiner Homepage hinterlegt.