Schrammler
Commander
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Tharamur schrieb:Dafür müssen die Leute aber auch mal raus aus ihrer Komfortzone. Man vergleiche mal nur die Zeit in den 60er, 70ern und 80ern des vergangenen Jahrhunderts mit heute. Da sind die Menschen noch zusammen für ihre Rechte auf die Strasse und haben demonstriert. Sie haben sich, auch wenn sie nicht direkt davon betroffen waren, solidarisch gezeigt.
Es ist der Neoliberalismus, der viele von uns entsolidarisiert hat. Das siehst du an den Gewerkschaften genauso wie in der Zersplitterung der Protestkultur. Egoismus wo man hinschaut, ein "wir" ist nur dann erwünscht, wenn man damit das herrschende System bzw. die Regierenden huldigen soll. In die Gehirne wurde die Alternativlosigkeit gepflanzt. Wenn es angeblich keine Alternativen gibt, braucht man auch nicht für solche auf die Straße zu gehen. So ist das Kalkül der Denkfabriken, ewig wird das nicht funktionieren.
Trotzdem fanden auch die Proteste der Vergangenheit nie quer durch die Bevölkerung Unterstützung. In Bayern auf dem Land war es den Leuten schließlich egal, wie verpestet die Luft im Ruhrpott war. Mit der Studentenbewegung konnte politisch mindestens ein Drittel der Studenten nichts anfangen, 70-80% der Bevölkerung auch nicht, weil sie nie eine Uni von innen gesehen haben und nicht verstanden, was die Protestierenden eigentlich wollten. Die meisten Bürger hat auch der Strukturwandel nicht wirklich interessiert, den es in den Bergbauregionen gab. Selbst die Anti-AKW Bewegung hat nie mehr als knapp über 50% Zustimmung gefunden, bis eben Fukushima sämtliche Argumente für die Sicherheit der Kernenergie obsolet machte.
Ich hatte früher einmal einen Physiklehrer der bekennender Naturschützer war, der war natürlich für die Atomkraftnutzung zur Energiegewinnung.
Tharamur schrieb:Ich denke, daß es vielen trotz allem noch zu gut geht. Oder sie haben sich einfach damit abgefunden, was hier und anderswo so läuft. Von daher bin ich da nicht so zuversichtlich wie du, daß sich da in naher Zukunft etwas tut.
Ich glaube man hat jenen, denen es wirklich nicht gut geht, ziemlich klar gemacht, dass sie an ihrem Schicksal selber Schuld sein sollen. Das wirkt bis heute, in keiner Gruppe gibt's so viele Nichtwähler.
Selbst bei den Demos heutiger Tage, sieht man doch eher Leute mit Abstiegsangst als solche mit der Forderung nach Aufstieg. Diese Angst vor dem völligen Abstieg ist politisch und wirtschaftlich durch die Agenda 2010 gewollt.
Ich bin schon zuversichtlich, weil unsere Regierenden gerade immer mehr merken, dass ihre Konzepte nicht mehr funktionieren. Dass der rechte Rand dabei auch hochkommt, ist die unschöne Variante davon.
Allerdings findet langsam aber kontinuierlich ein Umdenken statt: Die Banken bekommen ihr Fett seit Krise weg, der Industrie wird immer weniger vertraut (von Automobilriesen bis zu Herstellern/Konzernen von industriellen Lebensmitteln), Ärzten und der Pharmaindustrie stehen wir heute kritischer gegenüber, weil alle ihre Skandale hatten, der Presse wird (zurecht) nicht mehr alles geglaubt und die Mär vom ewigen Wachstum, das unabdingbar sein soll, wird uns demnächst noch auf die Füße fallen, nicht nur, weil die westliche Welt seit vielen Jahren quasi im Stillstand lebt- dort wo China gerade hineinrutscht.