@Mustis:
In einer kapitalistischen Konsumgesellschaft Konsumverzicht zu fordern ist deswegen unseriös, weil dieses System momentan auf Grund sinnlosen Massenkonsums funktioniert (noch nicht zusammengebrochen ist).
Könnte unsere Wirtschaft den deutschen Markt als überhaupt irgendwie wichtig erachten, wenn hier nicht so viel sinnlos konsumiert würde, wenn nicht fast 25% der verkauften Lebensmittel bei der Müllabfuhr landen würden, wenn nicht JEDER Grundschüler schon jährlich ein neues Smartphone bekäme und ab dem 18. dann in regelmäßigen Abständen neue PC's, Autos etc kaufen würde?
Mein
Handy habe ich seit beinahe 10 Jahren (im Link ist der Nachfolger aus der "Green-Serie" ) ... es hat damals €60,- gekostet (ohne Bindung an einen teuren Vertrag).
Es kann Telefonieren, SMS senden und empfangen und ich nutze es ab und zu, um unterwegs Musik zu hören oder mal ein witziges Grafitto zu fotografieren, bevor es überpinselt wird.
Ich brauche kein Smartphone. Weder privat NOCH beruflich.
Ich brauche auch keinen Fernseher (kommt eh nur Schrott) ... also habe ich keinen (seit mittlerweile fast 20 Jahren) ...
Ich habe einen PC, da das eine einfache Möglchkeit der Teilhabe darstellt, und ich ihn auch für mein Geschäft nutze (e-mail Verkehr, online-Werbung für meine Unterrichtstätigkeit, Tabellenkalkulationen als Auftragsarbeit u.v.m).
Mittlerweile könnte ich das auch mit nem Smartphone/Tablet alles ganz locker erledigen ... aber die ältesten Teile meines Patchwork-PC's sind mittlerweile 12 Jahre alt ... damals sah das noch anders aus.
Angeschafft habe ich mir das Ding für mein Studium.
Versuch mal heutzutage ein "unsmartes" Handy zu kaufen ... du findest welche, aber nahezu JEDER wird dir sagen, warum nimmste nicht das iPhone X mit 24-Monatsvertrag? ist doch auch nicht teurer und kann einen ganzen Haufen Quatsch mehr.
Ich antworte darauf (mir wird dieser "Ratschlag" regelmäßig gegeben) oft nur mit "ich brauche es nicht und daher werde ich es auch nicht bezahlen". Ich verzichte doch nicht für unnötigen Schnickschnack auf eine Telefonrechnung von selten mehr als €3,50.
Nen Smartphone mit " all inclusive-flat für UNTER 3,50 im Monat", das würde ich mir überlegen, aber eigentlch will ich auch nicht so einen riesigen Lappen in der Tasche haben ... also lieber für unter €2,-.
Erzähl mir nichts von Konsumverzicht, denn solange unsere Wirtschaft so fett davon profitiert, DASS die Leute sinnlos konsumieren, hat die Frage nach den Nachteilen eines Konsumverzichts einfach absolut keinen Sinn.
Es wird niemand zum Konsum gezwungen, aber es gibt Unternehmen, die ganz klar von der "schmeiß weg, kauf neu"-Mentalität profitieren.
Wenn du einen Bereich sehen willst, der in den letzten Jahren richtig geboomt ist, dann schau ins Marketing ... da wirbt man FÜR den Konsum und verdient sein Geld daher mit ANTI-Konsumverzichts-Kampagnen.
Man wird NICHT zum Konsum gezwungen ... nur STÄNDIG dazu aufgefordert.
Ich schaue mir Werbung mittlerweile nur noch an, um zu sehen, dass noch immer mit den gleichen dummen Stereotypen geworben wird, wie vor 50 Jahren, nur die Produkte sind anders und es ist nicht ganz so krass einseitig sexistisch.
Man sollte vielleicht viel eher fragen, wem es nützt, dass die Menschen NICHT verzichten ... statt mit der Moralkeule im Anschlag zu fragen, was denn die Nachteile eines Konsumverzichts wären.
Ich hoffe das war jetzt nicht zu hart formuliert ... nicht, dass sich am ende noch irgend ein Marketing-Gag beleidigt fühlt.
Nebenbei kannst du die Nachteile zumindest eines elterlich verordneten oder weitergegebenen Konsumverzichts an Kindern sehr gut sehen ... Stichwort für Google: "Mobbing in der Schule".
Es kann einem Kind schon einigermaßen schwer zu schaffen machen, wenn es in der Klasse das einzige ist, welches KEIN Smartphone hat, KEINEN Fernseher, KEINE Playstation, nur Mamas altes Fahrrad benutzt (statt ein High-Tech-Kinder-MTB), und nach den Sommerferien bei den Urlaubsgeschichten der anderen nur andächtig schweigend daneben sitzt, weil schon in den letzten 3 Jahren immer nur Gelächter kam, wenn man erzählt hat, dass es am Steinhuder Meer zwar schön, aber einfach zu kurz war ... oder man eben über Ostern einfach nur zuhause war.
In Manchen Familien geht das sogar so weit, dass die Kinder keinen Besuch nach hause mitbringen dürfen, weil den Eltern ihr eigener Lebensstil irgendwie "peinlich" zu sein scheint
Eigentlich alles keine Probleme ... wenn man auf die Meinung der anderen im Bezugsrahmen einfach scheißt - Aber ist das von 10-jährigen wirklich zu erwarten?
Also nicht, ob "Helikoptereltern" das für zumutbar halten, sondern ob die Kinder das aus entwicklungspsychologischer Perspektive überhaupt können müssen sollten.
Kurz bevor ich mit dem Studium fertig war (vllt die letzten 2-3 Semester) kam in der Pädagogik ein neues Modewort auf (Gender war halt ausgelutscht und die ewige Rassismus-Debatte wollte eh nie einer hören).
Das neue Wort war "Resilienz" ... vllt. kannst du das selbst googeln (falls du es nicht eh schon kennst).
"Resiliente Kinder" kommen auch mit den Nachteilen eines elterlich verordneten Konsumverzichts wunderbar zurecht ... aber nach den Studien, die ich dazu gesehen habe, betrifft das in den untersuchten Populationen oft nicht mehr als 1/3 der Kinder (also die Diagnose "resilient" ).
Und der Rest zerbricht an den Erwartungen ihres Umfeldes (genau wie Stahl bei -150° C einfach zersplittert, wenn man ihn fallen lässt - eigentlich kommt der Begriff "Resilienz" aus der Material- oder Werkstoffkunde).