TnTDynamite schrieb:
@Spotz: in wiefern kann man den Mali-Einsatz schlecht ablehnen? Wir sollten uns einfach mal hinstellen- und das würden nur die Linken- und offen aussprechen was jeder weiß. Es gäbe viel mehr Ländern, in denen eine Nato-Truppe auf die ein oder andere Art helfen könnte. Passiert aber immer nur dort, wo es Bodenschätze gibt. Im Falle Malis, geht es wohl primär um das umliegende Uran für Frankreichs Atomkraftwerke.
Naja, wenn ich mich recht erinnere, gab es zu der Zeit einen Anschlag auf eine Pariser Diskothek mit 100 (?) Toten oder so. Der Ausnahmezustand wurde verhängt und der französische Präsident sprach von Krieg. Dann wendet er sich an seinen Verbündeten Deutschland und bittet um Hilfe in Mali, weil dort eine islamistische Terrormiliz gerade dabei ist das Land zu erobern und nebenbei auch noch an vielen Massakern und Vertreibungen beteiligt ist.
Angenommen zu dem Zeitpunkt hätte Deutschland eine Rot-Rot-Grüne Regierung. Grüne und SPD wollen aus verschiedenen außen- und innenpolitischen Gründe der französischen Bitte entsprechen. Wie will die Linke in so einer Situation ablehnen können? Wie würde die Ablehnung in Verbindung mit dem Argument der Uranvorkommen in der Bevölkerung und in den Medien aufgenommen werden? Ich befürchte das die Linke dann einem wahren Sturm der Entrüstung ausgesetzt sein wird. Nicht nur in Deutschland, sondern auch international. Nicht nur das es dann zu einem Bruch der Regierung käme, mit Neuwahlen wo die Linke dann wohl nicht gut aussehen würde, sie könnte auf Jahre als unverantwortlich und regierungsunfähig in der Bevölkerung stigmatisiert sein.
Fraglich ob die französische Linke dann nicht eher an der Seite der empörten französischen Bevölkerung sein wird und als Signal auf europäischer Ebene mit der deutschen Linken brechen wird.
Vor allem wie sähe das Ganze in einer durch die Linken unterstützten NATO Nachfolgestruktur aus? Frankreich machte gegenüber Deutschland seine militärische Beistandspflicht aus den EU Verträgen wirksam, als es um Hilfe in Mali bat. Das könnte es dann auch bei einer NATO-Nachfolgestruktur. Wie will die Linke die Ablehnung einer Vertragspflicht aus der EU oder einer von ihr geforderten NATO-Nachfolgestruktur rechtfertigen? Vor allem gegenüber einem so wichtigen Partner? Das könnte das Ende von EU oder NATO-Nachfolgestruktur sein.
Als reine Oppositionspartei würde das problemlos gehen. Sobald die Linke in der Regierung ist, hat sie zwar die Möglichkeit eine NATO-Nachfolgestruktur oder ähnliches zu schaffen, wird dann aber auch dafür in die Pflicht genommen.
Klar gibt es auch Einsätze wie bspw in Libyen die man ablehnen kann. Aber es gibt auch solche wie bspw in Mali wo das ohne schwere Schäden kaum möglich ist.
TnTDynamite schrieb:
Der Schritt müsste ganz klar weg von den USA gehen und mit einem klaren Statement verbunden sein, was Europa künftig nicht mehr mittragen werde. Denn solange man die gleichen Interessen wie die USA verfolgt, ist deren Forderung nach mehr Beteiligung ja legitim. Wenn man aber den "Benefit" ablehnt, muss man auch nicht mehr entsprechend investieren.
Man muss sich halt ehrlich die Frage stellen, wie viel unseres Reichtums auf diesen Kriegen basiert. Die Kosten sind enorm, aber offensichtlich rechnet sich der Aufwand ja.
Ohne die USA wäre das immer noch ein Bund aus 30 und mehr Staaten. Da wird es auch mal sich nicht deckende Interessen geben. Frankreich, Großbritannien und ggf Russland sind deutlich intervenierfreudiger als Deutschland. Die Einsätze in Bosnien, Kosovo, Kongo, Libyen und auch in Syrien wurden auch maßgeblich von europäischen Mächten vorangetrieben. Teilweise beteiligten sich die USA daran gar nicht oder wollten sich da zuerst gar nicht engagieren, taten das dann aber mit Rücksicht auf die Europäer.
Wenn sich die Linke mit einer NATO-Nachfolgestruktur ohne die USA, aber ggf mit Russland durchsetzt, wie will man sich als ein Förderer dieses Projektes dann in solchen Fällen verhalten? Es wird schwer das zu verneinen. Ohne die USA ist Deutschland die stärkste Wirtschaftskraft eines solchen Bündnisses. Alle Augen werden sich immer als erstes auf uns richten. Wie oft kann man die Anliegen seiner Verbündeten enttäuschen bis das Bündnis anfängt zu erodieren? Als größte Macht eines solchen Bündnisses müssten wir auch eine deutlich größere Streitkraft für die kleineren Mitglieder vorhalten. Wir würden zu einem Teil die Rolle einnehmen müssen, die die USA in der NATO hat.
TnTDynamite schrieb:
Stimme ich dir ja zu, nur die gelebte Wirklichkeit zeigt hat: ohne ist es auch schwer. Daher bevorzuge ich schwieriger Partner, vor schwieriger Gegner. Bei Erdogan hat man immer noch nicht die EU-Beitrittsverhandlungen offiziell für gescheitert erklärt, womit weiter hohe Fördermittel fließen. Einfach nur weil man sich erpressen lässt.
Diplomatie ist nicht so einfach, dass man jedem einfach seine Meinung sagt, dazu steht und gut ist. Das weiß ich schon. Aber ein bisschen selbstbewusster sollte Europa schon sein. Auf der einen Seite gegenüber den USA immer einknicken, Erdogan alles durchgehen lassen, aber dann, eben USA-Gerecht bei Russland immer schön erhobenen Hauptes dagegen marschieren. Einfach mal gegenüber Putin 10% runterfahren und dem orangenen CEO und dem Hobby-Diktator mal etwas mehr die Stirn bieten. Sollte doch im Rahmen des Möglichen sein.
Das denke ich auch. Allerdings empfinde ich neben den USA, Russland und Türkei noch weitere EU Mitglieder als schwierige Partner. Aber damit muss man wohl leider irgendwie umgehen. Ein gutes hat Trump als US-Präsident: Er führt zu mehr Selbständigkeit in der EU. Den EU Staaten ist nun bewusst geworden das man sich auf die USA nicht mehr voll verlassen kann. Das kann zu interessanten Entwicklungen in den kommenden Jahren führen.