Mustis schrieb:
Davon abgesehen ist Strafverfolgung nicht danach zu beurteilen, ob sie nach betriebswirtschaftlichen Faktoren effizient ist. Das würde nämlich zu einer Obsolenz des Rechtsstaates in vielen Bereichen führen.
Das habe ich mit keinem Satz behauptet. Ich sprach von einer Prioritätensetzung nach Streitwert ... das bedeutet nichts weiter, als "biggest fish first" ... im Moment sammelt das Finazamt eher "Fische" ein, die ohnehin auf dem Trockenen sitzen, also eine Prioritätensetzung a la "easy-to-catch fish first". Wobei es eben tatsächlich so ist, dass €1000,- aufgewendet werden müssen, um kleine Steuervergehen aufzudecken, wobei größere Fälle eher stiefmüttelich behandelt werden.
Das geht nicht in Richtung eines "straffrei" - Betrags unterhalb dessen garnicht ermittelt wird. Es sind Steuergelder, die "gehören" dem Staat (bzw. werden von staatlichen Stellen eingetrieben, verwaltet und verteilt), ganz unabhängig vom Betrag.
Ich finde es unsinnig, wenn ein Ladendetektiv dich wegen einem Apfel filzt, während ein anderer gerade die ganze Obstabteilung gratis mitnimmt, nicht weil ich den einen Apfel weniger schlimm finde, sondern weil es einfach dumm ist, den Mörder laufen zu lassen, weil man gerade mit einem minderjährigen Ladendieb beschäftigt ist.
Da geht es um die "Bindung von Kapazitäten" die zugegebenermaßen mit der Verfolgung von Kleinstkriminellen sehr gut funktioniert.
Wenn bei dir eingebrochen wurde, und die Täter sich aufteilen, dann wirst du wahrscheinlich doch eher dem hinterherlaufen, der die Schmuckschatulle von Oma unterm arm hat, statt dem der nur ein paar Lacoste-Hemden eingepackt hat. Damit entscheidest du dich aber nicht für die Straffreiheit des einen, sondern setzt lediglich Prioritäten entlang des (ideellen) Wertes der entwendeten und wiederzubeschaffenden Gegenstände.
Das verstößt erst in deiner "worst-case" Interpretation gegen die Rechtsstaatlichkeit, denn erst du bringst hier Straffreiheit ins Spiel ... als Vorwurf, gegen etwas, das niemand geäußert hat.
DAS ist tatsächlich nur in DEINEM Kopf.
Abgesehen davon hast du auch bei meinem Hartz4-Einwurf schon gezeigt, dass du es falsch verstehst ... der war auch nicht so gemeint, dass man überall Mist bauen kann, weil man es bei Hartz4 ja auch tut. Ich finde einfach lächerlich, wenn Menschen sich dort, wo ihrer Menung nach nicht mit zweierlei Maß gemessen werden darf, auf die Rechtstaatlichkeit berufen, sich aber nicht daran stören, wenn anderen Orts genau diese Rechtstaatlichkeit einen feuchten Dreck wert ist.
Genauso ist es hier. Wenn die Finanzbehörden nicht nach wirtschaftlichkeits-Kriterien vorgehen sollen, dann sollte man das auch von keinem anderen "Staatsbetrieb" verlangen ... Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr, Kommunen und der gesamte Bildungssektor sind diesen Kriterien aber in den letzten 20 Jahren immer mehr untergeordnet worden ... gestört hat das nur die direkt betroffenen (z.B. Lehrende und Lernende plus Anhang).
Wenn Uli Hoeneß den Schutz des Rechtstaates verdient hat, dann der kleine Hartz4-Empfänger eben auch, denn wenn etwas von wirtschaftichen Interessen und Überlegungen frei sein sollte, dann der Gleichheitsgrundsatz als Bestandteil unseres Rechtstaates.
Reiche dürfen eben zumindest offiziell nicht "gleicher" sein
![Zwinkern ;) ;)](/forum/styles/smilies/wink.gif)
in einem Gebilde, was sich Rechtstaat nennen möchte.
In diesem Sinne bin ich natürlich auch dagegen, dass man sich von den Konsequenzen seines Tuns "freikaufen" kann ... sowas darf nicht sein. Wenn ein Staat solche Kuhhandel zulässt oder sogar unterstützt, dann ist er als Staat korrupt.