Es ist erstaunlich, wie wenig hier über die Konsequenzen diskutiert wird, die Amazons Verhalten nach sich ziehen wird (sofern sie damit durchkommen).
Ja, es mag einige notorische Dauerrücksender geben, die das Widerrufsrecht und das von Amazon zugestandene Rückgaberecht weidlich ausnutzen, um Produkte testen oder aussortieren zu können. Doch geht es wirklich um die?
Nein! Es geht Amazon um die Aufrechterhaltung des Geschäftsprinzips. Über die Jahre hat man sich den Ruf eines zwar in Teilen etwas teureren, aber dafür sehr kulanten Händlers erarbeitet. Nicht umsonst kaufe auch ich viele Artikel gerne bei Amazon, weil sie so schnell geliefert werden und ich sie bei Nichtgefallen unkompliziert zurücksenden kann.
Nun muss jeder Händler das Fernabsatzrecht beachten, aber darüber hinaus bietet kaum ein Händler ein Rückgaberecht an. Außer eben
Amazon. Die werben ausdrücklich damit, dass man innerhalb von 30 Tagen ein Produkt originalverpackt zurücksenden kann.
Häh!?! Dann kann der Kunde es ja gar nicht testen! Stimmt. Doch ruft man seine Bestellungen auf, soll man einen Grund für die Rücksendung angeben und oh Wunder, dort ist noch weit mehr
gelistet. Dort finden sich dann so illustre Gründe wie "gefällt mir nicht mehr" oder "woanders billiger". Gründe, die weit über das gehen, was der Händler mit dem Fernabsatzrecht tolerieren muss und er selbst als Rücksendebedingung angibt, nämlich augenscheinlich auch benutzte Ware, die dem Kunden nicht mehr zusagt.
Amazon nimmt seit Jahren benutzte Ware zurück, auch wenn die Originalverpackung nicht mehr vorhanden ist. Ich habe selbst schon ein Android Tablet nach vier Wochen Benutzung zurückgesendet und den vollen Kaufpreis erstattet bekommen. Und das Witzige ist, ich hätte es wahrscheinlich gar nicht erst gekauft, wenn ich nicht gewusst hätte, dass Amazon so kulant ist.
Denn bei Amazon weiß man genau, dass dieses Rückgaberecht zu einer erhöhten Anzahl von Bestellungen führt, wenn Kunden sich unsicher sind, ob sie den Artikel wirklich haben wollen. Nicht umsonst hat man mit den Warehouse Deals einen weiteren Marktplatz eröffnet, bei dem genau die Artikel landen, die zurückgesendet wurden.
Doch auf einmal fühlt sich Amazon genötigt, hier einen Warnschuss abzugeben. Doch an wen ist dieser gerichtet? An die Besteller mit den zehn Fernsehern, die doch nur einen behalten?
Nein! Dieser Warnschuss gilt uns allen. Auch bei Amazon weiß man um die Kommunikation im Internet und so war es klar, dass sich die Geschichte um Accountsperrungen wie ein Lauffeuer verbreiten würde. So ist sichergestellt, dass ein Großteil der Kunden davon Kenntnis nehmen wird. Amazon will uns auf der einen Seite glauben machen, dass es hier um eine Minderheit geht, auf der anderen um Missbrauch und da dürfe man doch wohl mal sperren.
Doch wen und warum, welche Kriterien dabei eine Rolle spielen, das sagen sie nicht. Und machen damit jeden Kunden zu einem möglichen Sperrungsopfer, der bei der nächsten Rücksendung dreimal überlegen wird, ob er die erworbene externe Festplatte nun behalten soll, obwohl sie so lärmt und vibriert.
Ich habe in einem anderen Thread einen Vergleich gezogen. Gegeben sei ein Restaurant mit all-you-can-eat, bei dem nach einiger Zeit ein Kunde herausgebeten wird, weil er angeblich zu viel esse, also Missbrauch betreibe. Welchen Eindruck wird das auf die übrigen Kunden haben? Essen sie weiter wie bisher oder reduzieren sie die Mengen, um nicht auch rauszufliegen?
Jeder Kunde, auch ich, wird sich bei den nächsten Rücksendungen fragen, ob er auch auf dieser Sperrungsliste landen könnte und allein das wird im Zweifel dafür sorgen, dass man einen Artikel lieber behält als ihn wieder zu retournieren.
Denn Amazon legt bewusst nicht offen, unter welchen Bedingungen jemand gesperrt wird. Nach außen pflegt man weiter den Eindruck des Versand- und Servicekönigs, nach innen zieht man die Zügel an. Das beworbene Rücksenderecht wird munter ausgehölt, indem unterschwellig der Eindruck vermittelt wird, dass ein übermäßiger Gebrauch dieses Rechts zu unangenehmen Konsequenzen führen könnte. Das sind Manieren eines Sonnenkönigs, der Rechte willkürlich erteilt und entzieht.
Entweder man nimmt ein gewisses Missbrauchspotential hin, um den Ruf zu wahren oder man kommuniziert offen, unter welchen Bedingungen das Rückgaberecht gilt. Doch hier will man beides, die Dauerrücksender bestrafen und trotzdem als Servicekönig da stehen.
Jeder Kunde hat heute verloren, nicht nur die, die ihren Account eingebüsst haben.