Wintermute
Fleet Admiral
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Bueller schrieb:Ich erwarte vom iPad, dass es Schluss macht mit höher, weiter, schneller und mir nur noch das liefert, was mich unterhält und informiert. Manch begeisterter User hier wird irgendwann erkennen, dass es einen Unterschied gibt zwischen einer Beschäftigung und einer Aufgabe.
Dass du dafür bisher nicht zerrissen wurdest wundert mich, du Fanboy du.
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Anmerkung:
Du hast es ja schon aufgeschlüsselt, was gerade läuft in Richtung Informationsverarbeitung und Medienkonsum (Twitter, 3 Social Media Seiten auf einmal, Forum offen, Film dazu, Flashgame ...). Konträr dazu steht die klassische Journalistik, zumindest die Informationsvermittelnde und nicht die Populäre.
Menschliches Multitasking hast du bereits auch beschrieben.
Ja, es gibt einen Unterschied zwischen Beschäftigung und Aufgabe. Es gibt auch einen Unterschied zwischen Konzentration und oberflächlicher Wahrnehmung. Und vor allem gibt es einen Unterschied zwischen informiert sein und bescheid wissen. Viele rühmen sich damit, über alles was passiert bescheid zu wissen, nur die Wenigsten nehmen sich die Zeit um wirklich informiert zu sein. Kaum jemand liest mehr als die Headline und den Teaser, nur um es dann als Erster durch zig Kanäle der Umwelt preiszugeben. Tun das einige Wenige, dann kommt es allen Anderen zugute. Machen es alle, entsteht außer einer passiv-oberflächlichen Gesellschaft nichts mehr. Wir kennen jeden Film, jede Mucke, jede Newsmeldung, jede Regung auf der Welt, bloß in der Tiefe verstehen wollen und können es die wenigsten Konsumenten noch, da alles Multi, Sofort und Breitband sein muss.
Die Flächendeckende Vernetzung der Welt ist auf der einen Seite ein Segen, da Informationen nahezu ungebremst verteilt werden können. Auf der anderen Seite zehrt sie an den Nerven, da die meisten Teilnehmer dieser User-Content basierten Landschaft nur schnell konsumieren und dann eine zumeist nichts sagende Meinung hinterlassen ("voll gut" "lol, so´n Scheiß" "Das kenn ich schon seit 2 Tagen"), wirklich tiefgehend recherchierter, qualitativer und professionell aufbereiteter Inhalt ist eher selten.
Vielleicht ist als dies der Grund, warum mich z.B. noch nie das nicht usergesteuerte Multitasking des iPhones/iPads gestört hat. Ich möchte den jeweiligen Medien, die ich konsumiere, die ihnen zustehende Aufmerksamkeit geben. Ich höre Musik, weil mich Text und Komposition interessiert. Natürlich teilweise nebenher, aber zum großen Teil eher bewusst. Der ganze flache Pop interessiert mich nicht, Trends in jeglicher Richtung auch nicht. Ich möchte ein Buch lesen, ohne dass mich 2 Freunde und 1 Geschäftskollege per IM anschreiben und ich sehe auch gerne einen Film in Ruhe an, ohne nebenher im Chat zu schreiben, dass ich ihn gerade anschaue und jede Szene kommentiere.
Die vor diesem Absatz genannte Haltung findet sich auch in vielen Jobausschreibungen wieder. Da viele Menschen nicht mehr wissen, wo alles wie schnell hingeht, sollen neue Bewerber am besten alles können. Jung, motiviert, flexibel, familiär, Flash, PhP, Cocoa, C++, Onlinepublikation, Typo, Mediaplanung, Social Media und Marketing. Das Ergebnis ist ein Hagel aus nur halbfertigen Plattformen, seltsamen Startups, schlecht recherchierte Informationen und verzweifelten Angestellten, die nicht mehr wissen wohin mit den ganzen Infos die sie konsumieren, da sie ja an jeder Front auf den Tag informiert sein müssen, aber irgendwo noch etwas arbeiten sollten.
Das iPad ist also nicht die Revolution, die Software dahinter vielleicht - und wenn sie eventuell nur dem Rest der Industrie den Antrieb gibt, wieder selbst etwas auf die Beine zu stellen und nicht immer nur zu warten und dann zu reagieren. Apple ist nicht der einzige Konzern mit sehr gutem Marketing und einem Haufen Geld im Nacken. Es gibt noch einige Andere, die ein entsprechendes Produkt dementsprechend branden und auf den Markt bringen könnten, dass einen ähnlichen Medienrummel verursachen würde. Man darf auf den überfüllten Markt nicht einfach nur etwas entwickeln, man muss ihm ein Gefühl und ein Image anheften und dann der Welt mitteilen, dass es einen gibt. Sehr laut. Heute ist das laut sein sehr teuer geworden.
Es steckt eben auch ein gutes Stück Risiko dahinter, das Pad kann immer noch floppen. Ich höre so viele positive wie negative Stimmen zugleich, aus dem Apple-Lager, von den Apple-Feinden und von so gut wie allen Graustufen dazwischen.
Das positive ist: Es wird darüber diskutiert. Nicht nur über die Hardware, sondern auch über die Mediennnutzung und unserer aktuellen Situation in der sich seit 10 Jahren schnell und radikal verändernden Medienlandschaft.
Überlegt mal:
Youtube startete Ende 04 Anfang 05. Twitter um Anfang 06. Bigpoint hatte 07 bereits 9 Millionen registrierte Spieler. 2007 erschien auch das iPhone 2g, ustream wurde an den Markt gebracht, Google wurde die wertvollste Marke der Welt, Cloud Computing wurde wichtig. Erst ein Jahr zuvor wurde last.fm neu aufgebaut.
Das kommt einem alles schon vor, als ob es eine Ewigkeit her wäre, sind aber im Grunde nur ein paar Jahre. Jeder zieht seine eigenen Schlüsse aus alldem, da jeder ein anderes Nutzungsprofil mit anderen Schwerpunkten aufweist. Deswegen gibt es wohl auch immer so ein Gezanke um Neuerscheinungen, sei es nun Chrome, Android, iPhone, iPad, Silverlight, Natal oder persönliche Live-Streamingdienste.
Ich wünsch euch viel Spaß mit alldem, egal was ihr bevorzugen mögt. Eventuell habt ihr gerade 45 Minuten gelesen, vielleicht auch nur die ersten 3 und letzten 3 Zeilen. Es lief keine Musik, der Browser zeigte lediglich dieses Eingabefeld an.