xexex schrieb:
Bei privaten Bauprojekten würde ich mit ein Beispiel von dir wünschen und damit meine ich nicht irgendeine Pommesbude in Hintertüpfingen.
Bei einer Pommesbude wuerde es mich wundern, wenn sowas passieren wuerde, davon werden genug gebaut, dass genug Erfahrung da ist, um das vorher richtig zu budgetieren und das dann zu bauen, ohne dass nennenswert unvorhergesehene Mehrkosten auflaufen.
Wenn Du Beispiele suchtst, schau Dir nur die Kernkraftwerke der Generation III+ an. Die sollten schneller gebaut werden, billiger und sicherer sein. Tatsaechlich sollte der EPR Olkiluoto 3 nach dem Baubeginn 2005 im Jahr 2009 fertig sein, fuer 3GEUR. Tatsaechlich ging er im April 2023 in den regulaeren Betrieb und kostete 11GEUR. Die beteiligten Baufirmen (Areva und Siemens) kennen sich eigentlich mit dem Kernkraftwerksbau aus, und die Firma TVO, fuer die das gebaut wird, betreibt schon zwei Kernkraftwerke an diesem Standort, die kennt das Geschaeft also auch. Diese Baukostenueberschreitung fuehrte dazu, dass Areva von franzoesischen Staat gerettet werden musste. Da sagt der neoliberale Fundamentalist natuerlich: na also, der Staat ist schuld.
Eine aehnliche Geschichte mit Flamanville 3 (Auftraggeber EDF, Auftragnehmer Areva): Baubeginn 2007, prognostizierte Fertigstellung 2012 fuer 3,3GEUR. Bis Dezember 2022 beliefen sich die Baukosten auf 13,2GEUR plus 5GEUR Finanzierungskosten. Das Ding ist noch immer nicht fertig; die Befuellung mit Brennelementen wird fuer 2024 versprochen.
Ok, das ist halt der EPR, vielleicht ist der nur einfach problematisch. Schauen wir uns die Konkurrenz an, den AP-1000 von Westinghouse. Davon sollten zwei fuer zusammen 9G$ in South Carolina gebaut werden (fuer South Carolina Electric & Gas (SCE&G) und Santee Cooper). Santee Cooper ist im Staatsbesitz, die anderen beteiligten Unternehmen waren boersennotiert. Baubeginn war 2013, 2017 wurden die Kosten auf 25G$ geschaetzt und Westinghouse ging bankrott. Das Projekt wurde aufgegeben, und SCE&G und Santee Cooper blieben auf den bis dahin aufgelaufenen Kosten sitzen. Vermutlich war Deiner Meinung nach der Staatsbesitz von Santee Cooper schuld daran, dass Westinghouse das nicht so bauen konnte wie vertraglich vereinbart, und deswegen bankrott ging (und damit das Geld seiner Investoren verlor).
Zwei weitere AP-1000 wurden/werden in Georgia gebaut (Vogtle-3 und 4). Auch hier Kosten- und Bauzeitueberschreitungen, ich kann aber keine urspruenglich veranschlagten Kosten finden, wird wohl auch aehnlich (also 9G$) gewesen sein. Nach der Westinghouse-Pleite uebernahm Bechtel die Fertigstellung des Projekts. Die erwarteten Gesamtkosten lagen 2022 bei 30G$. Immerhin ist Vogtle-3 (Baustart 2013) seit dem 31.7.2023 im regulaeren Betrieb.
Fakt ist jedoch, dass vor allem große öffentliche Bauprojekte in letzter Zeit komplett aus dem Ruder laufen.
Das ist nicht erst in letzter Zeit so, und du kannst "oeffentlich" und "Bau" weglassen. Grosse Projekte haben dieses Problem, vor allem wenn sie irgendwie ungewoehlich sind. Auch im Computerbereich gibt es solche Sachen, von IBM Stretch ueber die VAX [edit]9000[/edit] zu Intel iAPX-432 und Itanium, von den vielen Softwareprojekten, die aus dem Ruder gelaufen sind (zum Beispiel bei Betriebssystemen Taligent, Workplace OS, Copland, Cairo, alles Projekte privater Firmen) ganz abgesehen.