Ich klinke mich auch mal ein, da ich mich auch immer mehr mit dem Auswandern beschäftige.
Gründe bei mir sind einerseits die negativen Seiten: Zu viele und extremst negative, v.a. rassistische Erfahrungen mit der Polizei und der rechtsfreie Raum, der in D. um sie herum gebildet wurde ("Grubwinkler", für diejenigen, die das jetzt interessiert), das seit 92' kaputt gemachte Gesundheitssystem (in dem ich aufgewachsen bin und welches wir uns immer noch schön klatschen), aber auch die politischen Querelen und Richtungsentscheidungen, die ich so nicht mittrage. Und so viele Gründe mehr. Aber egal, ich politisiere hier schon wieder viel zu viel.
Die positiven Gründe sind dagegen, wie bei dir: das Wetter und die psychische Gesundheit (ich bin seit wenigen Monaten chronisch erkrankt, Auslöser laut Ärzte der Stress / die Psyche, Grunderkrankung ist aber auto-immun). Und mir persönlich gehts am warmen Meer schon immer am besten, daher wusste ich eigentlich schon immer, dass es Richtung Adria gehen wird. Habe deswegen vor einiger Zeit schon angefangen, italienisch zu lernen. Allerdings hab ich mir die Länder mal hinsichtlich meiner Optionen angeschaut und aktuell einen neuen Favoriten. Italien ist wunderschön, hat aber ebenso sehr viele negative Punkte: Starke links/rechts Ausrichtung in der Politik (womit ich persönlich aber gut klar komme), nochmals deutlich höhere Bürokrate als in D. (man glaubt es kaum), ein ebenso überlastetes Gesundheitssystem (zumindest laut den Pflegern und Ärzten, mit denen ich bislang gesprochen hab, der laxe Umgang mit den Haushaltsmitteln, etc.. Also im Grunde wie Deutschland, mit deutlich besserem Klima und mehr "Amore" (in Landschaft und das Gemüt der Italiener, sowie der Südtiroler hat mich auch immer sehr fasziniert).
Kommen wir aber mal zum eigentlichen Thema, die anderen haben es ja schon angesprochen. Die Voraussetzungen. Ich bin noch jung, ungebunden und im Grunde mehr oder weniger finanziell frei. Trotzdem habe ich einen - vergleichsweise schlecht bezahlten - Job als Code Monkey mit dafür sehr vielen Freiheiten. Dazu arbeitet mein Unternehmen quasi weltweit (ebenso mit Standorten weltweit) und bietet bis zu 100% HomeOffice, Workation; Sabbatical, etc... Also quasi die idealisiertesten Voraussetzungen zum Auswandern schlechthin, die in meinem Alter die allerwenigsten haben dürften, schätze ich.
Mein Plan ist es: Sobald die Voraussetzungen gegeben sind (aktuell bin ich noch nicht ganz so ungebunden, wie oben geschrieben, da ich zwei palliative Pflegefälle in der Familie habe), den Wohnwagen zu packen und mir die anderen Länder in aller Ruhe anzuschauen (gut, Wohnwagen kann man das übers Limit ausgebaute Teil eigentlich auch nicht mehr nennen). Aufgrund meiner Hobbies (Sport-Segeln und Skifahren) kommen eh nur die Länder rund um die Dolomiten / Alpen und die warmen Meeresregionen in Frage, im Rest der Welt sind mir die Skigebiete zu klein. Hätte ich die Hobbies nicht, würde ich meinen Blick etwas weiter weg richten. Mein Favorit aktuell ist ein Land, aus dem die Menschen wegen der schlechten Bedingungen eher auswandern: Kroatien. Je mehr ich mich einlese, umso faszinierter bin ich davon (Schulsystem, das teilprivate Gesundheitssystem, das Zwei/Drei-Säulen Rentenmodell, die niedrigen / nicht vorhandenen Steuern (kein Steuerparadies, aber niedrige KapErStr, quasi keine Erbschaftssteuer, fehlende Steuern, die wir sonst aus Deutschland kennen, ...), staatliche Erzeugnisse (günstiger Strom), die Essenskultur (es ist mMn so divers wie Österreich, nur mit noch mehr Fleisch) und natürlich dieses unfassbar geniale Klima (nein, mich stört die Hitze nicht: Die -25°C Kälte in den Dolomiten im Winter stört mich ja auch nicht, das nass-kalte -5°C Wetter in D. dagegen schon sehr). Lediglich die Kroaten schrecken mich etwas ab. Ich fasse zu denen durchschnittlich nicht so schnell vertrauen, wie z.B. zu Italienern und kann nicht so beurteilen, ob die freundlich sind, oder nur freundlich tun. Und natürlich meine Erfahrung mit Bürokratie und Beamte dort: Die sind nach meiner Erfahrung deutlich entspannter und unbürokratischer als in D., allerdings auch sehr korrupt (womit ich persönlich aber besser leben kann, als mit unserer Bürokratie, dem Polizeiproblem hier oder z.B. das der USA). Das ist aber MEIN Favorit, aufgrund MEINER Wünsche und MEINER Voraussetzungen und ich schätze, dass viele über meine Zeilen nur noch den Kopf schütteln, denn für die Meisten dürfte das kein idealer Wohnort sein.
So, jetzt hab ich viel geschrieben, ohne dir wirklich weiterzuhelfen und ich befürchte, jeder Satz von mir, könnte den ein oder anderen hier ziemlich triggern oder zu einer ellenlagen Diskussion verleiten, für die ich nicht wirklich Zeit habe (da Pflege, etc.), daher meine Ratschläge:
- Der Wichtigste: Befasse dich JETZT mit deinen Finanzen. Selbst, wenn du in Deutschland bleibst. Geh davon aus, dass du dir selbst als ITler keine "schöne" Rente / Pflege mehr leisten können wirst, wenn du nicht privat vorsorgst, deinen Konsum steuerst und über deine Verhältnisse und Ziele Buch führst. Aber auch für dein Leben davor ist das der essenziellste Schritt, den du gehen musst. Vor allem, wenn du auswanderst. Der einfachste Einstieg wäre mMn z.B. über Finanzfluss, in alles weitere liest du dich dann eh aus Neugier ein. Und ich bereue es sehr, das selbst nicht schon viel früher gemacht zu haben. Hier auch insb. die Themen Immobilie und Miete / Kurz & Langfristig Sparen / Renditen, etc. betrachten.
- Bedenke und plane, dass du dich (und damit deine Ziele, deine Weltanschauung, etc.) immer etwas wandeln wirst, der Prozess geht (und das sehe ich nicht nur bei mir, sondern auch bei meinem Vater) bis zum Tod. Deine Wünsche (z.B. familiär), deine finanziellen Ziele, deine Hobbies, deine Essgewohnheiten, deine Idee von Freiheit, etc. - alles wandelt sich, es formt sich nicht unbedingt zu einer finalen Form. Gerade in den jüngeren Lebensjahren ist dieser Effekt noch am Stärksten.
- Berücksichtige äußere Umstände: Sind deine Verwandten versorgt? Ich hätte nie gedacht, dass ich meine Eltern beide so früh verlieren werde und sie noch in den Tod pflegen werde, ich bin noch nicht mal richtig ausgezogen, da war ich schon zurück.
- Vorraussetzungen aufzählen, Wünsche erforschen und beides nachforschen: Kein Mensch wird dir hier ein Land nennen können, das für dich passt, sondern es immer nur von seiner Warte betrachten. Mach dir wirklich klar, was dich hier stört und forsche dann nach, ob das in deinen bevorzugten Ländern nicht ähnlich schlecht ist: Ich fluche hier über unseren Rechtsstaat (den ich mein Leben lang als den besten der Welt eingeschätzt habe und dessen Fehler ich nun mehr und mehr begreife) und liebäugle mit einem Land, in dem der fast schon nicht mehr existiert, dank der eigenen Korruption. Der Wahrheit muss man dann halt auch ins Gesicht schauen und sich fragen, ob das was für einen ist. Also mach dir eine Liste, was du erwartest und arbeite die dann Schritt für Schritt ab. Alternative: Ich hab ChatGPT mit meinen Wünschen gefüttert, aber leider sind dessen Informationen, wenn es um sehr konkrete Sachen geht, auch nicht besonders genau. Die Ergebnisse waren aber trotzdem interessant und als Recherchegrundlage verwertbar.
- Langsam herantasten: Wenn es deine spätere Arbeitssituation erlaubt, machs nach meinem Plan und "wandere einfach mal für eine kürzere Zeit aus", lass aber den Fuß in Deutschland: Mit Home-Office, Workation ist ja vieles möglich. Unterwegs lernst du dann schon Einheimische und andere Auswanderer kennen, die dir von ihrem Leben dort erzählen. Ich wohne hier z.B. in einem winzigen Kaff und einer aus meinem direkten Nachbarkaff ist lustigerweise bereits nach Kroatien ausgewandert und hat einen eigenen Youtube Channel darüber. Ich vertrete eine fast gegenteilige Meinung zu seinen Auswanderungsgründen oder generell zu seinen Einstellungen, aber höre mir trotzdem gerne die Erfahrungen an, die er dort macht. Die alternative Extremsituation ist wohl für die wenigsten Menschen was: Ich bewundere den Youtube Kanal "AffeAufBike" - die verdient sich (vor der YouTube Karriere) quasi als Tagelöhnerin und erlebt so auf ihrem Motorrad erstmal die ganze Welt. Aber für sowas wäre ich niemals geschaffen und das wäre auch ein sehr schlechter Rat - und diejenigen, für die das ein guter Rat wäre, suchen nicht auf CB nach Rat, sondern machen's einfach.
- UND: Bitte lass dich nicht vom YouTube \ Social Media Algorithmus ergreifen. Ja, Deutschland hat seine Probleme und zwar gewaltige und auch zukünftige. Aber die anderen Länder sind - auf Dauer gesehen - auch nicht besser. Jedes Land hat seine goldenen Jahrzehnte, auf Dauer gleicht sich das aus. Ich sehe das nur leider an meinem Vater: Auf seine letzten Tage hin hat er sich ziemlich radikalisiert, ausschließlich durch den dauerhaften Konsum dieser Medien. Ein Video angeklickt, was in Deutschland alles scheisse ist, schon kommen die Empfehlungen für die zehn nächsten. Alles ausgemachter Käse. Früher war ich der politisch eher "Rechte" in der Familie, jetzt macht mir mein Vater schon sehr Angst. Bei weitem nicht alles an Deutschland ist schlecht (allein weil vieles historisch gewachsen ist), nicht alles am Ausland ist gut, aber das wirst du nur dann herausfinden, wenn du dich permanent kritisch selbst hinterfragst, so wie man es z.B. im Studium lernt / lernen sollte.
Ich persönlich bekomme von Verwandten und Freunden als It-ler eher die klassischen Länder angeboten, aber das sind für mich keine guten Angebote: Schweiz? Ja, tolle Basisdemokratie mMn, mehr Netto vom Brutto, aber als Autofahrer ist das für mich ein absolutes No-Go, da interessieren alle anderen Nachteile schon nicht mehr. Neuseeland? Wunderschön, solide Politik, evtl. das interessanteste Land derzeit. Aber, da kein EU Land, schonmal bürokratische Hürden um da hinzukommen und was soll ich auf der kleinen Insel? USA? Nein, hab ich schon erörtert. Deren Arbeitskultur ist für ein freiheitsliebendes Tier, wie mich nix. Türkei? Mit meinen finanziellen Mitteln und sonstigen Voraussetzungen gerade absolut interessant, aber politisch muss man das schon sehr mögen. UAE? Interessant, aber nein, nicht meine Kultur. Interessanterweise werden aber keine EU-Länder angesprochen, obwohl das für mich fast schon die Grundvoraussetzung ist. Immer nur möglichst weit weg, ohne kritisches hinterfragen oder Rücksicht auf Verluste.
So, genug Textwall erzeugt, ich hoffe, du kannst wenigstens mit den Stichpunkten da oben was anfangen, aber bitte befolge in jedem Fall den ersten Rat, egal was du am Ende machst, das ist so unfassbar wichtig.