spinthemaster schrieb:
Natürlich ist das Demokratie, denn die vom Volk gewählten Vertreter haben die Entscheidung getroffen.
Oder wurden die Politiker, die dieses Gesetz beschlossen haben, nicht vom Volk gewählt?
Nun, wenn du dir das mal genau anschaust, kannst du bei der Bundestagswahl gar nicht einzelne Personen frei wählen, sondern (praktisch, weil Einzelbewerber und Splitterparteien ja keine Chance haben) nur diejenigen, welche eine handvoll große Parteien dir zur Wahl stellen.
Durch den (an sich bereits verfassungswidrigen) Fraktionszwang wählst du dann unterm Strich nichtmal die Personen auf dem Wahlzettel, sondern die jeweilige Partei.
Selbst bei der Partei ist aber das Problem, dass die gar nicht von ihren Mitgliedern kontrolliert wird, sondern von einem mehrfach abgestufen System von "alteingesessenen" Partei-Oberen, die sich auch immer gegenseitig stützen und sicherstellen, dass niemand "systemfremdes" die Arbeitsweise und Inhalte der Partei verändert.
Denn wenn du mal genau hinsiehst, stellst du fest, dass bspw. bei den Parteitagen gar keine normalen Mitglieder dabei sind - sondern Delegierte. Und die stellen dann Programme auf und wählen den Vorstand.
Aber selbst das Programm ist ja nicht verbindlich - das wirft der Vorstand dann gerne mal in Koalitionsverhandlungen über Bord. Da kommt dann teilweise so ein Unfug raus wie Autobahnmaut (weil die CSU darauf bestand) oder wenn vor der Wahl die CDU die Mehrwertsteuer nicht erhöhen will, die SPD um 2%, der Kompromiss lautet: Erhöhung um 3% (so geschehen nach der Wahl 2005).
Bisweilen wird auch während der laufenden Legislaturperiode auch eine 180-Grad-Kehrtwende der Politik vorgenommen, beispielsweise von einer gewissen Angela Merkel immer wieder (Atomausstieg, Flüchtlinge unbegrenzt reinlassen, usw.), oder einfach "neue" Pläne geschaffen von denen man vorher nichts sagte (bspw. die immer wiederkehrenden Versuche der CDU/CSU/SPD die Vorratsdatenspeicherung einzuführen).
Am Ende hast du also vom einzelnen Bürger/Parteimitglied aus so viele Stufen der "Repräsentation", dass jegliche Mitbestimmung wegrepräsentiert ist und die Partei-Oberen machen können was sie wollen ohne Rücksicht auf den Willen der Mehrheit des Volkes nehmen zu müssen.
Erkekjetter schrieb:
was ist an Volksabstimmungen „echter“ als an anderen Demokratiefornen? Hier wird wieder Meinung zum Fakt gemacht…
Demokratie kommt vom Griechischen und bedeutet "Herrschaft des Volkes". Nicht "Herrschaft der Volksrepräsentanten", "Herrschaft der Parteien" oder ähnliches. Daher kann es keine Demokratie sein, wenn es möglich ist, dass "Repräsentanten" oder "Parteien" gegen den Willen der Mehrheit politische Vorhaben durchdrücken können.
Um dies zu verhindern, ist das Mittel der Unterschriftensammlung von 0,5% bzw. 1% in 100 Tagen bzw. 18 Monaten ein sinnvoller Weg, bei dem prinzipiell alles so weiter läuft wie bisher, also weiterhin Parlament und Regierung alles beschließen können, was sie für nötig halten - aber sie können eben nichts durchsetzen (oder Reformen verweigern), gegen die Mehrheit der Bevölkerung.
Sprich, das "tägliche Geschäft" läuft genauso weiter wie gehabt. Wenn aber ein politisches Vorhaben besonders Kontrovers ist, oder die Politiker das Handeln in einem bestimmten Thema verweigern oder zu zögerlich sind (Beispiel: Wohnraum/Mietpreise), dann haben die Bürger die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden, indem sie die Reformvorschläge dem gesamten Volk vorlegen - sodass dieses dann mit Ja bzw. Nein stimmen kann.
Aus meiner Sicht ist die Argumentation, das Volk sei nicht klug genug etc. falsch: Denn Demokratie heißt eben Herrschaft des Volkes, wer nicht will, dass das Volk herrscht, weil er es für dumm hält, soll sich dann aber bitte nicht als Demokrat bezeichnen.
Ich dagegen bin überzeugter Demokrat: Mir ist eine falsche Entscheidung, die aber vom Volk mehrheitlich beschlossen wurde, um Längen lieber als eine richtige Entscheidung, die von einer kleinen Gruppe gegen den Willen vom Volk durchgesetzt wurde.