Ripcord schrieb:
Komisch ist nur, seit Jahen hören wir immer etwas von neuen Rekorden bei Steuereinnahmen und trotzdem braucht der Staat immer mehr Geld.
Komisch ist das nur, wenn man sich nicht die Arbeit macht, kurz etwas Mathematik anzuwenden. Hier reicht auch einfacher 3-Satz.
Im Jahr A beträgt das "BIP" 1000 mrd. €, daraus werden 10 % "Steuern" generiert: 100 mrd. €
Im Jahr B steigt das BIP um 5 % auf 1050 mrd. €, es werden weiterhin 10 % Steuern generiert: 105 mrd. €. Natürlich hat man im folgenden Jahr neue Rekordeinnahmen.
Wenn nun aber wie dieses Jahr das BIP sinkt, aber die Steuereinnahmen wegen der Inflation steigen - was sich auf die USt. auswirkt, dann kommen zwar auch Rekordeinnahmen zustande, es steht aber nicht wirklich mehr Geld zur Verfügung, weil die Inflation die Mehreinnahmen quasi auffressen.
Ripcord schrieb:
Vielleicht sollten die Probleme im Inland mal bevorzugt werden anstatt das Geld überall zu verteilen
Auch wenn das manche nicht gerne lesen werden: Das wäre die "dümmste" Idee. China, Russland und auch andere Länder füllen bereits dankbar die Lücken, die die EU und USA in vielen Ländern der 3. Welt hinterlassen und sichern sich damit wichtige Rohstoffvorkommen und Co.
Die meisten wichtige Rohstoffe, die man für Hochtechnologie braucht, liegen halt nicht mehr wirklich in Europa und Nordamerika, sondern heute, weil da die Rohstoffe nie so ausgebeutet wurden, wie hier, in Afrika, Asien und Südamerika.
Das Problem - besonders dieser Regierung - ist viel eher, dass hier 2 wirtschaftspolitische Lager aufeinander treffen, die alle ihren jeweiligen "Lagern" gefallen wollen, ohne nach zudenken. Sowohl SPD, Grüne als auch die FDP sind aktuell dabei, die Steuergelder an ihre jeweilige Wählerschaft zu "verschleudern", weil sie denen gefallen wollen.
Das größte Paradox dabei ist, dass die FDP, der man eigentlich eine gewisse "Wirtschaftskompetenz" unterstellen können sollte, hier teilweise sogar mit am wirtschaftsfeindlichen verhält. Notwendige Transformationen werden schlecht geredet und das wird hinter "Technologieoffenheit" versteckt, gleichzeitig werden die Subventionen, die der Staat da leisten kann, um die Probleme abzufedern, auch noch infrage gestellt.
Sieht man sich die heutigen "Wirtschaftstheorien" der FDP an, dann muss man sagen: So viel geballte Inkompetenz und verblendete Ideologie habe ich selten in einer Partei erlebt. Die primäre Formel der FDP ist Steuersenkung und Abbau von Regeln. Das war es. Das gefällt den Libertären und Teilen der oberen 20 % der Gesellschaft, das war es aber schon. Wie "Anarchie" in der Wirtschaft funktioniert, hat man eigentlich im auslaugenden 19. Jahrhundert erlebt, als Rockefeller und Co, mit Gewalt die Arbeitnehmer unterdrückt haben und Menschen teilweise 16 Stunden am Tag arbeiten mussten und einen Tag freihatten. Genauso wie gewisse Firmen anfingen ihre Arbeitnehmer mit "Firmen" Geld zu bezahlen, dass außerhalb ihrer Firma nichts wert war.
Agba schrieb:
Dennoch finde ich deine Aussage einfach sehr gewagt, Infrastruktur Investitionen und Sanierungen auf dem Buckel neuer Schulden, permanent zu realisieren.
Das primäre Problem ist doch dabei: Wie soll der Staat es denn sonst finanzieren, wenn alle anderen Werkzeuge nicht mehr so eingesetzt werden, wie sie mal gedacht waren?
Du bist Politik- und Wirtschaftswissenschaftler? Dann sollte dir bekannt sein, dass eine der Lehren ist: In guten Zeiten werden die Steuern erhöht, in schlechten Zeiten gesenkt. In guten Zeiten baut man Schulden ab, in schlechten Zeiten nimmt man Schulden auf.
Eines der größten Hauptprobleme, die wir bis heute in der Politik haben, ist der Irrglaube des
Trickle-down-Effektes. Mit dieser Theorie haben Politiker in den 70er, 80er und 90er nach und nach die Spitzensteuersätze als auch die Vermögenssteuern in den einzelnen Staaten ausgehebelt und gesenkt. Die Theorie mag da vielleicht sogar noch stimmen, wenn die Menschen mehr Geld zur Verfügung haben, gibt es mehr Konsum. Das Dumme daran ist nur, dass dieser Umstand primär für die unteren Einkommensschichten gilt, die dann etwas mehr Geld zur Verfügung haben, wegen ihrer Lage das Geld aber auch ausgeben müssen.
Für die oberen 10 % gilt das ganze dann leider nicht mehr in der Form, dass diese das Geld auch wirklich ausgeben. Diese oberen legen ihr Geld eher zur Seite, auch wenn sie vielleicht dem einen oder anderen teuren Hobby nachgehen. Gelder werden in diesem Bereich eher in Aktien, Pfandbriefen und Co angelegt und geparkt und eben nicht ausgegeben. Auch wenn man es vielleicht nicht glauben mag: Es kommt für alle Menschen der Punkt, an dem man "genug" Geld hat für das Leben, dieses Geld wird auch zuverlässig ausgeben, alles, was darüber geht, wandert aufs "Sparbuch" und liegt da quasi bis in die Unendlichkeit.
Und genau da liegt auch ein Teil des Problems heute: Die Geldsumme wird laut "Papier" immer größer, gleichzeitig ist dieses Geld aber zu weiten Teilen gar nicht im Umlauf, sondern irgendwo geparkt. "Für" uns ist das toll, wenn Steuern, Sozialabgaben und Co niedrig ist. Wir allen sehen es wohl gerne, wenn das Aktienportfolio jeden Monat statt um 100, vielleicht auch um 500 oder 1000 € wächst. Nur genau da liegt das Problem: Das Geld liegt in der Regel dann im Depot. Gelder, die ich aktuell durch die Dividenden bekomme, lege ich aufs Tagesgeld-Konto und lass es da "versauern". 99,99 % meiner Investitionen werden aus meinem Gehalt direkt bezahlt. Ich hab das Geld also da liegen, kann theoretisch es "ausgeben", mache ich aber nicht, weil fast alles durch das Gehalt gedeckt werden kann.
Woher also das Geld nehmen für notwendige Investitionen? Klar, man kann jetzt wie die FDP den Sozialstaat infrage stellen - der Traum der Libertären - gleichzeitig sage ich dann: Man sollte sich mit der Geschichte befassen. Das Rentensystem in Deutschland, die Krankenkassen und Co wurden vom Staat nicht aus Spaß und reiner Wohltätigkeit ins Leben gerufen, sondern eine Notwendigkeit, weil die Unruhen, die herrschten, den Staat in der Existenz gefährdet hätten und die Kosten ungleich höher waren.
Wie so immer gilt bei solchen Themen: Es gibt keine einfache Antwort und nicht die eine richtige Antwort.
Agba schrieb:
Die Bundesrepublik gibt allein an Entwicklungshilfe 33mrd aus.
Mit der sich die BRD in gewissen Ländern noch den Einfluss sichert und damit auch den Firmen in Deutschland die Möglichkeiten gibt, mit Firmen in diesen Ländern Verträge zu schließen. Genauso sicheren die Entwicklungshilfen zu Teilen günstige Rohstoffpreise und Co.
Auch hier gilt mal wieder - und an der Stelle bin ich echt mal so frei - dass das Thema weit komplexer ist, als es am Anfang den Anschein hat und gerade DU als angeblicher Wirtschafts- und Politikwissenschaftler solltest diese Zusammenhänge kennen und auch entsprechend benennen können.
Sollte das Bild, was du hier jedoch gerade vermittelst, wirklich deinen Wissensstand in diesen Bereichen wiedergeben: Dann bist du kein wirklich guter Wirtschafts- und Politikwissenschaftler.
Das Hauptproblem, und das sieht man hier gut an diesem Thema: Es wird mit irgendwelchen Zahlen auf populistische Art hantiert, dass dahinter aber teilweise wirklich komplexe Sachverhalte stehen können und dass gewisse Ausgaben - hier nun die Entwicklungshilfe - zum Teil eher versteckte Subventionen für unsere eigene Wirtschaft sind - wird zu weiten Teilen dann vergessen.