SunnyboyXP0 schrieb:
Ja, damit zeigst du den Irrsinn von starren Gesetzen ohne Einbeziehung von Verstand, Ethik und Moral auf. Recht ist heutzutage immer das, was einem selbst von Vorteil ist. Und das ist immanent kapitalistisch.
Wie soll die Einbeziehung von Verstand, Ehtik und Moral funktionieren? Sind deine Auffassung davon die richtigen und alle müssen diesen folgen? Sind es die es Richters? Was ist mit Andersdenkenden? Meine Moral ist eine andere, also kann ich nicht zur Verantwortung gezogen werden? Der Bieter in unserem Fall hier handelt unmoralisch? Was, wenn er dies nicht so sieht? Unter dem Diktat welcher Moral, Ethik sollen wir leben? Abgesehen von "Du sollst nicht töten", können sich die Menschen doch auf kaum einen allgemeinen moralischen Grundsatz einigen.
Gesetze sind nicht starr. Es gibt zahlreiche Vorschriften, die Wertungen für den Einzefall erlauben. Härtefallklausen und ähnliches. Im BGB selbst etwa der § 242 BGB: "Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern." Hier mal ein paar Ausführungen zu Treu und Glauben:
http://www.rechtslexikon-online.de/Treu_und_Glauben.html. Oder der § 138 I BGB: "Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig." Nach Lehre und Rechtsprechung verstößt gegen die guten Sitten, was gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkender Menschen verstößt bzw. gegen die herrschende Rechts- und Sozialmoral.
Würdest du hier - ebay-Fall - anwenden? Ich nicht, weil ich deine Meinung nicht teile. Wem soll jetzt der Richter folgen? Solche Vorschriften die Auswüchse begrenzen sollen, werden sehr restriktiv gehandhabt, gerade weil sie sehr schwer anzuwenden sind. Darum wird Sittenwidrigkeit nur in sehr seltenden Fällen zum Zuge kommen. Die Diskussion hier im Form zeigt doch schon, dass die Meinungen weit auseinander gehen.
Irgendjemand hatte geschrieben, dass die Reaktionen anders wären, wenn der Verkäufer Multimillionär und der Käufer Hartz-4-Empfänger gewesen wäre. Doch auch in so einem Fall darf das Gericht nicht anders entscheiden. Gleichheit vor dem Gesetz. Alles andere ist Willkür und das Gegenteil eines Rechtsstaates.
SunnyboyXP0 schrieb:
Sehen wir doch mal die Tatsachen: Kein Mensch kennt alle Gesetze und kann sich deshalb gar nicht vollkommen gesetzeskonform verhalten. Der Staat sorgt auch nicht dafür, dass seine Bürge juristisch geschult werden und sämtliche Gesetze kennen. Gleichwohl verlangt er von jedem Bürger genau das: Sich nach diesen Gesetzen redlich zu verhalten. Da fass ich mir als vernunftbezogener Mensch doch an den Kopf.
Wird nicht verlangt alle Gesetze zu kennen. Das AtomG muss kein normaler Bürger kennen. Im Strafrecht gilt der Grundsatz: "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht". Richtig, denn der Totschläger kann sich kaum damit herausreden er hätte nicht gewusst, dass dies verboten sei. Dennoch gibt es den § 17 I 1 StGB: "Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte." IdR kann der Irrtum gegen ein Strafgesetz zu verstoßen vermieden werden, denn jeder hat eine Vorstellung davon, was nach dem StGB unter Strafe steht oder hätte durch schlichtes Nachdenken darauf kommen können, dass sein Verhalten strafbewehrt ist. Es ist nicht erforderlich jeden Tatbestand im StGB zu kennen. Aber im Einzefall mag eine Unvermeidbarkeit angenommen werden = keine Strafbarkeit.
Im Zivilrecht gilt bei unerlaubten Handlungen (Deliktsrecht) die Vorsatztheorie, d.h. der Schädiger muss um die Rechtswidrigkeit seines Handelns wissen. Auch hier kann jeder idR erkennen, ob sein Verhalten unerlaubt ist, weil es die Rechte und Rechtsgüter eines anderen schädigt.
Ich fass mir als vernunftbegabter Mensch an die Stirn, dass du annimmst es werde verlangt alle Gesetze zu kennen. Mir ist nicht bewusst, dass wir im Alltag gegen zahlreiche Gesetze verstoßen und sich der Staat dann auf uns wirft, um die Strafe zu vollstrecken. Im Übrigen stellst du unser rechtliches Gefüge als enger und starrer dar als es ist.
SunnyboyXP0 schrieb:
Das Gesetz rief zum Kriege und alle Mitläufer kamen. Ein Gesetz ist erst einmal nur ein abstraktes Konstrukt, das im Dienst des Menschen steht. Von einem Gericht muss nun erwartet werden können, dass es in der Lage ist, vernunftbezogen Gerechtigkeit zu üben. Und das kann im Zweifelsfall bedeuten, einen bestimmten Paragraphen zu beugen. Erst dann ist ein Rechtsstaat vollzogen. Ganz allgemein gilt auf jeden Fall, dass jegliches Gesetz permanent hinterfragt werden muss, ob es der Zivilisation noch dienlich ist. Unsere ach so tollen Juristen hier echauffieren sich doch auch über die Vorratsdatenspeicherung etc. Warum? Wäre doch dann Gesetz und wir sollten treulich im Gleichschritt danach marschieren. Ich sage dazu entschieden nein! Ich bin ein mündiger Bürger und meine Bürgerpflicht besteht darin, meinen positiven Teil zur Gesellschaft beizutragen. Und darin ist sicher nicht inbegriffen, jemanden juristisch korrekt zu berauben!
Beugen? Schauen, ob es der Zivilisation dienlich ist? Du beschreibst den Willkürstaat, indem die Rechtsfolge allein in der Willkür des Richters liegt. Der Rechtsstaat ist das genaue Gegenteil.
Vorratsdatenspeicherung ist eine gesellschaftliche Diskussion die wichtig ist. Es geht um Moral und Ethik, also ob ein solches Gesetz überhaupt geben sollte. Es geht aber auch um juristische Aspekte, nämlich die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz, insbes. den Grundrechten (Abwehrrechte gegen staatliches Handeln). Wenn die Vorratsdatenspeicherung kommt, dann kann ich sie immer noch ablehnen, aber wenn das BVerfG entscheidet, dass das Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dann finde ich mich damit ab. Denn das ist die Aufgabe von Gerichten für Rechtsfrieden / Befriedung des Streits sorgen, indem sie eine Entscheidung - für eine geraum Zeit (das BVerfG hat seine Rspr. durchaus schon wegen geänderter Gesellschaftsverhältnisse angepasst) - treffen. Das zeichnet einen Rechtstaat aus. Mir steht es frei weiter gegen das Gesetz vorzugehen und vielleicht überzeuge ich irgendwann genug Menschen, dass etwas geschen muss.
Wenn es uns allerdings wirklich so unglaublich schlecht geht und wir in einem Unrechtstaat leben, dann können wir unsere Stimmen erheben und sogar mittels friedlicher Revolution neues Recht schaffen. Recht auf dem Diktat der Mehrheit, die älteste Form von Recht. Tja, aber die meisten Menschen werden wohl sagen, dass es so ungerecht in der BRD nicht zu geht.
Für alle die sich Fragen: Warum Vertrag, welcher Schaden, warum diese Höhe?. Hier in ein fast identischer Fall gut zusammengefasst und aufgearbeitet:
Schadensersatz bei abgebrochener ebay-Auktion