Das Problem mit der Validierung der Antikörpertests
Aber vielleicht, um es mal technisch zu erklären, und das hat nichts mit dieser Studie in Gangelt zu tun, das beschreibt jetzt nur allgemein, wie man so was validiert und was das bedeutet: So ein ELISA-Test, der ist jetzt in diesem Fall relativ neu entwickelt worden, der ist ja auch für ein neues Virus. Aber diese Firma hat schon Erfahrung damit. Wir haben mit dieser Firma gemeinsam schon früher für das MERS-Virus einen technisch sehr, sehr ähnlichen Test gemacht. Wir haben den intensiv validiert. Wir haben den in Saudi-Arabien benutzt, um an einer riesengroßen Stichprobe die Bevölkerungsprävalenz dort zu bestimmen. Wir haben den in Saudi-Arabien auch benutzt, um bei der MERS-Infektion Übertragungen in Familien in Haushaltskontexten zu bestätigen und zu bestimmen. Wir haben da richtig lange Studienerfahrungen, auch gemeinsam mit dieser Firma. Jetzt für das neue Virus ist das eben auch so gewesen, wir haben gemeinsam mit dieser Firma das Ganze validiert. Und was die Firma gemacht hat, ist: zunächst mal Blutspender getestet.
Blutspender-Seren testet man als Allererstes, die sind schön definiert. Blutspender-Seren haben aber eine Eigenschaft, die dazu führt, dass die Ergebnisse, die man damit bekommt, ganz besonders glatt und sauber aussehen. Jemand, der vor Kurzem krank war, darf nicht Blut spenden. Außerdem werden diese Blutspender-Seren das ganze Jahr über gesammelt, auch im Sommer und nicht nur in der Erkältungszeit. Und jetzt ist es so: An Blutspender-Seren ist dieser Test erst einmal validiert worden. Da hat man gesehen, der ist 99 Prozent spezifisch, das heißt, von 100 Testen, die man macht, ist nur einer falsch, falsch positiv. Also da ist ein Antikörper, obwohl der Patient in Wirklichkeit keine Antikörper hat. Wenn man aber die echte Bevölkerung anschaut und das zu dieser Jahreszeit, dann sieht man, dass die Falsch-Positivitätsrate höher ist. Aber das kommt einfach daher, dass wir in dieser Jahreszeit Erkältungen haben. Wir hatten bis vor gut zwei Wochen noch Influenzasaison. Und jemand, der in dieser kalten Erkältungsjahreszeit eine Erkältung hat, mit einem normalen Coronavirus, einem der vier, der hat danach nicht nur die IgG-Antikörper, sondern auch IgM-Antikörper, und die sind klebrig.
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Die IgM-Antikörper binden zwischen einzelnen verwandten Viren. Wenn ich mich mit so einem Erkältungs-Coronavirus infiziere, dann habe ich noch für ungefähr sechs Wochen (es können auch zwei Monate sein) zusätzlich solche IGM-Antikörper. Die werden möglicherweise dazu führen, dass so ein SARS-2-Antikörpertest falsch positiv wird. Wenn man das jetzt in dieser Jahreszeit anwendet - das weiß ich deswegen, weil wir das hier ja tun, wir nutzen diesen Test auch und haben da auch sicherlich 2000 Untersuchungen schon damit gemacht an normalen Patienten -, dann sehen wir eben schon zusätzlich auch, dass da falsch Positive entstehen. Die Rate dabei liegt nach meiner jetzigen Erfahrung im Moment bei dem, was wir hier in Berlin sehen, so bei drei Prozent, es können auch vier Prozent sein. Das ist auch alles gar nicht so wichtig, wie viel Prozent das jetzt exakt sind, denn man macht einfach etwas, um diese Unsicherheit auszuschließen