Mal ein paar Gedanken zu Deutschland (weil halt), Schweden (aus bekannten Gründen) und Norwegen (zum Vergleich) und ihrem Handling der Sachlage und wie das wohl für die Leute in den Ländern in Sachen Einschränkung - ob nun verordnet oder freiwillig - der Bewegungsfreiheit so sein mag.
Der erste Todesfall in Deutschland war am 9. März, mittlerweile sind pro 1 Mio. Einwohner 95 Menschen verstorben. In Schweden gab es den ersten Todesfall am 11. März und seitdem sind 357 Menschen pro 1 Mio. Einwohner verstorben. In Norwegen gab es den ersten Todesfall am 15. März und seitdem sind 43 Menschen pro 1 Mio. Einwohner verstorben.
Schweden überholt Norwegen also etwa um einen Faktor 8. Die
Google Mobility Reports* zeigen jetzt für die Frequentierung des öffentlichen Nahverkehrs und der Arbeitsstätten das Folgende:
(grün: Norwegen, gelb: Schweden)
Die Unterschiede sind tatsächlich gerade im März
nicht so klein. Ob sie so groß sind, dass man das dadurch schätzbare Mehr an Freiheit in Schweden mit einem Faktor 8 bezahlen möchte muss jeder für sich entscheiden.
Deutschland wird immerhin noch mit einem Faktor 3,8 von Schweden überholt. Hier sieht man:
(gelb: Schweden, schwarz: Deutschland)
So ein richtiges Freiheitstraumland ohne massive Einschränkungen scheint mir Schweden nicht zu sein - zumindest, wenn die Daten die Schwere der Eingriffe in die Normalität halbwegs akkurat repräsentieren.**
Fairerweise sei erwähnt, dass es in der Kategorie "Retail and Recreation" (unter die eben auch Cafes, Restaurants usw. fallen) durchaus deutlichere Unterschiede gibt - aber Schweden auch da in der Spitze -40% und im Mittel so -20% Rückgang hat.
Nur steht die Wirtschaft halt auch in Schweden nicht so sonderlich glänzend da. Es ist fast so, als hätten westliche, auf Export getrimmte Nationen, die Sache mit der Wirtschaft gar nicht so richtig selbst in der Hand, wenn die Kunden im Ausland plötzlich nur noch Klopapier kaufen.
Zur Frage, ob der Lockdown nötig war möchte ich ein ganz klares JEIN mit einer ähnlichen Collage (warum veröffentlichen die eigentlich alle keine Zahlen mit?
![Grrrr :grr: :grr:](/forum/styles/smilies/grr.gif)
) untermauern:
Ihr seht hier den
Nowcast von R des RKI und als Overlay die Mobilitätsdaten von Google. Die obere rote Linie ist die Baseline, die untere sind -40 %. Interessant ist, dass die Abnahme bei den Workplaces R
nachläuft. Öffis und Retail und Recreation gehen halt ziemlich Hand in Hand - bzw. laufen die Messwerte der Rechnung leicht
voraus.
Will sagen: Die Reduktion der Kontakte hatte ziemlich sicher einen Einfluss auf R - sonst müsste man mir erstmal einen anderen Mechanismus nennen, der für die Abnahme verantwortlich ist. (Ich kann ja auch einen Mechanismus erklären, der das ziemlich nahelegt.)
Diese Abnahme fand aber schon
vor dem Lockdown ganz massiv statt. Jetzt möge bitte jeder für sich beantworten, ob die Bevölkerung auch ohne den sanften Druck angekündigter - aber meiner Erfahrung nach seltenst durchgesetzter - Maßnahmen diese Disziplin dauerhaft an den Tag gelegt hätte. Ich tendiere zu: Nö.
*Die älteren Reports gibt's nur noch über die Waybackmachine - tatsächlich fällt der März so langsam komplett aus dem Report raus.
** Ich bin allerdings der Ansicht, dass sie das zumindest für D halbwegs stimmig tun.
Edit
@Weedlord Ich weiß nicht ob's der falsche Weg ist, die Wirtschaft scheint halt abzukacken und es sterben sehr viel mehr Menschen. Aber in den Kneipen ist definitiv mehr los.