rainbow6 schrieb:
Das ist ja noch schlimmer.
Wenn du von den Menschen, die im Winter sterben, jene abziehst, die "natürlich", durch einen Autounfall, durch Gewalteinwirkung, Drogenkonsum, Herzinfarkt, Leberversagen oder aufgrund anderer besonderer Gründe gestorben sind (bei denen wird das definitiv dokumentiert), was bleibt dann übrig?
Die bei denen du es einfach nicht weißt, UND die, die eventuell im Zeitraum aufgetretenen Krankheitswellen zum Opfer gefallen sind.
Natürlich ist diese Zahl nicht im Ansatz genau, das wird aber meist auch so kommuniziert - zumindest von den Originalquellen (die Presse ist wieder was anderes). Sie erlaubt aber Vergleiche zwischen einzelnen Grippewellen ... so krass, wie die 2017/18, war die 2018/19 definitiv nicht .. das zeigen diese Zahlen auch, wenn sie ungenaue Schätzungen sind.
Sollte man sich drauif verlassen? Wahrscheinlich eher nicht.
Kann man damit arbeiten? Aber sicher.
"Jeder Tote ist einer zu viel" ist vor allem der Blick des Individuums.
Jeder hat einen Selbsterhaltungstrieb und daher einen (mehr oder weniger stark) ausgeprägten Lebenswillen.
Bei den meisten Menschen kann man davon ausgehen, das die lieber nicht sterben wollen.
Verwandte oder Bekannte zu verlieren, ist immer eine etwas schwierige Angelegenheit ... man trauert um sie, vermisst sie und hat ausser Erinnerungen nichts mehr von diesem Menschen.
Das wünscht sich auch keiner, und gegenseitig wünschen wir uns das auch höchstens hinter dem Rücken des Betreffenden oder "hinter vorgehaltener Hand" (hoffentlich ist klar, was ich meine).
Also streben wir eher dazu, Tote zu vermeiden ... und aus der Richtung kommt "Jeder Toter ist einer zu viel".
Historisch betrachtet gibt es aber trotzdem einen Hang zum "Aufrechnen".
Ein etwas gemneines Beispiel ist die deutsche Bombardierung von Coventry ... die britische Regierung wusste von den Angriffsplänen ... aber man hat die Toten in Kauf genommen, um den Deutschen durch eine Evakuierung nicht zu verraten, dass man ihre Funksprüche entschlüsselt hatte ... und um die Stimmung im restlichen GB besser anheizen zu können sicherlich auch.
Mit einer Krankheit ist das natürlich schwer zu vergleichen ... aber auch hier funktioniert das perfide Spiel mit den Zahlen. Es ist bestimmt fies, das zum ersten mal zu denken, aber natürlich wird eine Kleinstadt geopfert, wenn dadurch der Ausbruch einer Krankheit in weitaus großeren Bevölkerungsteilen verhindert werden kann.
Das ist Containment extrem ... die Kranken isolieren und dann eben sterben lassen oder nicht. Es klingt wie aus einem schlechten Horrorfilm ... aber um schlimmeres zu vermeiden, werden auch Menschenleben geopfert.
Zum Beispiel 9/11 ... wären die Flugzeuge nicht z schnell an ihren Zielen gewesen, dann wären sie abgeschossen worden, denn genau das sieht der Plan für solche Krisensituationen in den USA vor.
Wären alle vier entführten Maschinen abgeschossen worden, dann wären die Insassen zwar gestorben ... aber das wären insgesamt keine 1.000 gewesen ... bei dem Geschehen, was durch diese Abschüsse wahrscheinlich hätte verhindert werden können, starben sehr viel mehr Menschen.
"Weniger als 1.000" klingt viel und diese Menschen bewusst zu opfern ist sicherlich keine leichte Entscheidung ... aber man muss eben auch immer fragen, was die Alternative gewesen wäre (zumindest bei den historischen Eregnissen geht das).
Natürlich verträgt sich das nur schlecht mit Humanismus oder Individualismus ... aber für Ameisen ist es scheinbar keine Sache, eine Kerze mit Leibern zu löschen, wenn die Strasse nicht rechtzeitig umgeleitet werden kann. Die machen das einfach.
Aber ich muss sagen, dass auch ich mit dem Opfern von Menschenleben ein ziemlich großes Problem habe.
Eigentlich WILL man da garnicht emotional distanziert drüber nachdenken.