DerOlf
Admiral
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Noxiel schrieb:Definiere diesen Ernstfall DerOlf. Zumindest fällt mir keiner ein, der dazu führen könnte, dass der Funker den Privatwagen putzt. Dieses Halbwissen im Bezug auf Befehl und Gehorsam ist kontraproduktiv bei solchen Gesprächen und gräbt nur alte Vorurteile aus, die höchstens noch zur Zeit unserer Väter angebracht waren.
Ganz am Rande: Vorurteile waren schon zu den Zeiten unserer Väter einfach unangebracht.
Definieren kann ich diesen Ernstfall nicht (mir fällt da auch einfach nichts ein). Es ist mehr ein Beispiel für Machtmissbrauch gewesen (und das war nebenbei nichtmal von mir). Wenn du wirklich extreme Beispiele für den Ernstfall lesen möchtest, dann wende dich an @Daaron - der ist da scheinbar Exerte.
Mir ging es nur darum, dass Machtmissbrauch von einigen hier gerne als etwas hingestellt wird, was zwar überall woanders gut funktionieren kann, aber nicht in Deutschland, nicht bei der BW. Das ist einfach Unsinn, denn für Machtmissbrauch braucht es nur genug Macht in den Händen Weniger.
Von mir bekommt jedenfalls keine Insitution mit streng hierarchischen Strukturen einen derartigen Persilschein.
Das Dritte Reich (falls sich die Zeiten unserer Väter darauf beziehen) ist zum Glück Vergangenheit, aber sind es deswegen auch Denkmuster, Verhaltensweisen und Einstellungen, die eine solche Entwicklung auch in der Zukunft wieder begünstigen könnten?
Natürlich wäre es etwas anders als damals - so blöd, kann heute eigentlich kaum einer sein, als dass er es ganz genau so versuchen würde. Aber ist ein totalitäres Regime deshalb in DE absolut unmöglich? Ich glaube, dass eine ähnliche Entwicklung jederzeit erneut entgleisen kann, und das die Völkergemeinschaft (heute heißt es ja UN) auch heute wieder erstmal nur schauen und abwarten würde (genau wie vor WW2).
Wenn man es nicht ganz plump nochmal genauso versucht, wie die NSDAP damals, könnte es sogar sein, dass eine überwältigende Mehrheit jubelt - und hinterher wieder niemand von irgendwas etwas geahnt hat.
So seltsam das für dich vielleicht klingen mag, es gibt Experimente zu Gruppendynamik und Verantwortungsdelegation, die eindrucksvoll zeigen, dass die "Zeiten unserer Väter" (bei mir waren es eher Großväter), ganz flott die "Zeiten unserer Kinder" werden könnten.
Z.B. auf Befehl einem wehrlosen Gefangenen Stromschläge geben (Milgram-Experiment).
Die meisten Probanten in diesem Experiment hätten wohl das Opfer getötet, nicht wenige hätten auch dem Toten weiter Stromschläge verpasst (mit steigender Intensität), wenn sie den Befehl dazu gehabt hätten (zum Glück waren die Opfer nur Schauspieler, die keine echten Stromschläge bekamen).
Ein sehr umstrittenes Experiment zur Verantwortungsdelegation in hierarchischen Strukturen (ein Gehorsamsexperiment) - die Probanten hätten sich weigern können, aber irgendwie haben die Wenigsten das ausdauernd genug versucht. Ab 300V Spannung kam vom Opfer keine Reaktion, aber fast 50% der Probanten gaben Stromschläge bis zu 450V (mehr gab die Versuchsanordnung nicht her).
Erzähl mir nicht, das Machtmissbrauch in der Bundeswehr unmöglich ist - die Probanden in diesem Experiment hätten auch Daarons "Regel 1" nicht genutzt.
Das Buch, das Theaterstück und der Film "Die Welle" beschreibt eines anderes dieser Experimente, in dem es nicht ganz so gut gelaufen wäre, wenn der Lehrer es nicht abgebrochen hätte - das ist tatsächlich so ähnlich passiert und war eigentlich gedacht als eine Unterrichtseinheit zu der Frage, wie diese Entwicklung damals in DE überhaupt möglich war. Es hat leider etwas zu gut funktioniert, und es bildeten sich tatsächlich ganz schnell totalitäre Strukturen mit Prügeltruppe (Schutzstaffel) und kollektiven Gewaltausbrüchen gegen Außenseiter in der Klasse.
Wenn ich es noch richtig im Kopf habe, dauerte das ganze keine 2 Wochen.
Was ich damit sagen will: Gruppendynamik und Verantwortungsdelegation sind eine extrem explosive Mischung und beides hat man in einer Armee, es sind geradezu zentrale Merkmale einer solchen Institution.
Es ist gut, wenn es Mechanismen gegen Machtmissbrauch gibt, aber die Frage ist eben, ob sie auch funktionieren, oder ob sie weiter oben in der Befehlskette einfach versanden.
Ich habe allerdings tatsächlich keine Ahnung, wie gut das bei der Bundeswehr funktioniert aber
Schütze Arsch im dritten Glied ist bei der BW sicher nicht der einzige, der da mitredet.
Schonmal nen Polizisten verklagt, oder einen Arzt? Du brauchst absolut wasserdichte Beweise, damit das überhaupt vor Gericht kommt, und im letzteren Fall entscheidet soweit ich das bei meiner Rechtsanwalts-Mutter mitbekommen habe sogar die Ärztekammer über die Erfolgschancen und damit darüber, ob es zu einem Verfahren kommt.
@Daaron
Du wirst es nicht für möglich halten aber ich habe "gedient" (ZivilDIENST), gäbe es in DE Krieg, würde ich wahrscheinlich zu denen gehören, die dich im Lazarett wieder zusammenflicken müssten (ich war Pfleger). Die Hierarchien mit denen man da zu tun hatte, waren auch nicht gerade flach - immer nach dem Motto "friss oder stirb". Die Verweigerung einer "dienstlichen Anordnung" (Zivi-Befehl) konnte damals z.B. mit bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden, Dieses Zauberwort fiel immer dann, wenn die Oberschwester "freundlich" nachgefragt hatte, ob man noch einen 12. Tag in Folge Dienst schieben möchte, und man geantwortet hatte "ungern".
Tu nicht so als wären Soldaten die einzigen, die Befehle empfangen und auszuführen haben - das gibts in vielen Bereichen - und meist sind die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten nicht so dolle, wie sie auf dem Papier aussehen.
Das merkt man aber wohl erst, wenn man's mal versucht hat.
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