Einführung in die Wirtschaftswissenschaften (BWL)

keshkau

Commodore
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Die Idee, einen eigenen Thread zum Thema Wirtschaftswissenschaften zu machen, geht auf barista zurück, der mit seinem Marx-Thread beschäftigt ist und deshalb mir das Feld überlässt. Denn eigentlich sollte ich bei dem WiWi-Thema der Hauptadressat sein. Mir selbst kam zu keinem Zeitpunkt in den Sinn, ein solches Thema selbst zu eröffnen, weil ich dabei einige organisatorische Probleme sehe. Aber versuchen kann ich es trotzdem.

Die Grundlagentexte sind, anders als bei Marx, nicht so einfach online zu verfügbar. Normalerweise müsste man auf Bücher zurückgreifen. Aber ich hoffe, dass wir uns mit Skripten aus Uni-Vorlesungen oder sonstigen Zusammenfassungen begnügen können. Ich möchte auch nicht ganz so tief einsteigen, sondern eher einen Überblick geben.

Wichtig ist zu Beginn, eine gemeinsame Basis zu schaffen und zu überlegen, was hier thematisiert werden soll und was nicht. Der Thread darf sich über die Zeit thematisch weiterentwickeln, aber das braucht seine Zeit. Also erst die Basics, später alles andere.

Als Einstiegslektüre biete ich an:

http://anna.ww.tu-berlin.de/~fues/download/ABWL WS06-07.pdf
http://de.wikibooks.org/wiki/Betriebswirtschaft
http://www.bw.fh-deggendorf.de/itk/gast/kurs2.html
Zur VWL: http://www.wagner-berlin.de/leit.htm

Es ist grundsätzlich eine gute Idee, verschiedene Fachbegriffe bei Wikipedia nachzuschlagen:

Gut: http://de.wikipedia.org/wiki/Gut_(Wirtschaftswissenschaft)
Bedarf: http://de.wikipedia.org/wiki/Bedarf
Nachfage: http://de.wikipedia.org/wiki/Nachfrage
Angebot (BWL): http://de.wikipedia.org/wiki/Angebot_(Betriebswirtschaftslehre)
Angebot (VWL): http://de.wikipedia.org/wiki/Angebot_(Volkswirtschaftslehre)
Markt: http://de.wikipedia.org/wiki/Markt
Marktgleichgewicht: http://de.wikipedia.org/wiki/Marktmechanismus
Preisbildung: http://de.wikipedia.org/wiki/Preisbildung
Marktdiagramm: http://de.wikipedia.org/wiki/Marktdiagramm
Vollkommener Markt (VWL): http://de.wikipedia.org/wiki/Vollkommener_Markt
Wettbewerb: http://de.wikipedia.org/wiki/Wettbewerb_(Wirtschaft)

Betrieb: http://de.wikipedia.org/wiki/Betrieb
Unternehmen: http://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmen
Unternehmer: http://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmer
Arbeitnehmer: http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitnehmer
Arbeitsverhältnis: http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsverhältnis
Produktionsfaktor: http://de.wikipedia.org/wiki/Produktionsfaktoren

Gewinn: http://de.wikipedia.org/wiki/Gewinn
Kosten: http://de.wikipedia.org/wiki/Kosten
Erlös: http://de.wikipedia.org/wiki/Erlös

Wiki-Themenportal Wirtschaft: http://de.wikipedia.org/wiki/Portal:Wirtschaft
Wiki-Books: http://de.wikibooks.org/wiki/Regal:Wirtschaftswissenschaft


Wirtschaft: http://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaft
Wirtschaftstheorie http://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftstheorie
Wirtschaftssystem: http://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftssystem
Soziale Marktwirtschaft: http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Marktwirtschaft
Geld: http://de.wikipedia.org/wiki/Geld
Zins: http://de.wikipedia.org/wiki/Zins

Investition: http://de.wikipedia.org/wiki/Investition
Sparen: http://de.wikipedia.org/wiki/Sparen
Konsum: http://de.wikipedia.org/wiki/Konsum

Es geht hier zunächst einmal um die Betriebswirtschaftslehre und damit um Betriebe, die begrifflich vom (rechtlichen) Begriff des Unternehmens abzugrenzen sind:

„Unter einem Betrieb ist umgangssprachlich auch das Gebäude zu verstehen, in dem sich ein Betrieb befindet – die „Betriebsstätte“. Häufig wird außerdem diejenige Organisationseinheit eines Unternehmens als Betrieb bezeichnet, in der die Herstellung des Produktes geschieht.“

In diesem Sinne ist die übergeordnete Wirtschaftsordnung, in welcher der einzelne Betrieb agiert, zunächst einmal gegeben und durch ihn nicht beeinflussbar.

Die Themen des ersten Blocks sollen sein: Bedürfnisse, Güter, Knappheit, Bedarf, Nachfrage, Angebot, Markt, Preis und Betrieb.

Mal schauen, ob sich jemand dazu äußern möchte – ganz gleich, ob Zusammenfassung, Erklärung, Ergänzung, Frage oder was auch immer. Meine stille Hoffnung ist, dass sich interessierte Diskutanten finden und dass der Thread etwas flüssiger verläuft als andere hier im Forum. Dabei darf es ruhig kontrovers zugehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Habe selbst überlegt so nen Thread aufzumachen, da bin ich natürlich dabei.

Ich äußer mich mal zum Thema Knappheit

Alle Güter die Verbaucht werden können gelten als knapp.
Dabei hat man lange Zeit die Umwelt als nicht knappes Gut gesehen. In Zeiten von Klimaerwärmung und Umweltverschmutzung findet hier aber ein umdenken statt.
Umweltlizenzen, Öko Steuer, Umweltauflagen: All dies sind konsequenzen dieses Umdenkens.

1. Umwelt (als Entsorgungsmedium für Abfälle, als Lebensraum für Mensch und Tier, als Resourcenmedium) ist knapp.

2. Knappe Güter bekommen einen Preis. Dieser zeigt den Grad der Knappheit an, wie bei jedem handelbaren Gut.

Öko Steuer und Verschmutzungs (Umwelt) - Lizenzen sind also im weitesten Sinne Preise, für das als knapp erachtete Gut Umwelt.

Als nächstes stellt sich die Frage wie man den Preis für Umwelt bestimmt. Da gehe ich in einem der nächsten Posts drauf ein.
Das war als Einstieg vieleicht ein bischen zu wenig an Grundlagen, aber ich wollte kurz aufzeigen wie Praxirelevant, theoretisch abstrakte Begriffe / Sachverhalte (Knappheit) sind.
 
Als Gut bezeichnet man in der Wirtschaftswissenschaft allgemein alle Mittel oder Leistungen (Sachgüter, Dienstleistungen und Nutzungsrechte), die direkt oder indirekt der Bedürfnisbefriedigung dienen.
Das ist die Definition. Die BWL unterscheidet freie und knappe Güter. Ein freies Gut zu finden ist gar nicht so einfach. Wenn ich in der Wüste Gobi Sandsäcke auffüllen möchte, dann mag der Sand dort „unbegrenzt“ zur Verfügung stehen. Ein Schluck Salzwasser aus dem Meer kostet mich auch nichts, weil davon mehr als genug vorhanden ist.

Möchte ich dagegen einen Flachbildschirm haben, so stelle ich schnell fest, dass ich den nicht ohne Weiteres bekommen kann. Denn es handelt sich hier um ein knappes Gut (Nachfrage größer als Angebot). Hier muss ein Mechanismus her, um einen Ausgleich zu schaffen.

Selbst die Luft, die wir atmen, ist mittlerweile kein freies Gut mehr. Denn zumindest indirekt bezahlen wir dafür, wenn Kosten für die Luftreinhaltung auf Verkaufspreise abgewälzt werden.

Das Thema der Knappheit ist übrigens das A und O eines jeden Menschen, der rational handelt (homo oeconomicus). Der Vielzahl von Bedürfnissen, die unbegrenzt scheinen, stehen nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung, um diese Bedürfnisse zu befriedigen: Geld, Zeit, Grund und Boden, Arbeitskraft.

Die Frage ist, wie man "das Beste" aus dem macht, was man zur Verfügung hat. Darum dreht sich alles, um die "effiziente Faktor-Allokation". Man will seine Ressourcen so einsetzen, dass sie einem den größten Nutzen stiften.
 
Zuerst mal eine kurze Klarstellung über meinen Beitrag zu Thread - Idee. Gedacht hatte ich an eine Kritik der Wirtschaftswissenschaft im Allgemeinen, nicht aber der BWL im Besonderen. Da so einen Thread sich mit 'Marx' überschnitten hätte, habe ich die Aufgabe keshkau überlassen.

An der BWL und ihren Begriffen habe ich eigentlich wenig auszusetzen. Ich werde gleich ausführen, warum.

Zitat: In diesem Sinne ist die übergeordnete Wirtschaftsordnung, in welcher der einzelne Betrieb agiert, zunächst einmal gegeben und durch ihn nicht beeinflussbar.

So wie hier das Thema, ist auch die Mikroökonomie definiert. Für diesen Zweig der Wirtschaftswissenschaft ist alles äußerlich und gegeben. Sie hat sich nicht nur von der Marxsche 'Theorie' (die keine ökonomische ist), sondern von der ganzen klassischen politischen Ökonomie abgekoppelt. Für sie ist nicht nur die übergeordnete Wirtschaftsordnung gegeben, sondern alles was dazu gehört: privates Eigentum, Geld, gesellschaftliche Verhältnisse, Arbeit und Wert, aber auch solche Sachen, die als Objekte anderer Zweige der Wirtschaftswissenschaft oder der Sozialwissenschaften sind.

Daher kann man gar nicht die Marxsche 'Theorie' der BWL gegenüberstellen. Sie sind zwei inkommensurablen Größen: Die Marxsche 'Theorie' will herausfinden warum die kapitalistische Wirtschaft so funktioniert und nicht anders und wie wiederspiegeln sich ihre Vorgänge und Objekte ins gesellschaftliche Bewusstsein. Die BWL zeigt wie man in der kapitalistischen Wirtschaft so wirtschaftet, dass das Geschäft erfolgreich ist, also seinem Zweck gerecht wird, Gewinne zu erzielen.

Marx vorzuwerfen, er hätte keine gute Theorie für BWL geschrieben, ist so, als würde man einem Atheisten vorwerfen, er bete ja gar nicht.

Diese Überlegungen ermöglichen jetzt zwei Schlüsse:

Erstens: Das Kapital aus dem Blickwinkel der BWL zu lesen ist genau so fruchtbar, als würde man ins Kino gehen, um einen Action-Film anzuschauen, und kauft sich Kinokarten für Emmanuelle. Den Fehler haben nicht nur der Ersteller dieses Themas, sondern laufend abulafia und DugDanger im Marx-Thread gemacht.

Zweitens: Das Thema hier ist für mich interessant, soweit es darum geht, warum dies und das in der BWL so ist, so gedacht oder so gemacht wird. Das warum wäre aber wiederum hier als Ideologie verstanden, da nicht von Belang in BWL.

Kurzum, trotz der Ehre, als Mitverursacher des Themas in die Verantwortung genommen zu werden, werde ich mich selten oder gar nicht dazu äußern. Keshkau und die anderen leiden meine Position anderswo nicht, um so weniger im eigenen Thema. Eine Einladung, mich zu äußern, werde ich aber nicht ablehnen und sonst auch mal einen losgelassenen Beitrag löschen, um die Gemüter nicht zu überhitzen.

Gute Fahrt!
.
 
Zuletzt bearbeitet:
In diesem Thread möchte ich im ersten Schritt die Begrifflichkeiten abstecken. Im benachbarten Marx-Thread mag das letzte Stück Brot keine Ware sein, in der BWL ist es ein Wirtschaftsgut, da es Nutzen stiftet. Solche Klarstellungen sind zu Beginn notwendig.

Man wird sich darüber unterhalten müssen, warum es Märkte gibt, was ihre Funktionen sind und wie gut sie ihren Job machen. Weiterhin möchte ich später gerne das Unternehmertum thematisieren. Warum macht sich der eine selbstständig und der andere nicht? Was sind die Motive, die Voraussetzungen und die Konsequenzen?

Bei Interesse kann man auf die betriebswirtschaftlichen Funktionen eingehen: Wie wird geplant? Wie werden Informationen beschafft? Wie werden Güter bewertet? Wie laufen Entscheidungsprozesse ab? Was ist mit der Arbeit?

Wenn das Grundgerüst steht, wird man sicher einen Blick auf die gesamte Volkswirtschaft werfen können. Das wäre der Schritt von der BWL zur VWL (Mikro- und Makroökonomie). Dabei wird es darum gehen, welche Rolle der Staat spielen soll. Schließlich ist er es, der die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft vorgibt.

Mitreden darf und soll hier jeder, der etwas zu sagen hat. Ich werde niemandem dazwischenfunken, solange es hier nicht drunter und drüber geht.
 
Mich interessieren weniger Haarspaltereien über Begriffsdefinitionen, daran scheitern sogar Verfassungsgerichtshöfe, als vielmehr z.B. das:

Warum funktioniert der Arbeitsmarkt anscheinend nicht?

Ich, Schlosser, schaue mich gerade um, was ich am Markt wert bin.
In meiner Stadt gibt es 100erte freie Stellen die für mich zutreffen und wegen Facharbeitermangels nicht besetzt werden können.

Problem:
Trotz offenbar akuter Knappheit am Gut "hochqualifizierter Facharbeiter im besten Alter(34)" wird mir für eine unattraktive 4er-Schicht Stelle nur 1500€ Netto geboten, für einen 7to17 Job gar nur 1300€ Netto
Jetzt habe ich bei einem 7to17 Job einen Lohn von 1750€ Netto.(8J bei der Firma)
Die Neuen bei uns werden auch komplett verarscht(1350€ Netto), weil sie nicht wissen, was sie eigentlich Wert sind.

Und das bei einem Rekordjahr nach dem Anderen...

Was soll dieses Lohndumping und wie geht das überhaupt?
Ein etablierter 4er Schichtler hat normalerweise ca. 2200€ Netto!

Ist in der Wirtschaft das Bewusstsein noch nicht angekommen, daß ein echter Mangel an qualifizierten Arbeitskräften besteht oder ist da was anderes im Gange?
 
Eine sehr spezielle Frage zu einem sehr frühen Zeitpunkt – daher eigentlich unpassend.

Aber trotzdem: Der Marktmechanismus ist ein überaus wirksamer Ansatz zum Ausgleich von Angebots- oder Nachfrageüberschüssen. Bei der Preisbildung unter rein marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten bleiben keine Fragen offen, weil der Markt geräumt wird. Das ist die Aufgabe, die ohne Rücksicht auf Verluste gelöst wird, sofern nicht irgendwelche Hindernisse im Weg stehen (z. B. monopolistische Marktstruktur, Preisabsprachen, Markteintrittsschranken usw.).

Der Haken an der Sache ist, dass der Markt kein Auge für soziale Belange hat. Da herrscht absolute Blindheit. Es interessiert „den Markt“ also nicht, ob am Ende ein hoher oder niedriger Preis herauskommt. Es kommt der Gleichgewichtspreis heraus – und fertig.

Der Arbeitsmarkt ist aber nun einmal ein sehr spezieller Markt, der nicht so einfach mit dem Markt für Milch oder Rohöl verglichen werden kann. Denn erstens ist die von Person A angebotene Arbeitskraft nicht in allen Fällen mit der von Person B vergleichbar. Zweitens ist der Faktor Arbeit äußerst unflexibel, weil es häufig an räumlicher Mobilität mangelt und weil die Ausbildungszeiten so lang sind, dass man nicht von heute auf morgen umlernen kann, wenn es der Arbeitsmarkt erfordert. Drittens ist der aktuelle Arbeitsmarkt in höchstem Maße reguliert. Es gibt zahllose Schutzbestimmungen (Jugendliche, Schwangere, Behinderte usw.), hinzu kommen Regelungen zum Kündigungsschutz sowie Tarifverträge.

Im Endeffekt führt das dazu, dass es auf dem Arbeitsmarkt keine freie Preisbildung mehr gibt. Die Löhne sind (mit Ausnahmen) nach unten nicht mehr variabel. Wenn es beispielsweise ein Überangebot an Arbeitskräften gibt, müsste der Lohn eigentlich sinken. Aber aus verschiedenen Gründen kann er das nicht (oder nicht so weit, wie er sinken müsste). Die direkte Folge ist Arbeitslosigkeit.

Der Arbeitsmarkt ist auch deshalb speziell, weil es auf der einen Seite an Fachkräften mangelt, die scheinbar nirgends zu finden sind, während auf der anderen Seite die Anzahl derjenigen zunimmt, die keinen Schulabschluss oder keine Ausbildung haben. Das passt nicht zu unserem Standort.

Nicht zu vergessen ist die Problematik der offenen Grenzen bei gleichzeitig unterschiedlichen Lebensstandards in den Ländern der EU. Warum sollte ein polnischer Facharbeiter in Polen arbeiten wollen, wenn er in Deutschland das Vierfache verdienen kann? Die „Wanderarbeiter“ verschärfen das Problem noch einmal. Auf der anderen Seite überlegen sich die Unternehmen, ihre Produktion dorthin zu verlagern, wo sie preiswerter ist. Gerade in lohnintensiven Branchen ist das attraktiv.

Es kommen noch andere Punkte hinzu, denn auch der Arbeitsmarkt in Deutschland ist keineswegs homogen. Es gibt große regionale Unterschiede.

Aber wie gesagt: Das ist alles sehr weit vorgegriffen und eigentlich noch nicht das Thema.
 
Ich würde eine viel einfacheren Antwort versuchen. Wenn ich von meiner oben vorgeführten Annahme ausgehe:
barista schrieb:
Die BWL zeigt wie man in der kapitalistischen Wirtschaft so wirtschaftet, dass das Geschäft erfolgreich ist, also seinem Zweck gerecht wird, Gewinne zu erzielen.
würde für den Anbieter der Arbeitskraft (Arbeiter) bedeuten, dass er unvernünftig mit seinem Gut gewirtschaftet hat. Er hat irgendwelche Faktoren nicht in Betracht gezogen und dann hat er finanzielle Schaden genommen.

Aus der Sicht der Betriebe ist dann wiederum alles richtig gemacht worden und so kriegen sie die Arbeiter unter ihren Preis und machen bessere Gewinne. Das aber sorgt für einen zukünftigen Arbeitsplatz eben für diesen Arbeiter. Vielleicht.

Also, die Arbeiter müssen sich weiterbilden - auch kaufmännisch, diese Kurse sind nicht so teuer -, um ihre Arbeitskraft besser verkaufen zu können. Dann können sie auch die Ausgaben für die Weiterbildung wett machen.
 
Wobei ich an dieser Stelle gleich noch etwas nachschieben möchte, gerade weil der Begriff des Ziels bereits gefallen ist.

In meinem ersten Link (Beitrag 1) werden vier Zielbereiche unterschieden:

a) Wertziele
Kapitalziele (Eigen- und Fremdkapital), Ergebnisziele (Shareholder Value, EK-Verzinsung), Liquiditätsziele (Zahlungsbereitschaft)

b) Sachziele
Produktziele (Leistungs- und Produktprogramm), Marktanteilsziele (Marktstellung, -segment), Qualitätsziele

c) Sozialziele
Mitarbeiterziele, Kapitalmarktziele, gesellschaftliche Ziele, ethische Ziele

d) Umweltziele

Bei Prof. Jörg Baetge heißt es, der Unternehmer möchte Einkommen erzielen und seine Einkommensquelle sichern. Das ist sicher richtig. Und das unter a) angegebene Liquiditätsziel ist wohl eher eine Nebenbedingung und weniger ein Ziel. Denn wer zu irgendeinem Zeitpunkt zahlungsunfähig ist, geht bzw. ist pleite. Dann war es das mit dem Unternehmen.

Ich will nur darauf hinweisen, dass es im „richtigen Leben“ nicht nur um Gewinn geht. Natürlich will niemand (auch kein Selbstständiger oder Freiberufler) arbeiten, ohne etwas zu verdienen. Aber es reicht keinesfalls aus, das unternehmerische Handeln allein am Gewinn auszurichten.

Das fängt schon beim Umgang mit Kunden und Lieferanten an. Wer stets unnachgiebig ist und keinerlei Kulanz kennt, hat bald keine Geschäftspartner mehr. Als Unternehmer darf man es sich nicht mit seiner Umwelt verscherzen. Denn das Unternehmen lebt von und mit seiner Umwelt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmensziele

Hieraus erwächst den Wirtschaftswissenschaften aber zugleich ein Problem. Denn es ist nicht möglich, gleichzeitig alle erdenklichen Einflussfaktoren zu berücksichtigen, wenn man etwas analysieren möchte. Da würde niemand mehr durchsteigen.

Deshalb werden in der Wissenschaft Modelle gebildet. http://de.wikipedia.org/wiki/Modell

Ein Modell zeichnet sich also durch Abstraktion aus, die bewusste Vernachlässigung bestimmter Merkmale, um die für den Modellierer oder den Modellierungszweck wesentlichen Modelleigenschaften hervorzuheben.

Die drei Merkmale eines Modells sind:
Abbildung: Ein Modell ist immer ein Abbild von etwas, eine Repräsentation natürlicher oder künstlicher Originale, die selbst wieder Modelle sein können.
Verkürzung: Ein Modell erfasst nicht alle Attribute des Originals, sondern nur diejenigen, die dem Modellschaffer bzw. Modellnutzer relevant erscheinen.
Pragmatismus: Pragmatismus bedeutet soviel wie Orientierung am Nützlichen. Ein Modell ist einem Original nicht von sich aus zugeordnet. Die Zuordnung wird durch die Fragen Für wen?, Warum? und Wozu? relativiert. … Das Modell wird somit interpretiert.


Das ist ein überaus wichtiger Punkt: Wann immer „geschlussfolgert“ wird, dass etwas so oder so sein müsse, ist zu hinterfragen, unter welchen Bedingungen (Prämissen) diese Rückschlüsse gezogen wurden und gelten sollen. Denn ein Modell (sei es nun zur Preisbildung auf einem „vollkommenen Markt“ oder eine Konjunkturprognose) unterliegt immer bestimmten Annahmen. Das geht auch nicht anders, weil wir die Komplexität dieser Welt nicht in den Griff bekommen.

Wenn also einem Unternehmen die Absicht der Gewinnerzielung unterstellt wird, dann ist auch das schon eine Abstraktion und Verkürzung des tatsächlichen Zielsystems, das in der Regel sehr viel komplexer ist. Viele andere Ziele werden damit nämlich ausgeblendet bzw. für nicht so wichtig erachtet, z. B. das Ziel, die eigenen Mitarbeiter zu motivieren und an das Unternehmen zu binden. Oder das Ziel, die Produktion möglichst nah an den Absatzmarkt zu platzieren, um Transportzeiten und -kosten zu sparen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese ganze Geschichte mit den Modellen und all die lobenswerten Zielen ist gerade das, was ich 'kritisieren' wollte. Die Argumente lieferst du ja (mal wieder) selbst:
Wenn also einem Unternehmen die Absicht der Gewinnerzielung unterstellt wird, dann ist auch das schon eine Abstraktion und Verkürzung des tatsächlichen Zielsystems, das in der Regel sehr viel komplexer ist. Viele andere Ziele werden damit nämlich ausgeblendet bzw. für nicht so wichtig erachtet, z. B. das Ziel, die eigenen Mitarbeiter zu motivieren und an das Unternehmen zu binden. Oder das Ziel, die Produktion möglichst nah an den Absatzmarkt zu platzieren, um Transportzeiten und -kosten zu sparen.
Was du als schöne 'Ziele' betrachtest, deren 'Ausblendung' unzulässig wäre, sind in Wahrheit nur Mitteln des Gewinns. Außerdem, weißt jedes Kind, ohne erzielte Gewinne wird ein Betrieb von der Bank fallen gelassen. Also, Gewinn das ist schon überhaupt das Ziel eines Betriebs/Unternehmens.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gewinn ist nicht alles, aber ohne Gewinn ist alles nichts. Das könnte die passende Formel sein. Wenn man sich die Ziele genauer ansieht, dann erkennt man, dass sich manche Ziele wunderbar ergänzen (komplementäre Ziele), während andere in einem neutralen Verhältnis zueinander stehen und wieder andere in die jeweils entgegengesetzte Richtung wirken (konfliktäre Zielbeziehungen).

Wenn man will, kann man jede unternehmerische Tätigkeit so hinbiegen, dass sie letztlich der Gewinnoptimierung dienen soll. Aber dieser „Beweis“ wird schwierig zu führen sein. Der vom Arbeitgeber finanzierte Mitarbeiterausflug, für den nicht einmal ein Urlaubstag genommen werden muss, wäre so ein Punkt. Er kostet Geld, bringt aber weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick etwas ein. Ähnlich könnte man eine Mitarbeiterkantine bewerten, die für den Arbeitgeber oft ein Zuschussgeschäft darstellt.

Aber der Gewinn ist eine ganz zentrale Größe, weshalb man sie in der BWL/VWL gerne modellhaft als „einzig“ maßgebliches Kriterium heranzieht. In bestimmten Bereichen wie der Kostenrechnung ist das ja auch völlig in Ordnung.



Bevor ich auf den Gewinn als wichtigen Punkt näher eingehe, möchte ich einen Blick auf den Unternehmer werfen.


Gut zwei Millionen Jahre lang zogen die Menschen als Jäger und Sammler durch die Welt und lebten von dem, was die Natur ihnen bot. Erst vor ca. 10.000 Jahren wurden die ersten Feldbauern im Vorderen Orient sesshaft. Das führte erstmals zur Produktion von Nahrungsüberschüssen und zu einem schnellen Wachstum der Bevölkerung.

Wie muss man sich das vorstellen? Da krempelt jemand die Ärmel hoch, um ein Stück Land fruchtbar zu machen, das zuvor einfach nur „Wildnis“ war. Er pflanzt dort z. B. Apfelbäume und baut Getreide an. Wem gehört anschließend dieses Stück Land, das zuvor niemandem gehörte? Wem gehören die Äpfel, die auf den gepflanzten Bäumen wachsen? Doch wohl am ehesten dem, der dort seine Arbeitskraft investiert hat.

Dieser Bauer ist aus eigener Kraft zu einem Unternehmer geworden, wenn man so will. Nun kann es sein, dass ihm die Arbeit mit der Zeit über den Kopf wächst. Was kann er machen? Er könnte einen Teil seines nunmehr fruchtbaren Ackerlandes eintauschen (bzw. verkaufen). Er könnte sich einen „Geschäftspartner“ ins Boot holen oder jemanden fragen, ob er bei ihm (andere würden sagen: für ihn) arbeiten möchte.

Schauen wir uns diesen potenziellen „Arbeitnehmer“ etwas genauer an. Im Grunde hat er dieselben Möglichkeiten wie der Bauer, der sein Feld bereits bestellt hat. Das heißt, er könnte ihm nacheifern, wenn er wollte, und sich selbst irgendwo ein Fleckchen Erde fruchtbar machen. Vielleicht ist ihm das aber zu viel Arbeit oder ein zu hohes Risiko. Schließlich kann man nie wissen, wie die nächste Ernte ausfallen wird, ob sich Abnehmer für die Produkte finden lassen usw. – Vor diesem Hintergrund ist die Wahl eines „Angestellten-Verhältnisses“ bei fester Bezahlung durchaus attraktiv. – Das gilt häufig noch oder gerade in der heutigen Zeit, worüber noch zu reden sein wird.

Der potenzielle Arbeitnehmer hat die Wahl, seinen Beruf frei zu wählen. Er kann sich entscheiden, für den Bauern zu arbeiten oder sein Glück woanders zu versuchen. Sollte er sich für die Stelle bei dem Bauern entscheiden, liegt es an den beiden Herren, die Bedingungen dafür auszuhandeln. Der eine möchte die Arbeitskraft des Arbeitnehmers nutzen, der andere möchte dafür entlohnt werden: Die Vereinbarung einer „Gewinnbeteiligung“ wäre denkbar, bezahlter Urlaub, was auch immer. Alles Verhandlungssache, denn es gilt neben der Berufsfreiheit auch die Vertragsfreiheit für beide Seiten.


Oder schauen wir uns einen Handwerker an. Er baut sich einen Tisch, also einen Gebrauchsgegenstand, der anschließend ihm gehört. Er könnte sich auch ein Werkzeug herstellen, etwa eine Säge, um Holz zu bearbeiten. Auch die Säge wäre anschließend sein Eigentum. Oder aber er baut sich eine Maschine, mit der etwas hergestellt werden kann. Sollte für die Maschine etwas anderes gelten als für den Tisch oder für die Säge? Die Maschine gehört dem Handwerker, der sie gebaut (oder gekauft) hat. Wem sonst?

Dieser Handwerker hat vielleicht Besseres zu tun, als den ganzen Tag lang die Maschine zu bedienen. Vielleicht macht er sich liebe auf die Suche nach Kunden. Deshalb möchte er jemanden finden, der die Bedienung der Maschine übernimmt. Es beginnt dasselbe Spiel, das wir schon vom Bauern kennen: Der Handwerker muss sich bei den potenziellen Arbeitnehmern als Arbeitgeber bewerben. Ebenso bewerben sich vielleicht potenzielle Arbeitnehmer um den Job an der Maschine. Wer nun zu welchen Bedingungen zum Zug kommt, entscheidet der Markt oder auch das Verhandlungsgeschick oder der Organisationsgrad der Arbeitnehmer, die ja auch gemeinsam ihre Interessen vertreten können, wenn sie clever genug sind. Das Risiko, überhaupt jemanden für seine Maschine zu finden, trägt der Handwerker ganz allein.

Er zieht außerdem den Kürzeren, wenn niemand die Güter kaufen will, die er mit seiner Maschine produziert hat. Dann hat er seine gesamte Investition in den Sand gesetzt. Doch überall dort, wo es das Risiko von Verlusten gibt, muss es auch die Chance für Gewinne geben.


In einem Vortrag zum Thema „Was macht einen Unternehmer erfolgreich?“ hieß es:

„Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass unternehmerischer Erfolg ganz entscheidend von fünf Voraussetzungen geprägt wird:

1. Dem kontinuierlichen Überdenken und Anpassen des Geschäftsmodells auf die Veränderungen am Markt;
2. Der Fähigkeit, neue Entwicklungen rasch zu erkennen und schnell darauf zu reagieren;
3. Der Fähigkeit, die Bedürfnisse des Kunden zu kennen und langfristig einzuschätzen;
4. Der Fähigkeit, die besten Mitarbeiter an sich zu binden;
5. Und schließlich, der Fähigkeit, seine Möglichkeiten immer wieder mit Kreativität und neuen Ideen zu verbessern.“
http://www.bertelsmann.de/bertelsmann_corp/wms41/bm/file_uploads/VortragsveranstaltungTUMuenchen.pdf

Weitere Voraussetzungen werden hier ausgeführt:
http://www.welt.de/print-welt/article214765/Was_erfolgreiche_Unternehmer_auszeichnet.html
http://www.hwk-stuttgart.de/pdf/erfolg10.pdf

Im Internet findet man zum Thema „Unternehmertyp“ verschiedene Fragebögen, die Aufschluss darüber geben sollen, ob jemand die Eigenschaften mitbringt, die man (erfolgreichen) Unternehmern normalerweise zuschreibt. Die Menschen sind bekanntlich verschieden. Der eine kann gut verkaufen, der andere kann besser organisieren, planen oder beraten. Wer keine Visionen entwickeln kann, nicht zielstrebig und ausdauernd ist, nur über eine schlechte Selbstorganisation verfügt und nicht mit Menschen umgehen kann, eignet sich wohl kaum zum Unternehmer oder dürfte es zumindest schwer haben, als Unternehmer dauerhaft erfolgreich zu sein.

Wenn unter den Anbietern eines Marktes Wettbewerb herrscht, dann hat nur derjenige Erfolg, dem es gelingt, die Bedürfnisse seiner Kunden (auf Dauer) zu befriedigen. Er muss sein Angebot zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, in der richtigen Menge, in der erforderlichen Qualität und zu einem konkurrenzfähigen Preis auf den Markt bringen. Gelingt ihm das nicht, geht er schlimmstenfalls leer aus.

Leistungsfähige Anbieter werden am Markt belohnt. Anbieter, die zu langsam reagieren, die qualitativ minderwertige Ware anbieten, die unzuverlässig oder deren Produkte zu teuer sind, werden verdrängt.

Wenn das Unternehmen A ein Produkt für 20 Euro anbieten kann, während Unternehmen B für das identische Produkt aufgrund höherer Produktionskosten 25 Euro verlangen muss, so stellt sich die Frage, welche Existenzberechtigung das Unternehmen B dann noch hat. Schließlich „vergeudet“ es ganz offensichtlich Ressourcen, die woanders (z. B. in Unternehmen A) effizienter eingesetzt werden könnten. Die Ressourcen sind bekanntlich knapp, manche mehr, andere weniger.


Unternehmerlohn und Gewinn

Als Unternehmerlohn bezeichnet man die Vergütung, die dem Gesellschafter einer Personengesellschaft bzw. dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH für die Tätigkeit im eigenen Unternehmen zusteht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmerlohn

Wenn der Unternehmer die Kosten für seine Produkte kalkuliert, lässt er so genannte kalkulatorische Kosten einfließen. Dahinter stehen keine realen Geldströme, wie sie etwa beim Einkauf von Rohstoffen anfallen. Vielmehr fließen dabei „erwartete Gewinne und antizipierte Kosten“ in die Produktkalkulation ein.

Ein wichtiger Bestandteil dieser kalkulatorischen Kosten ist der Unternehmerlohn. Der Unternehmer arbeitet z. B. 60 Stunden pro Woche in seinem eigenen Betrieb. Wäre er kein Unternehmer, so könnte er bei seiner Qualifikation z. B. als Gebietsleiter arbeiten und 6.000 Euro brutto verdienen. Dieser „Gewinn“ entgeht ihm durch seine Arbeit als Unternehmer, denn er hat keinen Arbeitgeber, der ihn bezahlt. Da er nicht umsonst arbeiten will/kann, setzt er ein fiktives Entgelt an, das in die Preise kalkuliert wird.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kalkulatorischer_Unternehmerlohn

Das Geld (Eigenkapital), das der Unternehmer in sein Unternehmen investiert hat, ist dort gebunden (z. B. in Form der Geschäfts- und Betriebsausstattung). Dieses Geld hätte bei der Bank Zinsen gebracht. Er setzt die entgangenen Zinsen als kalkulatorische Zinsen in seiner Kalkulation an..
http://de.wikipedia.org/wiki/Kalkulatorische_Zinsen

Manche Unternehmer haben ihre Geschäftsräume in ihren eigenen vier Wänden. Dieser Raum hätte ohne das Unternehmen vermietet werden können. So aber entgehen dem Unterneher die Mieteinnahmen. Er setzt sie als kalkulatorische Miete an. Man kann auch umgekehrt argumentieren, dass es sich um die Mietkosten handelt, die anfallen würden, wenn es diese Räume nicht gäbe, die rein zufällig dem Unternehmer selbst gehören.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kalkulatorische_Miete

Wer möchte, kann sich noch den Artikel über die kalkulatorische Abschreibung durchlesen, die an dieser Stelle keine große Rolle spielt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kalkulatorische_AfA

Nachdem er seine realen (pagatorischen) und kalkulatorischen Kosten berücksichtigt hat, kann der Unternehmer die so genannten Selbstkosten seiner Produkte bestimmen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstkosten
http://de.wikipedia.org/wiki/Kalkulatorische_Kosten
http://de.wikipedia.org/wiki/Kostenartenrechnung
http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Kostenrechnung

Die bisher genannten Punkte, also der kalkulatorische Unternehmerlohn, die kalkulatorischen Zinsen für das eingesetzte Kapital, die ggf. zu berücksichtigende kalkulatorische Miete sowie die kalkulatorische Abschreibung kann man kaum als Gewinn bezeichnen.

Dennoch ist bis hier praktisch alles Notwendige abgedeckt, um ein Unternehmen „dauerhaft“ über Wasser zu halten. Trotzdem gehen die Überlegungen des Unternehmers an dieser Stelle weiter.

Schließlich trägt ein Unternehmer noch ganz spezielle Risiken, die bisher nicht zur Sprache gekommen sind (zu finden bei den kalkulatorischen Wagnissen). Genannt werden in diesem Zusammenhang das Risiko von Konjunkturrückgängen und plötzlichen Nachfrageverschiebungen, der Geldentwertung oder betriebliche Risiken im Zusammenhang mit dem technischen Fortschritt (z. B. veraltete Maschinen).

Sofern es noch nicht beim Unternehmerlohn berücksichtigt wurde, ist außerdem zu beachten, dass der Unternehmer weder bezahlten Urlaub noch eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bekommt. Die Beiträge für seine Krankenversicherung zahlt er zu 100 Prozent aus eigener Tasche. Er muss auch selbst für seine Altersvorsorge aufkommen.

Äußere Einflüsse (Naturkatastrophen, Streiks, Einbruch usw.) oder auch Maschinenschäden können zu einer Betriebsunterbrechung führen und die Existenzgrundlage des Unternehmers gefährden, sofern diese Risiken nicht durch entsprechende Versicherungen abgedeckt sind.

Dies sind Punkte, die einen Gewinnaufschlag rechtfertigen. Gewinne sind weiterhin notwendig, um Geld für Investitionen zu haben, etwa für zusätzliche Anlagen oder Standorte oder für die Forschung und Entwicklung.

Fehlender „Gewinn“ ist kein Alarmsignal für die Banken, wie es barista formuliert hat. Denn auch wenn das Unternehmen keinen Gewinn abwirft, sind doch alle Kosten – auch die kalkulatorischen Kosten – gedeckt. Das Unternehmen ist liquide und selbst der Unternehmer kann von seiner Geschäftstätigkeit leben, da er für seine Mitarbeit im Betrieb einen kalkulatorischen Unternehmerlohn angesetzt hat.

An dieser Stelle kann man trefflich darüber streiten, ob ein solcher Gewinn, der über die Deckung der pagatorischen und kalkulatorischen Kosten hinausgeht, überhaupt gerechtfertigt ist (sei es ethisch, moralisch, gesellschaftlich, wirtschaftspolitisch …).

In jedem Fall ist es so, dass gute Gewinnaussichten tendenziell neue Anbieter anlocken, die auf diesem Markt bisher nicht tätig waren. Und das bleibt nicht ohne Folgen, wie man wahrscheinlich denken kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
barista schrieb:
Diese ganze Geschichte mit den Modellen und all die lobenswerten Zielen ist gerade das, was ich 'kritisieren' wollte.

Warum? Im Modell Marx legst Du gesteigerten Wert darauf, dass sich die Diskussion lediglich innerhalb dieses Modells bewegt. Dort geht es Dir nur um die innere Logik dieses Modells, das als solches aber nicht in Frage gestellt werden darf. Im Gedankenentwurf dieses Threads stellst Du aber die zugrundeliegenden Modelle grundsätzlich in Frage, weiterhin unterwirfst Du die Dinge dem Praxistest, den Du wiederum in Deinem Marx-Thread a priori mit dem Ziel der Beschäftigung mit der reinen Idee als solcher ausschließt.

barista schrieb:
Außerdem, weißt jedes Kind, ohne erzielte Gewinne wird ein Betrieb von der Bank fallen gelassen. Also, Gewinn das ist schon überhaupt das Ziel eines Betriebs/Unternehmens.

Zum einen unterstellst Du damit die Bankfinanzierung jedes Unternehmens, was imho nicht den Tatsachen entspricht. Andere Arten der Finanzierung nehmen bewusst das Scheitern in Kauf, z.B. bei der Beteiligungsfinanzierung. Das Missglücken einzelner Engagements wird dort bewusst einkalkuliert. Zum anderen negierst Du damit jede andere Motivation eines Unternehmers, der den notwendigen Gewinn zur Erlangung der Kapitaldienstfähigkeit ggf. als Nebenbedingung akzeptiert, um andere Ziele für sich zu erreichen. Damit sind auch Innovations- und Zufriedenheitsaspekte innerhalb des markwirtschaftlichen Modells abgebildet.

Und Du ignorierst die Vorstellung des Gedankenmodells, dass Gewinn als positiven Effekt einer sinnvollen Ressourcenallokation das letztlich ausschlaggebende Element des wirtschaftlichen Handels in der Marktwirtschaft darstellt. Der Verzicht auf Gewinn bedeutet notwendig die Verschwendung von Ressourcen, da dann der Ergebnis des wirtschaftlichen Handelns weniger wert ist als die Summe der eingesetzten Ressourcen. Im marktwirtschaftlichen Modell ohne einen "inneren" Wert bedeutet das, dass für das Ergebnis der Ressourcenkombination weniger bezahlt weden würde als für die Ressorcen als solche.

Mal ein Beispiel: Ein Anstreicher kombiniert die Ressoucen Wandfarbe und Arbeit. Die Kritik am Gewinnstreben würde bedeuten, dass der Anstreicher den fertigen Gebäudeanstrich maximal zu den Kosten der Wandfarbe abrechnen düfte. Er muss aber von seiner Arbeit leben, also wird er seine Arbeitsleistung in Rechnung stellten. Zusätzlich seine Kosten, inkl. der Kapitalkosten. Als Hausbesitzer zahle ich die Differenz zu den Matirialkosten gerne, wenn ich in der Zeit, die ich selbst für den Anstrich verwenden würde, mehr Geld verdiene als die Arbeit des Anstreichers kostet.

Trotzdem erledige ich den Anstrich selber, wenn ich dadurch einen Mehrwert erzielen kann. Durch die Zufriedenheit des Heimwerkens bewerte ich die Dinge anders, und komme deshalb zu der Beurteilung, dass auch immaterielle Aspekte meine Bewertung der Opportunitätskosten beeinflussen können. Diesen Gewinn erziele ich auch nicht für die Bank, sondern nur für mich. Der Gewinn liegt in Zufriedenheit, nicht in Geld. So ganz blutleer ist die Sache also irgendwie nicht. ;)

Ich verstehe Deine allgemeine Kritik am Gewinnstreben nicht. Im hier in Rede stehenden Modell liegt der Sinn des Gewinns in der Schaffung eines Mehrwerts, der nicht automatisch in Geld zu messen sein muss. Eigentlich bedeutet Deine Kritik doch das nach Deiner Sicht erstrebenswerte Streben nach einem Minderwert, oder bestenfalls einem gleichen Wert im Vergleich zu den eingesetzen Ressourcen. Also die vollständige Negation des Strebens nach Verbesserung.

Was ja in der Umsetzung der Ideen von Marx imho durchaus funktioniert hat, aber den Praxistest wollen wir ja eigentlich vermeiden. :D

Viele Grüße, Tiguar
 
BWL-Kenntisse und die Ressourcenverwaltung (auch Geld) sind eigentlich die wichtigsten Fähigkeiten, die ein Mensch heute haben muss.
Was mir während des Studiums aufgefallen ist: Diejenigen, die kein BWL studiert haben oder denen elementare Kenntnisse über unsere Wirtschaft fehlen, erklären sich das oft mit Gefühlen, Moral und Anstand. Ich finde das interessant, denn im Moment scheint das sehr populär zu sein. Ich meine damit Themen in den Medien wie die Geschichte um das Nokia-Werk in Bochum, der iPhone-Hype oder die Diskussion um die Managergehälter. Klar, all das ist BWL aber der Großteil der Menschen geht da viel zu irrational ran. So wie Rasemann sich und seine Arbeitskraft beschreibt, ist das eine absolute Ausnahme . Fast alle Leute sagen, dass die Höhe ihres Einkommens mit der "Anstrengung" zu tun hat oder immer soviel betragen muss, dass man davon leben kann.

Ich versteh noch nicht so ganz, warum BWL und VWL in der Schule nicht ausgebaut wird. Da reicht unser bißchen Politik-Unterricht einfach nicht und letzten Endes muss man dann alles in der Praxis mühsam erlernen.
 
Was ist Argument? Argument ist nur ein anderer Name für ein logisches Urteil. Was ist logisches Urteil? Logisches Urteil ist die (Maß)Einheit des Denkens. Seine Form ist meistens: Wenn..., dann... Sein Resultat ist dann eine Unterscheidung von Zweck und Mittel, Ursache und Wirkung, z.B.: Wenn ich Gewinne erzielen will, dann muss ich die Ausgaben gering halten und die Einnahmen erhöhen.

All das sind logische Begriffe, die, unabhängig davon, dass wir ihrer bewusst sind oder nicht, von unserem Verstand angewendet werden. Unser Verstand kann sich in diesem Prozeß sich vertun und falsche Urteile bilden – diese Möglichkeit hat uns der liebe Gott auch auf dem Weg gegeben. Wenn man falsche Urteile betrachtet, fehlt einem auf, das da meistens eine Verwechselung von Zweck und Mittel, Ursache und Wirkung vorliegt, z. B.: Wenn alle Menschen versorgt werden müssen, dann müssen manche Menschen Gewinne erzielen. Dieses Urteil ist übrigens allgemein fasch aber in einer kapitalistischen Gesellschaft richtig.

Was ist Argumentieren? Argumentieren ist das Gegenüberstellen von Argumenten. Ihr Zweck ist das Ausscheiden von schlechten Argumenten. Argumentieren mit schlechten Argumenten führt dazu, dass man aneinander vorbei redet. Man redet aber auch aneinander vorbei, wenn man die Argumente stehen lässt, egal ob sie falsch oder richtig sind.

Was waren meine Argumente?

Zitat_1: An der BWL und ihren Begriffen habe ich eigentlich wenig auszusetzen. Anders gesagt, gar nichts. Im Sinne von Zitat_2 ein konsequentes Argument: Wenn Zitat_2, dann Zitat_1.

Zitat_2: Die BWL zeigt wie man in der kapitalistischen Wirtschaft so wirtschaftet, dass das Geschäft erfolgreich ist, also seinem Zweck gerecht wird, Gewinne zu erzielen.

Zitat_3: Was du als schöne 'Ziele' betrachtest, deren 'Ausblendung' unzulässig wäre, sind in Wahrheit nur Mitteln des Gewinns. Außerdem, weißt jedes Kind, ohne erzielte Gewinne wird ein Betrieb von der Bank fallen gelassen. Also, Gewinn das ist schon überhaupt das Ziel eines Betriebs/Unternehmens.

Wie argumentiert keshkau:

Er widerlegt mein Argument nicht, sondern drückt es anders aus, versucht ihn umzuschreiben und zu verwässern, bejaht und negiert es wiederholt, um anschließend zu bemängeln, dass ich nicht alles berücksichtigt habe. Das wiederlegt aber gar nichts: bei Betrachtung des Weggelassenen entpupt sich das wieder als bloßes Mittel. Er wehrt sich aber vorsichtshalber bereits am Anfang gegen die Logik, die er Hinbiegen nennt.

Dann führt er mehrere Beispiele aus, die als Argumente herhalten sollen. Konstruierte Beispiele samt ihrer Interpretation sind ja keine Argumente. Aber darüber kommt er zu seinem Hauptanliegen, die mir längst bekannt ist: Warum der Gewinn gerechtfertigt ist. Das ist aber eine Rechtfertigung und kein Argument. Das Argument dafür wäre: Der Gewinn ist der Zweck des Betriebs/Unternehmens, weil durch die Wirtschaftsordnung gesetzt ist. Das hat er selbst in der Definition des Themas geschrieben. Der logische Schluss seiner eigenen Behauptungen will er aber nicht akzeptieren.

Das Resultat seines Rechtfertigungsbedürfnisses kann sich sehen lassen: Dafür zieht er schon mal ethische, moralische und soziale Argumente heran, die er selbst anderswo und bei anderen nicht zulässt, obwohl diese mit dem Produzieren im Betrieb und mit den Kalkulationen dessen Eigentümer, die er wiederum sehr akribisch darlegt, nicht zu tun haben. Am Ende ist der auf dem Wohl anderer bedachte Unternehmer ein Superheld, der 60 Stunden die Woche arbeitet und kaum einen Vorteil hat, außer seine Gewinne, die ihm am Leben halten dadurch, dass er sie zum Wohl der anderen immer wieder investiert.

Wie argumentiert Tiguar:

Er findet etwas verkehrtes an meine Kritik der Modelle, die aber keine war: Sie galt erst mal nicht dem Modell, sondern der lobenswerten Ziele, die eigentlich bloß Mittel waren. Da lässt er sich davon nicht aufhalten, sondern schreitet zu seinem Anliegen: Marx, den er als Modell interpretiert. Diese Verschiebung erlaubt ihm dann, mir den Vorwurf machen zu können, ich würde hier genau das tun, was ich dort anderen verweigere.

Diese interessierte Argumentationsweise legt er noch mal im letzten Absatz an der Sache an, wo es wieder darum geht, den Gewinn zu rechtfertigen. Dazu bringt er das Kunststück fertig, das Gewinnstreben ins Verbesserungstreben zu übersetzen. Das gilt heutzutage bekanntermaßen fast als Religion und moralische Erhöhung des Menschen, wo sie logisch gesehen nur Mittel des besseres Wirtschaftens ist, woher es ins Leben allgemein, auf dem Menschen hinübergeschwappt ist.

Am Modell habe ich gar nichts kritisiert. Das mache ich jetzt: Das Modell wird von der Wissenschaft gesetzt, daher heißt es auch so und nicht Realität. Die Wissenschaft beschäftigt sich dann mit dem Modell und nicht mit der Realität. Dann hat man das Problem, das bei keshkau immer wieder in der Aussage auftaucht, dass das Modell nicht alles deckt und alles sehr kompliziert wäre. Gut sind die Modelle in Wissenschaften, die ihr Objekt gut isolieren können. Man versucht mit mäßigem Erfolg in der BWL und VWL und die Ergebnisse kann man überall in finanziellen, gesellschaftlichen, sozialen, politischen Konflikte sehen. Natürlich, nur wenn man diese Konflikte sehen will, sonst nicht. Jetzt sollte man nicht verstehen, die Modelle wären die Ursache dieser Konflikte: Die Ursache dieser Konflikte ist das Abstrahieren von der Realität und die Durchsetzung der Interessen. Die Modelle sind halt nur Mittel.

Wie argumentiert Odium:

Seinen ersten Satz: 'BWL-Kenntnisse und die Ressourcenverwaltung (auch Geld) sind eigentlich die wichtigsten Fähigkeiten, die ein Mensch heute haben muss' kann jeder unterschreiben, da das der gesetzte Zweck der Wirtschaftsordnung ist. Meine Argumente geht er auch nicht an, sondern übersetzt sie in einem vermeintlich moralischen Problem, das ich nicht habe. So kommt er zu seinem Schluss: 'aber der Großteil der Menschen geht da viel zu irrational ran'.

Das stimmt. Hat das vielleicht damit zu tun, wie der Großteil der Menschen argumentiert?
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Ich fühle mich von barista ein wenig missverstanden bzw. falsch widergegeben. Das möchte ich an dieser Stelle korrigieren.

Es wird behauptet, der Gewinn sei das einzig entscheidende Kriterium für einen Unternehmer (barista: „Der Gewinn ist der Zweck des Betriebs/Unternehmens, weil durch die Wirtschaftsordnung gesetzt ist“). Ich habe zu zeigen versucht, dass dieser Ansatz möglicherweise zu kurz greift und nicht einmal so stimmen muss. Es gibt Unternehmer, die einfach nur ihr eigener Chef sein wollen. Andere Unternehmer legen Wert darauf, ihre Arbeitszeiten selbst bestimmen oder ihre eigenen Ideen verwirklichen zu können. Ihr zentraler Antrieb ist, von ihrer Arbeit leben zu können, so wie sich das jeder Arbeitnehmer auch wünscht. Die „Maximierung des Gewinns“ ist nicht das primäre Ziel, obwohl ein höheres Einkommen oft gerne mitgenommen wird. Warren Buffet spendete 30 Milliarden Dollar für die Gates-Stiftung. Das hätte er nicht machen können, wenn es ihm allein um Geld ginge. Weiterhin gibt es Selbstständige und Freiberufler, die voller Enthusiasmus ihrer Profession nachgehen, obwohl sie kaum davon leben können (manche Maler oder Schauspieler). Sie üben ihren Beruf nicht aus, um reich zu werden, sondern weil sie mit Leidenschaft bei der Sache sind. Diese Punkte kann man nicht einfach ausblenden. Darum ging es mir.

Nun ist es aber trotzdem so, dass unzählige Unternehmen nach Gewinn streben. Denn wenn man in diesem Jahr schon das Geld verdient, das man normalerweise erst im nächsten oder übernächsten Jahr verdienst hätte, dann hat das handfeste Vorteile. Der Unternehmer kann nicht in die Zukunft schauen. Seine berufliche Existenz hängt von seinem Erfolg am Markt ab. Er weiß nicht, ob nicht in sechs Monaten neue Konkurrenten auftauchen, die ihm das Leben zur Hölle machen. Die Erzielung von Gewinn bedeutet also einen Gewinn an (materieller) Sicherheit.

Was kann man mit dem Gewinn anstellen? Er kann entnommen und konsumiert werden. Er kann in Form von Gehaltserhöhungen (teilweise oder vollständig) auf die Mitarbeiter verteilt werden. Er sorgt für einen Anstieg des Eigenkapitals und verringert die Abhängigkeit von Fremdkapital. Das Unternehmen erhält dadurch eine solidere Basis und wird weniger anfällig für Krisen.

Die Absicht der Gewinnerzielung ist für den Unternehmer daher legitim und sinnvoll. Er weiß ja auch nicht, ob er sein Ziel erreichen wird, weil er darauf keinen Einfluss hat. Er kann nur seine Produkte anbieten und die Preise festlegen/vorschlagen. Ob jemand darauf anspringt, ist eine andere Frage.

Wenn ich die Frage des „Gewinns“ auf einen Arbeitnehmer zu übertragen versuche, dann sehe ich, dass auch er versucht, seine Arbeitskraft bestmöglich anzubieten. Doch auch hier ist das Kriterium längst nicht nur die höchste Bezahlung. Vielmehr spielen viele weitere Kriterien eine Rolle: Länge des Anfahrtsweges, Betriebsklima, Aufstiegschancen, Verantwortlichkeiten und Entscheidungsfreiheiten, Abwechslungsreichtum der Arbeit, Innen- oder Außendienst, Kinderbetreuung und vieles andere mehr.

Wenn wir den Arbeitsmarkt betrachten und dabei nur auf die Bezahlung schauen, dann abstrahieren wir an dieser Stelle. Das geht nicht anders, aber man sollte es im Hinterkopf behalten.


Noch ein Wort zur Modellbildung. Es gibt viele Beispiele dafür, wie man selbst mit einfachen Modellen bestimmte Sachverhalte anschaulich erklären kann, etwa das Phänomen, dass die Nachfragemenge bei steigenden Preisen dazu tendiert, abzunehmen. Modelle sind daher ein probates Mittel, um Sachverhalte zu analysieren, zu erklären und zu verstehen.

Die von mir angesprochene Einschränkung, dass in einem Modell abstrahiert werden muss, gilt schon deshalb, weil es dazu keine Alternative gibt. Ich selbst habe mich während meines Studiums intensiv mit dem Thema Produktionspolitik beschäftigt. Man bekommt schon einen rauchenden Kopf, wenn man versucht, in einer Werkstatt mit sechs unterschiedlichen Maschinen ein Dutzend Aufträge durchzuschleusen, die voneinander abweichende Bearbeitungsreihenfolgen, Bearbeitungsdauern und Termine haben. – Und da sind andere Aspekte wie die Personalplanung, die Beschaffung oder die Lagerhaltung noch gar nicht berücksichtigt.

Das ist auch der Grund, warum zunehmend mit Heuristiken gearbeitet wird. Je komplexer ein Sachverhalt wird, desto schwieriger bis unmöglich wird es, eine optimale Lösung zu finden. Daher begnügt man sich damit, zufriedenstellende Lösungen zu finden, mit denen man leben kann oder die zumindest besser als sind als die Lösungen, die bisher vorliegen.

Für den Einstieg in die Modellwelt, etwa in der Mikroökonomie, spielt das alles noch keine Rolle, weil es hier um grundlegende Techniken geht und um grundlegende Begrifflichkeiten.



Ich möchte ein konkretes Beispiel für ein Modell geben. Wir betrachten den Arbeitsmarkt, wobei nicht zwischen verschiedenen Stellen und Berufen oder zwischen verschiedenen Fertigkeiten und Qualifikationen unterschieden wird. Wenn man damit eine gesamte Volkswirtschaft abbilden wollte, wäre das eine extrem starke Vereinfachung. Zielt das Modell nur darauf ab, einen regionalen Stellenmarkt für Schlosser mit fünfjähriger Berufserfahrung abzubilden, passt es schon besser.

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Die von links unten nach rechts oben verlaufende Kurve stellt das Angebot an Arbeitskräften dar. Bei steigender Entlohnung wird der Arbeitsmarkt zusehends attraktiver. Hausmänner und Ausländer bewerben sich plötzlich wieder, die zuvor dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung standen. Sinkt der Lohn dagegen, so wird das Angebot an Arbeitskräften immer geringer.

Die Nachfragekurve verläuft entgegengesetzt. Für einen sehr günstigen Lohn, ist ein Arbeitgeber bereit, praktisch jeden einzustellen. Seine Nachfrage ist hoch. Gehen die Lohnkosten in die Höhe, überlegt er es sich zweimal, ob er jemanden einstellt oder ob er sich das leisten kann.

Im Schnittpunkt (L1, M1) ist der Markt geräumt. Es herrscht unter den hier gemachten Modellannahmen Vollbeschäftigung. Würde man den Lohn nun „künstlich“ anheben, etwa durch einen gesetzlichen Mindestlohn, dann entstünde eine Lücke, weil immer nur die „kürzere“ Seite zum Zuge kommt. Das ist beim Lohn L2 die Nachfragekurve. Die als „Arbeitslosigkeit“ markierte Differenz beschreibt den Angebotsüberhang an Arbeitskräften.

Läge der Lohn unterhalb des Gleichgewichtslohns, wie wir es aus anderen Märkten durch die Festsetzung von Höchstpreisen kennen (vielleicht ein Thema für Managergehälter), so entsteht ein Nachfrageüberhang. Im richtigen Leben sind vorgeschriebene Höchstpreise stets ein Zwangsmittel für eine Mangelwirtschaft (z. B. nach dem Zweiten Weltkrieg). Sie führen trotz Strafandrohung immer und überall zu so genannten Schwarzmärkten.

Mit diesem Modell kann man versuchen zu erklären, dass Arbeitslosigkeit eine Folge von zu hohen Löhnen sein kann, nämlich dann, wenn der Lohn über dem Gleichgewichtslohn liegt, der sich ohne äußere Einflussnahmen auf dem Arbeitsmarkt gebildet hätte.

Damit ist nicht gesagt, dass Arbeitslosigkeit diese und nur diese Ursache hat. Andere Modelle können anders aufgebaut sein und zu anderen Ergebnissen kommen. Aber es ist ein Erklärungsansatz.

Bevor man mit dieser Erkenntnis etwas anfangen kann, muss überprüft werden, inwieweit die für das Modell gemachten Annahmen etwas über die Realität aussagen. Die Kunst der Modellbildung besteht ja gerade darin, diejenigen Einflussfaktoren zu berücksichtigen, die man für wesentlich hält, wogegen alle anderen Faktoren außer Acht gelassen werden. Darüber, was wichtig und was unwichtig ist, kann man allerdings unterschiedlicher Meinung sein.

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Bedürfnisse, Güter, Knappheit, Bedarf, Nachfrage, Angebot, Markt, Preis und Betrieb waren die Begrifflichkeiten, mit denen ich ursprünglich in diesen Thread einsteigen wollte. Nun sind wir zwischenzeitlich ein wenig davon abgewichen, was bislang allerdings kein Beinbruch gewesen ist.

Bevor wir weiter in Details einsteigen, schlage ich vor, das Augenmerk zuvor auf einige andere Punkte zu richten, die ebenfalls von grundlegender Bedeutung sind.

Nutzen: http://de.wikipedia.org/wiki/Nutzen
Gossensches Gesetz: http://de.wikipedia.org/wiki/Gossensches_Gesetz
Klassisches Wertparadoxon: http://de.wikipedia.org/wiki/Klassisches_Wertparadoxon
Grenznutzenschule: http://de.wikipedia.org/wiki/Grenznutzenschule

Klassische Ökonomen wie David Ricardo und Adam Smith hatten ihre liebe Not, das „Wasser-Diamant-Paradoxon“ zu erklären (Tauschwert, Gebrauchswert). Karl Marx hat sich dieses Problems angenommen und eine eigene Arbeitswerttheorie entwickelt. Das ist im benachbarten Thread nachzulesen und braucht hier nicht noch einmal durchgekaut zu werden.

Die Grenznutzenschule kommt ohne die Arbeitswerttheorie von Marx aus, um das Wertparadoxon zu überwinden. Sie konkurriert also mit dem Ansatz von Marx.

Als Grenznutzenschule bezeichnet man mehrere, (…) praktisch zeitgleich erneut aufgekommene Theorierichtungen der Volkswirtschaftslehre, die den Begriff des Nutzens in den Mittelpunkt stellt und auf diesem Wege die Lösung des klassischen Wertparadoxon anstrebt.

Der zentrale Begriff des Grenznutzens ist dabei als der Nutzen der letzten bedarfsdeckenden und verfügbaren Einheit eines Gutes zu verstehen, der Wert eines Gutes wird also durch die subjektive Wertschätzung seiner jeweils letzten Einheit („Grenzeinheit“) bestimmt.
 
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Ich gehe für meinen Fall einfach davon aus, daß eine Verschwörung der Industrie-Personalchefs brutal die IST-Löhne drückt, selbst bei massivem Facharbeitermangel.
Wobei die IST-Löhne noch ein gutes Stück über den Mindestlöhnen liegen.

Verschwörung der Industrie-Personalchefs in Österreich= Industrie-Forum „Arbeit & Personal“
 
Ich will hoffen, dass dieser Ausrutscher die absolute Ausnahme in diesem Thread bleibt. Deine Ausführungen passen nicht zum Thema.

Es ist darüber hinaus kein angemessener Stil, einen ganzen Industriezweig zu verunglimpfen, ohne den Hauch eines Beleges in der Hand zu haben. Du kannst diesen Feldzug meinetwegen in einem anderem Thread führen, sofern die Moderatoren mitspielen. Aber bitte nicht hier.

Schon Dein erster Beitrag weiter oben war ein wenig voreilig in dieser Diskussion, weil wir thematisch nicht einmal in der Nähe dessen waren, was Du geschrieben hat. Jetzt hast Du es noch einmal getoppt.

Ich will jetzt auch keinerlei Rechtfertigung von Dir lesen. Bleibe beim Thema oder halte die Finger still. Wenn das nicht funktionieren sollte, werde ich die Beiträge versenken lassen.

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Ich möchte einen Abschnitt kommentieren, den barista im Marx-Thread (Beitrag Nr. 49) schrieb:
barista schrieb:
Die Grenznutzentheorie konstruiert den Menschen, so wie die Wirtschaft (…) ihn braucht: und zwar als Kunde, der sich ständig nur eins in Kopf hat: wie definiert er ganz persönlich seine Bedürfnisse und wo kann er sie für den günstigsten Preis befriedigen. (…) Das wäre dann der Mensch im Dienst der Wirtschaft.
Diese Aussage halte ich für schlichtweg falsch. Die beiden nachfolgenden Links erklären an einem praktischen Beispiel (Bierkonsum) die Vorgehensweise bei der Messung von Nutzen.

Präferenzen und Nutzenfunktion: http://www.mikrooekonomie.de/hh/g2/hhg2pn.htm
Grenznutzen: http://www.mikrooekonomie.de/hh/g2/hhg2gg.htm

Die Nutzenfunktion wird ganz unspektakulär ermittelt, indem die man einzelnen Messwerte grafisch verbindet. Der Grenznutzen ergibt sich auf mathematischem Wege durch die Ableitung der Funktion, ganz ohne Hokuspokus.

Es ist nicht die Wirtschaft, die sich mithilfe der Grenznutzentheorie einen bestimmten Typus von Kunden schafft, sondern es werden Menschen (= potenzielle Kunden) hinsichtlich ihrer vorhandenen Bedürfnisstruktur untersucht. Diese Menschen haben ihre ersten Bedürfnisse schon im Mutterleib entwickelt, ganz unabhängig von der Wirtschaft. Und es sind genau diese Menschen, die ihre Bedürfnisse formulieren und gewichten.

Der Grenznutzen dient hier lediglich als Instrument für die Messung und Erklärung.

http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/grenznutzen/grenznutzen.htm
 
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Post #16:

Warum sollte eine Verschwörung vorliegen?

Die Gründe liegen auf der Hand: Die Löhne sind für die Firmen einfach Kosten, die zu minimieren gilt. Auch wenn Fachkräftemangel herrscht, warten die die schlitzohrigen Personal-Chefs, bis einer doch das schlechte Angebot annimmt, weil er Schulden hat oder seine Familie durchbringen will. Das macht dem Betrieb so lange kein Abbruch: entweder zieht die Konjunktur so wie so nicht, oder die anderen Arbeiter machen fast freiwillig Überstunden. Sie wissen ohnehin, wie ungemütlich ohne Job ist. Und die nächste Runde von Einstellungen geht noch mal ein Schritt darunter.

Warum sollte so eine einfache Berechnung eine Verschwörung?

(@keshkau: Das ist doch hoffentlich ganz BWL-konform, oder?)

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Wegen des „Wasser-Diamant-Paradoxon“: Der ist so bei Smith und bei Ricardo nicht zu finden. Man sollte vielleicht ein Blick in die Texte werfen, die sind in englischem zugänglich. Was erwähnt wird sind Wasser, Luft und andererseits Gold, um der Unterschied zwischen Gebrauchswert und Tauschwert zu verdeutlichen. Marx hätte sich so eine derart scholastische Frage vielleicht für Spot angenommen. Davon ein Ehrentitel für die Grenznutzenschule zu machen, ist vielleicht ganz passend.
 
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Ich möchte weder die allgemeine noch diese spezielle Diskussion auf Basis eines Verschwörungsvorwurfes führen. Und ich möchte ein so spezielles Thema wie den Arbeitsmarkt nicht unbedingt schon auf der ersten Seite durchkauen, weder betriebswirtschaftlich noch volkswirtschaftlich. Dafür ist es einfach noch zu früh.

Es gibt andere Punkte, die man sinnvollerweise vorziehen kann. Ein Unternehmer, der den Gewinn im Auge hat, schaut auf die Gleichung "Gewinn = Erlöse minus Kosten". Er kann seinen Gewinn dadurch steigern, indem er die Erlöse steigert oder die Kosten senkt (oder beides).

Dabei hängt es bekanntlich von verschiedenen Faktoren ab, an welcher Stellschraube man drehen kann und an welcher nicht (z. B. von der Konkurrenzsituation, vom Informationsniveau der Marktteilnehmer usw.). Wann kann ein Unternehmer den Verkaufspreis seiner Waren frei wählen und wann nicht? Wann bleibt ihm nur die Kostensenkung, wenn er seinen Gewinn steigern will?

Grundsätzlich interessant ist auch die grundsätzliche Entscheidungsfrage: „make or buy“. Produziere ich selbst, was ich brauche, oder kaufe ich es ein? Das gilt auch für den Faktor Arbeit, wenn der Inhaber eines Einzelhandelsgeschäftes sich überlegt, ob er selbst hinter der Ladentheke stehen möchte oder dafür jemanden einstellen will.

Ich finde, wir haben noch Zeit genug, um auf das von Rasemann weiter oben geschildete Problem näher einzugehen.

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Mir war wichtig, auf das Paradoxon aufmerksam zu machen. An welchen konkreten Gütern man es letztendlich festmacht, ist dabei nebensächlich. Unter dem Stichwort "Wasser-Diamant-Paradoxon" ist es jedenfalls zu finden. Das war mir wichtig.

Marx hat einen Versuch unternommen, sich diesem Paradoxon zu nähern. Die Anhänger der Grenznutzentheorie haben das auch getan. So stehen sich zwei unterschiedliche Theorien gegenüber, was nichts über die Qualität oder die Richtigkeit dieser Erklärungsversuche aussagt.

Für diesen Thread ist es meiner Meinung nach wichtig, den Grundgedanken zu verstehen, der sich hinter der Theorie des Grenznutzens verbirgt. Denn viele Überlegungen in der BWL und in der VWL bauen auf diesem theoretischen Konstrukt auf.
 
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Nach der Logik dürfte es keine Lohnsteigerungen außerhalb des gewerkschaftlichen Angebotskartell geben da es die aber doch gibt vor allem in dem verhältnismäßig unreglemetierten Markt für höher Qualifizierte wird ersichtlich das der Arbeitsmarkt eben wie jeder andere markt funktioniert.
 
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