Wenn man sich an den Gnome-Workflow gewöhnt, ist er sehr gut. Anfangs halt ungewohnt, insb. wenn man von Windows kommt. Die anderen Vorteile von Gnome sind dass es sehr stabil ist (da nicht so viele Features) und einer der ersten Desktops war mit gutem Wayland-Support. Dazu noch ist alles elegant (Design und Animationen). Wenn man einfach nur einen soliden Desktop haben will, der modern aussieht und sich anfühlt, und dabei ein bisschen Umgewöhnungszeit nicht scheut, dann lohnt sich Gnome. Der Nachteil sind halt die relativ wenigen Settings by default und dass er auch bei potenziell wichtigen Features wie VRR- oder HDR-Support hinter KDE Plasma hinterherhinkt.
Was bei Gnome auch gerne übersehen wird, oder glaube ich nie als relevantes Feature wahrgenommen wird, ist die Unaufdringlichkeit. Das ist gut für Leute, die längere Zeit konzentriert an etwas arbeiten wollen oder müssen. Da kommen keine großen aufdringlichen Sounds oder Popups oder sonstwas. Der Desktop ist quasi im Hintergrund. Standardmäßig hat man auch nur eine kleine Status-Leiste oben sichtbar (via CSS oder Extensions anpassbar), dadurch wird nur wenig Screen Real Estate verschwendet. Gut für Leute, die gerne Fenster im Fullscreen-Mode offen haben und sonst wenig "Störungen" oder visuellen Clutter haben wollen.
Momentan bin ich mal auf Plasma 6 (Wayland) umgeswitcht, einfach weil ich Lust hatte mal wieder auf was anderes. Vorher lange Zeit Gnome und auf meinem Notebook bleibt auch nach wie vor Gnome drauf, weil rock solid und gewohnt. Plasma gewinnt halt locker bei Features und Configurability. Design ist auch gut, wenn auch nicht mega elegant... ist eher zweckmäßig gehalten. Power User Desktop, ganz klar... Features ohne Ende, alles andere eher sekundär. KDE Plasma ist für Leute, die jedes Detail konfigureren wollen (und das per GUI), und die sich bei Gnome etc. schnell denken "hier fehlen mir irgendwie EInstellungsmöglichkeiten oder Features". Nachteile sind auch wieder die vielen Features (dadurch potenziell mehr Bugs oder Crashes, insb. bei noch neuen Dot-Zero Releases wie 6.0.x) und der "Bloat" (nicht vergleichbar mit Bloat in proprietärer Software, eher so im Sinne von "das Ding bietet einfach so viele Features und ich brauch nur 20% davon"). Wer sich aber seinen Desktop maßgeschneidert konfigurieren will via GUI und dabei vielleicht ein paar holprigere Releases nicht scheut, der ist bei KDE Plasma richtig aufgehoben. Von allen Desktopumgebungen (da schließe ich jetzt mal Windows und vermutlich auch MacOS mit ein) auf jeden Fall der mächtigste und konfigurierbarste Desktop überhaupt. Das ist nicht mal eine Competition - KDE Plasma fegt alles andere weg bei den Aspekten. Bonuspunkt dass es trotzdem für Windows-User out of the box gut bedienbar ist da es standardmäßig ähnlich zu Windows ist. Aber man kann auch jeden anderen Desktop irgendwie emulieren damit, weil es halt so anpassbar ist. Meiner ist zum Beispiel mehr Gnome-like konfiguriert als Windows-like (surprise, I know).
Dann gibt's natürlich noch neben weiteren Desktopumgebungen auch noch selbst zusammengebaute "DEs" bzw. "Non-DEs" wie einzelne Compositors plus diverse Standalone-Tools für Menüs, Notifications, Panels etc. Früher hab ich nur sowas benutzt, noch in der X11-Ära. Da kenne ich viele WMs weil ich viele irgendwann mal ausprobiert hatte. Seit der Wayland-Ära bisher noch keinen solchen benutzt und momentan hab ich auch noch keine Lust drauf, da mal weider reinzuschauen, wobei Hyprland schon irgendwie Bock macht. wlroots-basierte Compositors scheinen ja auch gut zu sein. Bin leider auch kein großer Freund von Tiling, also wenn würde ich sowas entweder nur als Stacking oder im Hybridmodus benutzen. Ich glaube, mein Switch auf Emacs hat auch viel damit zu tun, denn früher hatte ich wesentlich mehr Terminalfenster offen (oder auch nur "Tabs" in screen/tmux) mit diversen CLI/TUI-Tools, das hat sich stark reduziert, aber nicht weil ich stattdessen GUI-Tools nutzen würde, sondern weil die Funktionalität dieser Tools heute fast komplett in meinem Emacs läuft. Dadurch habe ich weniger Fenster insgesamt offen, aber kann mit einem Fenster (Emacs) halt unglaublich viel machen.
Naja, es ist auf jeden Fall immer spannend und für jeden was dabei, egal wofür man sich nun entscheidet. Es lohnt sich auch, immer mal wieder über den Tellerrand hinaus zu schauen, weil alle paar Jahre entdeckt man dann doch mal ein richtig cooles Tool oder man will auch vielleicht einfach mal nur einen Tapetenwechsel haben. Ich bin overall froh drum, dass es so viel Auswahl gibt und jede eigene Stärken und Schwächen mit sich bringt. Wer einen großen initialen Aufwand nicht scheut und eine Art "tool for life" sucht, dem kann ich Emacs empfehlen. Das Tool verändert euer Leben in manchen Bereichen (bei mir waren es Org Mode, Magit und Ledger. Emacs als Editor (mit Vim Keybinds / evil-mode) ist aber natürlich auch krass). Hat wesentlich mehr Auswirkung auf eure Workflows und eure Produktivität als die Wahl eines Desktops.
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Auch wenn ihr anfangs erst mal Produktivität verliert, bis euer Emacs für euch konfiguriert ist.