Zum Glück basiert unsere Rechtsprechung auf einer Verfassung, die vor allem dafür sorgen soll, dass die Regeln für eine funktionierende Gesellschaft nicht nur auf wirtschaftlichen Interessen beruhen.
Wenn man das Urteil rein inhaltlich betrachtet, ohne irgend etwas reinzuinterpretieren, gibt das Gericht AVM deshalb recht, weil durch Woog auf HW deren rechtmäßiger Eigentümer sie sind (das scheint ja nicht strittig zu sein) SW aufspielt, die zwar frei verfügbar aber deren Eigentümer AVM ist und das so modifizierte Produkt gewerbsmäßig verkauft. Ob als neu, refurbished oder gebraucht ist gar nicht relevant. Relevant ist, dass Woog es als Fritz!Box 6490 verkauft, dieses Produkt aber im Vergleich dazu, wie es ursprünglich von AVM in Verkehr gebracht wurde, in einem Maß modifiziert hat, das die Richter als ausreichend ansehen um gegen Artikel 15(2) der Unionsmarkenverodnung zu verstoßen.
Artikel 15 dieser Verordnung besagt konkret:
(1) Eine Unionsmarke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, die Benutzung der Marke für Waren zu untersagen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.
(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.
Auf den konkreten Fall bezogen:
(1) Die Unionsmarke Fritz!Box gewährt ihrem Inhaber AVM nicht das Recht, die Benutzung der Marke für Waren zu untersagen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.
Das heißt: Egal ob AVM sie selbst verkauft oder zum Beispiel Unitymedia erlaubt hat sie in Verkehr zu bringen verbietet WOOG nicht den Weiterverkauf unter gleichem Markennamen.
(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn (WOOG) die bei Inverkehrbringen installierte kundenspezifische Software durch die für Privatkunden frei verfügbare Endkundenversion ersetzt und das kundenspezifische Logo entfernt wird
reicht aus damit sich AVM dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, da der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen
verändert oder verschlechtert ist.
Ohne Spekulationen in alle möglichen Richtungen, halte ich das für richtig und nachvollziehbar.
Ob es umwelt-, verbraucher-, ressourcen-, gebrauchtmarktfreundlich oder -feindlich ist, wird ein Gericht in diesem Zusammenhang höchstwahrscheinlich nicht klären. Darüber lässt sich aber blühend diskutieren. Sieht man ja auch hier.
Am Ende ergeben sich daraus mehrere Lösungen. Der Weg der Berufung ist nur einer. In diesem Fall steht WOOG in der Pflicht auf Basis anderer Verordungen oder Gesetze die Begriffe "reicht aus" und "verändert" zu erschüttern.
Ich persönlich stelle es mir einfacher vor, wenn WOOG sich einen unverfänglichen (Marken)Namen für das Ding ausdenken würde und AVMs Zustimmung einzuholen es unter diesem verkaufen zu dürfen.
Wenn AVM das Gesicht wahren möchte, würden sie wohl zustimmen müssen. Immerhin begründen sie die Verfügung mit Verstoß gegen eine Markenverordnung und nicht mit geschäftsschädigendem Verhalten in anderen Zusammenhängen.