NedFlanders schrieb:
Von den Arbeitsbedingungen bei Amazon Deutschland hast du auch sicherlich noch nie etwas gehört (oder vielleicht doch eher die Augen verschlossen?)
Vorab, die Zeiten ändern sich, der eine Artikel war von 2013, bei dem anderen ging es um UK, ein weitere war ein Fall aus Österreich. Ich rede explizit von Deutschland. Am Anfang von Amazon Deutschland waren die Arbeitsbedingen in Deutschland auch scheiße (ich hab es mir von Kollegen erzählen lassen), das möchte ich auch gar nicht schön reden, ABER es hat sich mit der Zeit viel getan und es ist kein Vergleich mehr zu früher!
Ich habe knapp 4 Jahre Vollzeit bei Amazon gearbeitet um mir mein Studium zu finanzieren. Ich habe als Weihnachtsaushilfe angefangen und habe dann nach 5 Wochen meine Entfristung unterschrieben. Insgesamt sind dabei 79k€ Netto bei mir angekommen. Das für einen Job ohne Ausbildung oder irgendwelchen Qualifikationen. Konnt mich da nicht beschweren. Die Anforderungen an die MA sind (wenn man den Bereich Ship ausklammert, die sollten wirklich mehr verdienen für die körperlich harte Arbeit!) absolut machbar, selbst wenn man pro Stunde 10 minuten da steht und mit anderen Quatscht statt zu arbeiten, schafft man problemlos die Anforderungen, ich sprech da aus eigener Erfahrung.
Zum Thema Leistungsdruck, ja es gibt graphische Auswertungen von deiner Leistung, aber die haben absolut Null Konsequenzen. Da man in Deutschland faule MA nicht auf die Straße setzten kann, auch Amazon nicht. Selbst die nicht, die sich täglich zum Quatschen auf dem Klo verabreden und wenn sie darauf angesprochen werden, direkt zum Betriebsrat rennen und sich aussheulen, dass sie "Überwacht" werden. Und ja, dass gibt es und es ist keine Übertreibung. In anderen Ländern ist es möglich solche Leute rauszuschmeißen und wird auch seitens Amazon gemacht.
Leiharbeiter an meinem Standort, gab es praktisch nicht, selbst die popplige Weihnachtsaushilfe mit einem Tag Kündigungsfrist, hat den Standardarbeitsvertrag unterschrieben, hat die Vergünstigungen (10% MA-Rabatt) bekommen und wurde auch nach Weihnachten nicht rausgeschmissen, sondern bis zum 31.12 bezahlt, obwohl man schon vorher nicht mehr kommen brauchte.
Überstunden waren bis auf die zwei Wochen vor Weihnachten immer freiwillig. Als neue Schichten wie frühe Dauernachtschicht und dauerhafte Nachschicht eingeführt wurden basierte dies auch rein auf freiwilligen Basis.
Viele der Streikenden, streiken nicht weil die Arbeitsbedingungen so hart sind, oder die Bezahlung so schlecht, sondern schlicht um im Jahr mehr Tage frei zu haben. Gern wird auch mal an Brückentagen gestreikt und auf die Streikliste konnte man sich teilweise schon im vorraus eintragen, so dass man noch nicht mal das Haus für 5min verlassen musste.
Wenn du weitere Fragen hast, kannst du dich gerne an mich wenden. Meine Erfahrungen bei Amazon basieren auf die Zeit ab 2015 und wie gesagt in den Anfängen 2006 war es wirklich schlimm dort, es gab auch Leiharbeit, aber es wurde sehr viel getan in der Zwischenzeit!