DrToxic schrieb:
@Chief_Rocker
Inwiefern wird es denn schwierig, nachzuweisen, dass der Fehler von Anfang an vorlag, wenn der Chiphersteller die falschen Specs schon zugegeben hat?
Ich glaube hier bestehen immer noch sehr große Unsicherheiten / Unwissen. Ich versuche es deswegen nochmal zu erklären. (Bitte nagelt mich jetzt nicht auf einzelne Wörter dabei fest. Wer das dann möchte kann sich per PN bei mir melden. Mein Anwalt übersetzt das dann für Euch gerne kostenpflichtig in "juristendeutsch". Auch soll das hier an dieser Stelle in keinerlei Form eine Rechtsberatung sein, sondern ich möchte hier nur wieder geben, wie ich meinen Anwalt verstanden habe.)
Vertragspartner A (Käufer) und B (Händler) schliessen einen Vertrag ab. In diesem verpflichten sich beide Seiten rechtsgültig dazu miteinander abgestimmte Leistungen im Austausch zu erbringen.
A's Leistung ist die Bezahlung an B in Höhe von z.B. 350,00€
B's Leistung ist die Übergabe der Ware (W) mit den Eigenschaften XYZ in den Besitz von A. Hergestellt wurde die Ware von Hersteller NV.
NV hat die Eigenschaften der Ware (W) mit den Eigenschaften von XYZ öffentlich (auf der eigenen Homepage, über die Presse, etc.) beschrieben. Aufgrund dieser "allgemein zugänglichen" Beschreibung wurde die Ware (W) von A zum Vertragsbestandteil zwischen A und B gemacht.
A erfüllt seine vertraglichen Verpflichtungen, woraufhin B die Ware in den Besitz von A überschreibt / übergibt.
Jetzt stellt A fest, dass die Ware nicht die Eigenschaften XYZ besitzt. Die Ware hat weniger als die vertraglich festgelegte "Leistung".
Das heißt erstmal, dass B seiner Seite der Vertragspflicht nicht nachgekommen ist.
(Der Einfachheit halber lasse ich an dieser Stelle Punkte, wie Nachbesserung oder Minderung einfach mal weg.)
A sagt also B hat seinen Vertrag nicht erfüllt und möchte deswegen vom Vertrag zurücktreten.
So gesehen würde jeder Richter in Deutschland sofort sagen: " Hey Leute, ganz klarer Fall. Es wurde von B nicht die zugesagte Leistung erbracht. Also machen wir eine Rückabwicklung des Vertrages. Das heißt, lieber B, Du hast nicht die zugesagte Leistung erbracht. Also musst Du jetzt für alles aufkommen, damit es für A so ist, als habe es diesen Vertragsabschluss nie gegeben- PUNKT. ..."
Aber ganz so einfach ist es nicht. (Zum Glück...) Es muss eine, für A "spürbare" Leistungsminderung sein.
Beispiele:
1. GTX 970 - Die Länge der GraKA wird mit 320 mm beworben. A kauft, B liefert. A stellt fest, dass die GraKa aber nur eine Länge von 319 mm hat und "bemängelt" dies.
An dieser Stelle sagt der Gesetzgeber: "Lieber A, Du hast zwar recht, aber ich kann hier keinen Nachteil für Dich feststellen. Und deshalb erkläre ich die Leistung von B als erbracht...."
(Ist eindeutig nachvollziehbar, oder?!?)
2. GTX 970 - Der Prozessor wird mit einer Taktung von 1200 Mhz beworben. A Kauft, B liefert. A stellt fest, dass die GraKa aber nur 600 MHz Taktung hat. und bemängelt dies.
An dieser Stelle sagt der Gesetzgeber: " Lieber B, Du hast eine Leistung von, u.a. 1200 MHz zugesichert, aber nur eine Leistung von 600 MHz geliefert...." (Auch hier wieder Nachbesserung und Minderung ausgelassen.) "... Du musst die Ware zurücknehmen. Der Vertrag wird rück abgewickelt...."
( Auch nachvollziehbar denke ich?!?)
3. Das gleiche Beispiel, wie das Zweite. Unterschied: B hat gar nichts zu den Eigenschaften gesagt. Aber der Hersteller NV hat die GraKa mit den Eigenschaften "öffentlich" beworben. Hier würde der Gesetzgeber sagen: " Lieber B, Du hast zwar nicht die Ware mit 1200 MHz aktiv beworben, aber Du hast die beworbene Eigenschaft auch nicht deutlich in Frage gestellt. Und weiter konnte A, nach glaubhafter Recherche davon ausgehen das die Ware die Eigenschaften 1200 MHz besitzt. Du musst die Ware zurücknehmen. Der Vertrag wird rück abgewickelt...."
(Soweit auch noch klar, oder ?!?)
4. Wieder die GTX 970: A kauft die GraKa und 2 Tage nach Lieferung stellt A fest, dass die GraKa anstatt der beworbenen 1200 MHz nur 600 MHz leistet. Das stört A. Er bemängelt. B will das aber nicht einsehen. ("Ja, Mensch, die Leistung ist nicht die versprochene, aber das merkt A im Alltag doch gar nicht. Also, was soll's...)
Der Gesetzgeber sagt hier: " Lieber B, A stellt "unmittelbar" nach dem Kauf fest, das mit der Ware etwas nicht stimmt. Die Leistung stimmt nicht mit der zu Erwartenden überein. Wenn Du meinst, dass das "Blödsinn" ist, dann beweise mir dieses. ...)
5. A kauft die GraKa und stellt nach 1 Jahr und 8 Monaten fest, dass die GraKa nur 600 MHz leistet.
Und an eben dieser Stelle fragt der Gestzgeber dann genauer nach: " Lieber A, mir ist schon klar, das die Ware nicht die versprochenen Eigenschaften besitzt. Aber wo ist denn da Dein Nachteil? Du hast die GraKa jetzt seit 1 jahr und 8 Monaten in Besitz. Warum fällt Dir das jetzt erst auf?"
Beispiel 1 und 2 zeigen, so glaube ich, ganz gut den Unterschied zwischen "Sachmagel" und "erheblichen Sachmangel" auf.
Für eine Vertragsrückabwicklung bedarf es einen "erheblichen Sachmangel".
Beispiel 3 zeigt relativ deutlich, wo die Pflichten bei der Produktwerbung / -beschreibung liegen.
Beispiel 4 und 5 beschreiben den Umstand der Beweislastumkehr.
Wenn man diese Verhältnisse im Hinterkopf behält, wird die Art und Weise, wie die Händler, Hersteller und NVIDIA sich verhalten und die Motivation, die dahinter steht eigentlich sehr klar. (Anbei bemerkt, an diesen Stellen unterscheiden sich deutsches, europäisches und anglo-amerikanisches Recht grundsätzlich nicht soooo sehr. Nur die Folgen, die sich daraus ergeben und die Wege, die zu gehen sind, sind unterschiedlich.)
Händler:
Ich halte erstmal die Klappe und lehne ab. Wenn ich jetzt nachgebe wird es auf jeden Fall sehr teuer und ich bekomme Streß mit dem Kartenhersteller. Denn an diesen muss ich die Schei... zurück geben. Ich müsste im schlimmsten Fall jedem Kunden nachweisen, dass er keinen Nachteil durch die "falschen" Specs hat.
Mann, funktioniert nicht so ganz. Ein paar Kunden mucken so richtig auf. Und Anwälte werden an der einen oder anderen Stelle schon eingeschaltet. Dann nehme ich die bemängelten GraKas mal still und leise zurück. Aber immer schön den Ball flach halten. Ich räume keinen Sachmangel ein, aber gestehe die Rücknahme auf Kulanzbasis. Dann kann auch kein Kunde mehr klagen. (Ein bestimmter Händler, z.B. ruft die Kunden an und unterdrückt dabei sogar seine Tel- Nummer. Zugeständnisse via EMail werden auch vermieden....)
Und in spätestens 6 Monaten bin ich ja aus dem Schneider. Denn dann mus der Kunde ja das Risiko eingehen und mir beweisen, dass er spürbare Nachteile hat. Dann werden die Beschwerden bestimmt weniger....
Hersteller:
Deren Verhalten kann man eigentlich fast 1:1 vom Händler übernehmen.
NVIDIA:
O.K. Jetzt sind sie uns drauf gekommen. Richtig blöd wäre ja, wenn man uns bewusste Fehl- Information unterstellen könnte. Also reden wir über ein Missverständis zwischen zweier Abteilungen.
Bleibt aber noch die dumme Geschichte mit dem "ERHEBLICHEN" Sachmangel. O.K., gut die Angaben stimmen zwar nicht so ganz, aber die Karte funktioniert genauso, wie sie soll. Die Leistungseinbußen bewegen sich, wenn überhaupt im irrelevanten Bereich von +- 3%. Also nicht erheblich...
Als ich angefangen habe mich mit der Thematik zu beschäftigen war ich noch sehr unsicher. Ist es nun recht oder unrecht und wenn es unrecht ist, kann ich dann überhaupt recht bekommen?
Inzwischen, nach viel Lesen, Nachdenken und Einholen von anwaltlichem Rat bin ich mir sicher, dass ein erhablicher Sachmagel vorliegt. Den technischen Sachmangel kann ich beweisen (durch das Statement von NVIDIA). Den erheblichen Sachmagel müsste mein Händler widerlegen, da ich mich noch innerhalb der ersten 6 Monate nach Vertragsabschluss befinde.
So, jetzt seid ihr wieder dran....
P.S: Und ich habe an solchen Dingen keinen Spass. Lieber würde ich mit meiner GTX 970 das tun, warum ich die GraKa gekauft hatte. Nämlich zocken. Aber satt dessen ist die jetzt bei meinem Händler, ich muss warten und in der Zwischenzeit darf ich mit meiner iGPU von Intel Spiele wie BF1942 und Age of Empires II zocken. Großartig....