Schrammler
Commander
- Registriert
- Nov. 2009
- Beiträge
- 2.651
DerOlf schrieb:Wenn ich in meinen Jahren in Deutschland etwas gelernt habe, dann ist das NICHT aufs Ausland zu schauen, wenn es um Protestkultur geht ... die Deutschen haben sich das in mehreren totalitären Regimen gründlich abgewöhnen lassen (Preussen-dominiertes Kaiserreich mit Militarismus als Kennzeichen der "bürgerlichen Mitte", Drittes Reich und DDR haben dann ihr übriges getan) ... das politische Leben findet in Deutschland einfach nicht auf der Strasse statt, denn zu viele sind daran gewöhnt, dass es schlimme Folgen haben kann, die "falsche" Meinung öffentlich zu äußern.
Protestkultur wurde in Deutschland immer von oben unterdrückt, gelernt haben wir sie aber auch nie so wirklich. Erst kam Napoleon mit dem Brecheisen, anschließend scheiterte kläglich 1848/1849 und danach.. nunja. Dieses Defizit in unserem Demokratieverständnis wird natürlich schamlos ausgenutzt. Einem Franzosen kannst du nichts vormachen, der fühlt sich als Bürger und der ist genauso wichtig wie "die da oben" und schon gar nicht unwichtiger, wie irgend ein Schnösel mit Adelstitel oder zuviel Geld auf dem Konto.
In Deutschland wird gebuckelt- diese unkritische Haltung gegenüber der Führung hat uns in zwei Weltkriege geführt. Verschwunden ist die noch immer nicht, trotz 69 Jahren parlamentarischer Demokratie in Westdeutschland.
Apropos Führung, da die Regierung nur im Interesse der Oberschicht handelt, verwundert mich dann doch die Rolle der Parteibasis. Die gehört weder bei der SPD und bestimmt auch nicht vollständig bei der Union zu den oberen 10%. Außerdem bilden die jene Verbindung zwischen Mittelschicht, evtl. sogar Unterschicht, zur Parteiführung/Regierung. Ist am Ende die gelebte Ignoranz gegenüber der Basis, die man in der SPD immer wieder erleben darf (Kanzlerkandidatbestimmung im kleinsten Zirkel, Parteichefbestimmung von oben herab), die auch in der Union zu finden ist, nur ein Symptom des Demokratiedilemmas? Man lässt sich nicht ins Handwerk pfuschen und will schon gar nicht, dass im Interesse der Mehrheit das Land regiert wird?
Das Kontrollorgan der Demokratie, die Leitmedien, fallen diesbezüglich inzwischen recht häufig aus. Das kann man jüngst daran sehen wie bemüht man doch ist, die Armutsdiskussion möglichst schnell abklingen zu lassen, nicht ohne sie zuvor mit einer falsch interpretierten Studie und "Vorzeigehartzlern", auf die der berentete oder schlecht verdienende Pöbel wohl richtig neidisch werden soll, beantwortet zu haben.
Zuletzt bearbeitet: